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Architekt Meinhard von Gerkan ist tot

1. Dezember 2022

Er entwarf den Berliner Hauptbahnhof oder die Berliner Flughäfen BER und Tegel. Jetzt ist Meinhard von Gerkan, einer der prominentesten deutschen Architekten, im Alter von 87 Jahren gestorben.

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Schwarz-weiß-Porträt von Meinhard von Gerkan, der den Blick in die Ferne schweifen lässt.
In Deutschland ist der Name Meinhard von Gerkan eng mit dem Flughafendebakel BER in Berlin verbundenBild: Maja Hitij/dpa/picture alliance

Meinhard von Gerkan starb bereits am Mittwoch im Kreis seiner Familie, teilte das von ihm gegründete Hamburger Architekturbüro Gerkan, Marg und Partner (GMP) jetzt mit. "Wir halten inne im Gedenken an unseren Gründungspartner. Wir trauern mit seiner Familie, in deren Kreis er gestern verstorben ist", heißt es auf der Website des Unternehmens.

Flughafen Tegel: der erste große Entwurf

Zahlreiche bekannte Funktionsbauwerke in Deutschland, etwa der Berliner Hauptbahnhof und die Berliner Flughäfen BER und Tegel, wurden im von von Gerkan geleiteten Architekturbüro GMP entworfen, aber auch international war es bei vielen Projekten im Einsatz. Dazu zählen Dutzende Museen, Messehallen, Konzerthäuser und Stadien, darunter das Nationalmuseum in Peking, Fußball-Stadien in Südafrika und Brasilien und die Planstadt Lingang New City nahe Shanghai.

Blick auf das Gebäude des Flughafen Tegel in Berlin.
Der Flughafen Tegel (TXL) in BerlinBild: Gönna Ketels/DW

Noch im Gründungsjahr seines Unternehmens (1965) gewannen von Gerkan (gerade erst 30 geworden) und sein Partner Volkwin Marg mit ihrem Entwurf den internationalen Wettbewerb für den Flughafen Tegel, der bei vielen bis heute Kultstatus als "Flughafen der kurzen Wege" genießt. Weniger erfolgreich verlief das Projekt BER, der "neue" Flughafen Berlin Brandenburg, dessen Eröffnung von Pleiten, Pech und Pannen begleitet wurde. Die Bestandsaufnahme nach der abgesagten Eröffnung im Juni 2012 ergab rund 120.000 Mängel. Darunter so schwerwiegende wie eine nicht funktionierende Brandschutzanlage, tausende Automatiktüren ohne Stromanschluss und durchhängende Parkhausdecken. 170.000 Kilometer Kabel waren offenbar wahllos und in verbotenen Kombinationen in zu enge Schächte gestopft worden.

Später kam es zu einem Prozess um den Berliner Hauptbahnhof. Schon die Eröffnungsfeier hatte von Gerkan boykottiert, weil der damalige Bahnchef Hartmut Mehdorn eigenmächtig das Gleisüberdach verkürzt hatte und zudem im Untergeschoss die geplante filigrane Gewölbedecke strich - zugunsten einer simplen Flachkonstruktion. Im Prozess kamen von Gerkan die Tränen, er gewann in erster Instanz, später gab es einen Vergleich. Mit seiner Klage gegen die "mutwillige, nicht abgestimmte Verschandelung" schuf Gerkan 2006 einen spektakulären Präzedenzfall des Architekten-Urheberrechts.

"Architekt aus Leidenschaft"

Tegel-Architekten sagen Adieu

Von Gerkan kam am 3. Januar 1935 im lettischen Riga zu Welt und verlor im Zweiten Weltkrieg seine Eltern. Nach seiner Flucht nach Westdeutschland wuchs er in Pflegefamilien auf, darunter eine Hamburger Pfarrerfamilie. Er wechselte mehrmals die Schule und machte schließlich 1955 sein Abitur an einem Abendgymnasium. In Hamburg studierte er zunächst Jura und Physik, zog dann aber für ein Architekturstudium nach Berlin. Hier lernte von Gerkan auch seinen späteren Partner Volkwin Marg kennen, mit dem er später das Architekturbüro GMP gründete. Es folgte eine beispiellose Erfolgsgeschichte. Weltweit zählt das Büro mehr als 400 Beschäftigte, es entwarf Hunderte von Gebäuden und gewann unzählige Preise. "Ich wurde Architekt aus Leidenschaft und bin es seitdem immer geblieben", schrieb Gerkan in seinem 2013 veröffentlichten Buch "Black Box BER". Sein Freund und Mitstreiter Marg würdigte den Verstorbenen mit den Worten: "Ich bin stolz darauf, was Meinhard und ich gemeinsam mit unseren Partnern und Mitarbeitenden in mehr als einem halben Jahrhundert geschaffen haben. Auf unsere Bauten, die in Deutschland und weltweit anerkannt und gewürdigt werden." Zusammen hätten sie stets für gute Architektur gekämpft, sehr oft gewonnen und manchmal auch verloren. "Meinhards unternehmerischer Mut und weitsichtiger Blick nach vorn stellten die Weichen für die Zukunft unseres Büros."

pr/suc/bb (afp, dpa)