Rückschau: DW-Teilnahme an Konferenz DIVERSITY in Berlin | dw.com/diversity | DW | 14.11.2023
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Diversity

Rückschau: DW-Teilnahme an Konferenz DIVERSITY in Berlin

Die Deutsche Welle beteiligte sich am 7. und 8. November 2023 an der größten deutschen Konferenz für Vielfalt in der Arbeitswelt.

Diversity Konferenz 2023

DW Moderator Dr. Erkan Arikan während einer Paneldiskussion im Rahmen der Diversity Konferenz 2023

Unter dem Motto „Mission Diversity – Das brauchen wir jetzt!“ trafen sich Akteur*innen aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.

Die Förderung von Vielfalt rückt immer mehr in den gesamt-gesellschaftlichen Fokus. “Wir alle profitieren von Diversität. Wir, das bedeutet alle, die hier leben, die sich dazugehörig fühlen." Aber: “Rassismus zerstört unseren Zusammenhalt”, sagte Staatsministerin Reem Alabali-Radovan, Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration gleich zu Beginn der Diversity Konferenz 2023. Der Ton war also gesetzt.  

Antisemitische Parolen auf deutschen Straßen und gleichzeitig viel zu wenige Solidaritätsbekundungen mit Israel beklagte Dr. Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland. Dennoch: "Es ist nicht das Jahr 1938. DAs Gift des Antisemitismus existiert zwar noch immer, aber es zeigt sich gerade jetzt besonders stark. Aber im Jahr 2023 leben wir in einer gefestigten Demokratie mit einem Rechtsstaat, der sich schützt und verteidigt." 

 

Vielfalt als Lösungsansatz für ein besseres Zusammenleben 

Jetzt erst recht für gesellschaftlichen Zusammenhalt einzutreten, das merkte man allen Beteiligten mit ihren engagierten Statements deutlich an. Diversity ist DAS Zukunftsthema Deutschlands. Weil Millionen Babyboomer in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen, wird sich der Arbeitskräftemangel noch einmal deutlich verschärfen. Dr. Erkan Arikan, Leiter der Türkisch-Redaktion und Mitglied der Chefredaktion der Deutschen Welle, moderierte ein Panel, das sich mit Lösungsansätzen für dieses Problem auseinandersetzte. Und es ging gleich ans Eingemachte. Wie steht es angesichts steigender rechtspopulistischer Tendenzen international um den Ruf von Deutschland? Ist die deutsche Wirtschaft attraktiv genug für Fachkräfte aus dem Ausland? Und: Welche Voraussetzungen müssen geschaffen werden, damit viele verschiedene Menschen besser und effektiver zusammenarbeiten können? 

Hier muss natürlich auch an die 22 Millionen Menschen mit Migrations-Biographie gedacht werden, die bereits jetzt in Deutschland leben. Diese sind in vielen Bereichen der Arbeitswelt deutlich unterrepräsentiert, wie Lisa Paus, die Bundesministerin für Familie, Frauen, Senioren und Jugend, selbstkritisch einräumte. Im Öffentlichen Dienst, zum Beispiel, liegt die Beschäftigungsquote von Menschen mit Einwanderungs-Erfahrung bei nur 12 Prozent, so die Ministerin. 

Damit war die Konferenz wieder bei weiteren Diversity-Kernthemen angekommen: Für Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit in der Arbeitswelt wird ein ganzheitlicher Ansatz von Vielfalt verfolgt, der alle Dimensionen berücksichtigt. Als langjährige Kooperationspartnerin spielt die DW in der inhaltlichen Mitgestaltung der größten Diversity Konferenz Deutschlands eine tragende Rolle. Konstruktive Impulse bekamen die Teilnehmenden durch kurze Einspiel-Filme, die die Deutsche Welle auch dieses Jahr wieder zur Verfügung stellte. Die Vielfalt dieser Beiträge und der umfassende globale Blick auf Diversität unterstrichen die Stärken und die Notwendigkeit der Deutschen Welle als verantwortungsbewusstes Medium der objektiven Meinungsbildung. 

