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LiteraturDeutschland

100-Euro-Münze erinnert an Goethes Faust

7. Oktober 2023

Goethes Faust ist Weltliteratur. Nun erinnert eine Sondermünze an sein Meisterwerk, das auch heute noch brandaktuell ist.

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100-Euro-Sammlermünze "Faust"
Die Faust-Münze bildet den Auftakt der achtteiligen Serie "Meisterwerke der deutschen Literatur"Bild: BVA

"Dass ich erkenne, was die Welt // Im Innersten zusammenhält." Unzählige Schülerinnen und Schüler deutscher Gymnasien kennen diesen Leitsatz, mit denen der Gelehrte namens Faust im gleichnamigen Drama von Johann Wolfgang von Goethe durch die Welt irrt, um seine Erkenntnisse zu mehren, und dabei nicht vor einem Pakt mit dem Teufel, Mephisto, zurückschreckt.

Allerdings nimmt das Wissen um Goethes zweiteilige Tragödie seit einigen Jahren deutlich ab. Ein Bundesland nach dem anderen entfernt den "Faust" als Pflichtlektüre aus seinen Lehrplänen. Nun grüßt er nochmal aus der Gruft - und zwar in Gold.

Bundesfinanzministerium gibt "Faust"-Goldmünze heraus

Das Bundesfinanzministerium bringt eine 100-Euro-Sammlermünze heraus, um an dieses bedeutende und komplexe Drama über einen modernen Menschen - hin- und hergerissen zwischen Kirche, Tradition, Eitelkeit, Wissenschaft, Begierde - zu erinnern. Die vom Redenbacher Künstler Michael Otto gestaltete Münze ist die erste der achtteiligen Serie "Meisterwerke der Weltliteratur", die berühmten Büchern der deutschsprachigen Literatur gewidmet ist. Von 2023 bis 2030 wird jedes Jahr eine neue Münze mit einem literarischen Thema erscheinen.

Radierung mit Porträt von Johann Wolfgang von Goethe
Die Goethe gewidmete Goldmünze ist die erste der Reihe "Meisterwerke der Weltliteratur" Bild: Artokoloro/IMAGO

Auf "Faust" folgen "Der zerbrochene Krug" von Heinrich von Kleist, "Memoiren eines Taugenichts" von Joseph von Eichendorff, "Die Judenbuche" von Annette von Droste-Hülshoff, "Dieses Buch gehört dem König" von Bettina von Arnim, "Buddenbrooks" von Thomas Mann, "Ein alter Tibetteppich" von Else Lasker-Schüler und "Der Prozess" von Franz Kafka.

"Faust" war Goethes bekanntestes Werk

Der Dichter, Dramatiker, Romancier, Philosoph und Staatsmann Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) ist einer der berühmtesten Köpfe der deutschen Literatur. Seine Werke, allen voran sein philosophisches Drama "Faust", haben ihn weltberühmt gemacht. Es ist ein Zweiteiler voller Anspielungen auf Religion, Wissenschaft und Politik. 

Goethe überarbeitete den Stoff 60 Jahre lang. Zwischen 1772 und 1775 hatte der Autor bereits eine frühere Fassung des Werks entwickelt. Auch der "Urfaust" war lange Jahre Gegenstand von Deutsch-Leistungskursen der Gymnasien. Das Manuskript dieser Fassung ging zwar verloren, aber eine Abschrift wurde mehr als ein Jahrhundert später aufgefunden.

Buchcover von "Faust - eine Tragödie"
"Faust - eine Tragödie" heißt der erste TeilBild: Heritage Images/picture alliance

Eine erste gedruckte Fassung erschien 1790 unter dem Titel "Faust, ein Fragment". Im Laufe der Jahre überarbeitete Goethe immer wieder das, was heute als "Faust eins" bekannt ist. Die letzte von Goethe selbst herausgegebene Fassung erschien 1828/29. Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte Goethe mit der Arbeit am zweiten Teil seines Hauptwerks: "Faust, der Tragödie zweiter Teil". Diese Fortsetzung wurde posthum erst 1832, kurz nach seinem Tod, veröffentlicht. So, wie es sein letzter Wille war.

Ein Alchemist wird zum Mythos

Hauptfigur in Goethes Werk ist Doktor Faust, ein Gelehrter, der nach einem gescheiterten Selbstmordversuch seine Seele an Mephisto, den Teufel, verkauft, um außergewöhnliche Erkenntnisse zu gewinnen. Fausts unerbittliches Streben nach Wissen führt ihn auch zu einer Liebesbeziehung mit Margarete, kurz Gretchen.

Das Stück ist inspiriert von der Geschichte der realen Person Johann Georg Faust: Der deutsche Renaissance-Alchemist, Astrologe und Magier wurde von der Kirche als Gotteslästerer denunziert, weil er angeblich einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hatte.

Eine Illustration zeigt Mephisto  und Faust
Eine Illustration aus der Faust-Fassung von 1874 Bild: Yulan/IMAGO

Wenige Jahrzehnte nach seinem Tod um 1541 erschienen zwei Werke, die sein Leben aufgriffen: Johann Spies' "Historia von D. Johann Fausten" ging 1587 in Druck, Christopher Marlowes "The Tragical History of Doctor Faustus" erschien zwei Jahre später auf Englisch. 

"Faust" - ein visionäres Werk

Goethes "Faust" thematisiert die Ideale der Aufklärung im 18. Jahrhundert, einer philosophischen und intellektuellen Bewegung, die moderne Ideen wie den Glauben an den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt propagierte. Regelmäßig wird das Stück auf Theaterbühnen der Welt aufgeführt. 

Szene aus Faust mit drei Schauspielern
Mephisto zieht die Fäden Bild: Maurizio Gambarini/dpa/picture alliance

Aber ist es heutzutage wirklich noch wichtig, das Werk zu lesen? Ja, findet der Literatur- und Kulturhistoriker Paul Kahl"Indem es sich in die Formen, Stoffe und Erzählungen einer bestimmten Epoche einfügt, verhandelt es die großen Fragen der menschlichen Existenz, die immer gleich bleiben, auch wenn sich die Rahmenbedingungen ändern. Im 'Faust' zum Beispiel lautet die Frage: Was können wir wissen? Was ist die Grenze unseres Wissens?", erklärt er gegenüber der Deutschen Welle. 

Auch für Goethe-Experte und Germanist Michael Jaeger handelt es sich um ein zeitloses philosophischen Drama. In seiner Publikation "Goethes Faust. The Drama of Modernity" beschreibt er ausführlich die Parallelen zwischen Fausts Welt und der Welt von heute - und gibt gleich ein Beispiel. ""In Faust II gibt es die berühmte Papiergeld-Szene, in der die Goldmünzen abgeschafft werden." Mephisto habe mit dem Papiergeld den Konsum ankurbeln wollen, so der Germanist, "was in einer großen Inflation endet. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Aber wie man sieht, ist Goethes 'Faust' voller aktueller Bezüge."

Bei der Lektüre von Goethes Meisterwerk kann man also auch im 21. Jahrhundert noch viel lernen - Lektionen fürs Leben, die man mit der neuen 100 Euro-Goldmünze mit Fausts und Mephistos' Konterfei wohl nicht bezahlen kann...

Autorin Sabine Oelze
Sabine Oelze Redakteurin und Autorin in der Kulturredaktion