1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikEuropa

Acht Jahre Haft für Ex-Minister in Österreich

4. Dezember 2020

Der Schmiergeldfall Grasser hat Österreich erschüttert. Und allein für die juristische Aufarbeitung brauchte es achtjährige Ermittlungen sowie einen dreijährigen Prozess mit 167 Verhandlungstagen und 150 Zeugen.

https://p.dw.com/p/3mEJQ
Österreich Prozess Karl Heinz Grasser
Bild: Roland Schlager/APA/picturedesk/picture alliance

Karl-Heinz Grasser gilt als erstes Regierungsmitglied der österreichischen Republik, das während seiner Amtszeit korrupt war. Der ehemalige Zögling des Rechtspopulisten Jörg Haider war von 2000 bis 2007 Finanzminister in Wien und verantwortete eine konsequente Privatisierung von Staatseigentum. Dabei soll er, davon waren Opposition und einige österreichische Medien schon lange überzeugt, sich auch persönlich bereichert haben.

Nach einem spektakulären und auch spektakulär langen Ermittlungs- und Gerichtsverfahren steht nun fest: Grasser soll wegen Untreue für acht Jahre in Haft.

Der heute 51-Jährige hat nach Überzeugung des Wiener Landgerichts beim Verkauf von 60.000 Bundeswohnungen im Jahr 2004 einem privaten Investor das höchste bislang vorliegende Gebot zugänglich gemacht. So konnte der Investor den letzten verbliebenen Mitbieter leicht ausstechen, indem er sein Gebot nur um eine Million Euro höher platzierte - was allerdings sofort verdächtig wirkte.

"Verbrechen von unglaublicher Tragweite"

Im Gegenzug für den Hinweis sollen rund 9,6 Millionen Euro - ein Prozent des Kaufpreises von 961 Millionen Euro - in die Taschen der insgesamt 14 Angeklagten geflossen sein, wie es in der Anklage hieß. Grasser erhielt demnach mehr als 800.000 Euro.

In den Schlussplädoyers hatte der Staatsanwalt von einem "Verbrechen von unglaublicher Tragweite" gesprochen. Der Ex-Politiker habe gemeinsam mit seinen Freunden in die eigene Tasche gewirtschaftet. Er habe mitkassiert "zu unser aller Nachteil, zum Nachteil der Steuerzahler". Die Vertreterin der Republik forderte von den insgesamt 15 Angeklagten fast zehn Millionen Euro als Schadenersatz. Dabei kann der Schaden noch ganz andere Dimensionen erreichen. Der damals unterlegene Bieter sieht sich durch das Urteil bestätigt und hat schon längst eine Milliardenklage auf Schadenersatz eingereicht.

Grassers Verteidiger hatte einen Freispruch für seinen Mandanten gefordert. Die Befragung von rund 150 Zeugen habe keine Beweise für kriminelle Handlungen Grassers gebracht, sagte er am letzten Verhandlungstag im Oktober. Folglich kritisierte er den Richterspruch als "glattes Fehlurteil" und kündigte Berufung an. 

rb/uh (dpa, ARD)