 

Diversity Konferenz 2023

DW-Wirtschaftsjournalist Mathis Richtmann moderiert das Panel “Diversität kann nicht gefördert werden ohne Anti-Diskriminierungsmaßnahmen”

Konferenz bietet Austausch durch Praxisbeispiele und Workshops 

Der Schwerpunkt der Veranstaltung beleuchtete den aktuellen Zustand der Organisationskultur in Unternehmen und Institutionen. Diversity Management Abteilungen haben sich mittlerweile in vielen Firmen etabliert. Aber wie sieht es in der Praxis aus? In fast allen Panels und Workshops wurde vor allem das Thema “Glaubwürdigkeit” als wichtigster Maßstab eines guten Diversity Managements genannt. Laut Bettina Lutz, mitverantwortlich für den Bereich Diversity beim Pharmaunternehmen Pfizer, braucht es vor allem ein echtes Bekenntnis und eine vorgelebte Kultur von Seiten der Unternehmensführung, sowie ein ständiger Austausch und eine enge Kommunikation mit den Mitarbeitenden, um den erwünschten Wandel voranzubringen. Rene Schaar, Gleichstellungsbeauftragter beim NDR und bekannt geworden als “Erfinder” der rollstuhlfahrenden Puppe Elin in der Sesamstraße, brachte gelebtes Diversity Management erfrischend unakademisch auf den Punkt: “Nicht verstecken, nicht verstellen, keine Angst mehr haben vor der Normativität. Offenheit, Transparenz, Ehrlichkeit. Nobody is perfect!” 

Bei allem Idealismus sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen für den Schutz von Arbeitnehmer*innen aber noch reichlich schwammig, findet zumindest Ferda Ataman, die unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung. “Anti-Diskriminierungsstellen sollen laut dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz (AGG) eingerichtet werden, aber es passiert nichts, wenn sie nicht eingerichtet werden”. Denn, so Ataman, auf einem Panel, das vom DW-Wirtschaftsjournalisten Mathis Richtmann moderiert wurde: “Diversität kann nicht gefördert werden ohne Anti-Diskriminierungsmaßnahmen”. Atamans Forderung nach einer Reform des Gesetzes von 2006 wird zur Zeit von der Politik noch kontrovers diskutiert. Dennoch: Auch ohne gesetzliche Vorschrift gilt der sensible und verantwortungsvolle Umgang mit Diskriminierungserfahrungen bei der Arbeit als einer der entscheidenden Prüfsteine für eine Unternehmenskultur, die Diversity ernst nimmt. Tradierte Vorstellungen müssen hinterfragt, andere und neue Perspektiven respektiert werden. Ein anstrengender, aber notwendiger Prozess für alle.  

Kern des zweiten Tages bildeten Online-Workshops, die sich unter anderem mit Sexismus am Arbeitsplatz, Neuroinclusion und Altersdiversität beschäftigten. Dazu gab es eine Fülle von konkreten Handlungsempfehlungen für die strategische und operative Umsetzung von Diversity-Maßnahmen an der Basis. Wie man Auszubildende für D&I sensibilisiert und begeistert und so auch zusammen mit der Gen Z den Kulturwandel vorantreibt, präsentierte zum Beispiel MAN Truck and Bus SE mit einen Best Practice Nugget. 

 

Diversity nicht nur digitales Kulturthema, sondern wirtschaftlicher Faktor 

Eine konstruktive Zukunftsvision stellte Mina Saidze, deutsch-afghanische Data & AI Leaderin, vor. Sie setzt sich mit Inclusive Tech für eine gerechtere Gesellschaft mit Hilfe von künstlicher Intelligenz (KI) ein und fordert von Organisationen einen evidenzbasierten Kulturwandel hinsichtlich (DE&I). Die Politik soll mit einer digitale Bildungsreform auf den neuen Trend reagieren, für einen besseren Umgang mit KI, denn, so Saidze "Deutschland braucht Ausreißer*innen aus dem Datensatz, Deutschland braucht Vielfalt" und hier könne KI eine sehr nützliche Hilfe sein.  

Individualität berücksichtigen und gleichzeitig geschäftlich erfolgreich sein – das sind die notwendigen Herausforderungen der Zukunft. Die renommierte Verhaltens-Ökonomin Prof. Ulrike Malmendier betonte, dass Diversity nicht nur ein ethischer Wert sei, sondern sich auch aus wirtschaftlicher Sicht als äußerst lohnenswert erweist.  

Dazu noch einmal Bundesministerin Lisa Paus: “Diversität ist immer eine Zumutung, aber auch eine Kraftquelle für die Zukunft.”