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KonflikteUkraine

Baerbock fordert abermals "Winterschutzschirm" für Ukraine

29. November 2023

Außenministerin Annalena Baerbock hat vor nachlassender Aufmerksamkeit für den Ukraine-Krieg gewarnt. Vor dem Treffen der NATO-Außenminister warb sie für weitere internationale Anstrengungen für einen Winterschutzschirm.

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Belgien | NATO Ukraine Treffen
Außenministerin Annalena Baerbock im Gespräch mit dem ukrainischen Kollegen Dmytro Kuleba und NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg im BrüsselBild: Virginia Mayo/AP Photo/picture alliance

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat an die internationale Staatengemeinschaft appelliert, der Ukraine mit Blick auf den nahenden Winter fest unter die Arme zu greifen. Russland bombardiere wie auch vor einem Jahr gezielt die Infrastruktur in der Ukraine, um die Versorgung der Menschen mit Strom und warmem Wasser abzuschneiden, sagte Baerbock vor Beratungen der NATO-Außenministerinnen und Außenminister in Brüssel.

Wer im Winter bei Minustemperaturen die Stromversorgung und Verteilnetze angreife, der setze darauf, dass der Strom für die Wasserversorgung und für die Wärmeversorgung nicht mehr zur Verfügung stehe, betonte Baerbock. Deswegen müsse man nun genau hinschauen und einen Winterschutzschirm spannen. Dafür habe Deutschland bereits Generatoren und Patriot-Flugabwehrsysteme zur Verfügung gestellt. 

Baerbock will mehr Beachtung für Ukraine

"Ich rufe erneut weltweit dazu auf, alles dafür zu tun, gemeinsam für die Ukraine diesen Winterschutzschirm zu spannen", sagte die Grünen-Politikerin. Zugleich gab die Ministerin zu bedenken: "Der Blick auf die Ukraine verschwindet gerade aus der Öffentlichkeit - das ist fatal." Baerbock fügte hinzu: "Die Angriffe aus Russland auf die zivile Infrastruktur sind so hart wie nie."

Ukraine steht vor einem zweiten schwierigen Winter

Die Beratungen am Mittwoch in Brüssel wurden erstmals auf Ebene der Außenminister im Format des neuen NATO-Ukraine-Rats organisiert. Das Gremium soll eine engere Zusammenarbeit ermöglichen, bis die Voraussetzungen für eine Aufnahme der Ukraine in die Allianz erfüllt sind. Der NATO-Ukraine-Rat hatte zum ersten Mal im Juli beim Gipfel des Verteidigungsbündnisses in Litauen auf Ebene der Staats- und Regierungschefs getagt. Zudem gab es bislang ein Treffen auf Ebene der Verteidigungsminister und mehrere auf Ebene der NATO-Botschafter.

Mit dem NATO-Ukraine-Rat wolle man das Land nun auf dem Weg in das Verteidigungsbündnis begleiten und zugleich "einen echten Arbeitsmotor für die Sicherheit der Ukraine" schaffen, betonte Baerbock. Konkret bedeute dies auch, notwendige Reformen der ukrainischen Streitkräfte und Standardanpassungen gemeinsam anzugehen. Deutschland stelle dafür weitere 11,5 Millionen Euro für einen entsprechenden Fördertopf der Allianz bereit.

NATO Gipfel in Brüssel/ Hakan Fidan
Gut besucht: das NATO-Treffen in Brüssel Bild: DHA

Stoltenberg konstatiert enorme russische Verluste

Nach Einschätzung der NATO hat die Zahl der getöteten oder verwundeten russischen Soldaten im Ukraine-Krieg die Marke von 300.000 überschritten. "Militärisch hat Russland einen erheblichen Teil seiner konventionellen Streitkräfte verloren", sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg nach dem Bündnistreffen. Dazu gehörten auch Hunderte Flugzeuge und Tausende Panzer.

Zugleich warnte Stoltenberg davor, große Hoffnungen darauf zu setzen, dass die Verluste zu einem schnellen Ende des Kriegs in der Ukraine führen. Der russische Präsident Wladimir Putin habe eine hohe Toleranzschwelle, was die Opfer angehe, sagte der Norweger. Die russischen Ziele in der Ukraine hätten sich nicht geändert. Wie viele der russischen Opfer Tote sind, sagte Stoltenberg nicht. Auch zu Verlusten auf ukrainischer Seite gab es keine Angaben.

Stoltenberg betonte stattdessen die Erfolge des Landes im Abwehrkampf gegen die Invasoren. Die Ukraine habe im Vorjahr die Schlachten um Kiew, Charkiw und Cherson gewonnen und füge Russland auch in diesem Jahr schwere Verluste zu, sagte er. Mittlerweile habe das Land 50 Prozent des ursprünglich von Russland besetzten Territoriums zurückerobert.

Kuleba will mehr Munition

Bei dem Treffen in Brüssel forderte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba eine größere Abstimmung der Rüstungsindustrien seines Landes mit denen der Allianz. Die Verbündeten sollten ihre Rüstungsproduktion hochfahren, um der Ukraine Munition und andere Waffen liefern zu können. Sein Land werde gegen Russland nicht klein beigeben, betonte Kuleba. Von zunächst zugesagten eine Million Artilleriegranaten habe die Europäische Union der Ukraine bislang nur rund 300.000 geliefert, beklagte Kuleba.

Auch der NATO-Generalsekretär rief die Verbündeten zu weiterer Militärhilfe auf. Es gebe bereits erste konkrete Zusagen, wie die Verdopplung der deutschen Ukraine-Militärhilfe auf acht Milliarden Euro. "Wir brauchen mehr davon", betonte Stoltenberg. "Das aktuelle Level des westlichen Supports reicht leider nicht aus", sagte auch die finnische Außenministerin Elina Valtonen. "Die Ukraine braucht dringend Munition und Waffenlieferungen."

Ukraine macht etliche Drohnen unschädlich

Die ukrainische Luftwaffe hat nach eigenen Angaben die meisten der nächtlichen russischen Angriffe mit 21 Drohnen und drei Marschflugkörpern abgewehrt. Die Drohnen des iranischen Typs Schahed seien in die Region Chmelnitskyj geflogen, die Marschflugkörper hätten Ziele im Süden der Ukraine anvisiert, teilt die Luftwaffe auf Telegram mit. Nur ein Marschflugkörper sei nicht abgeschossen worden, aber der habe sein Ziel verfehlt.

Ukraine Front Kämpfe
Ukrainische Artillerie feuert in der Region Donezk Raketen abBild: Ozge Elif Kizil/AA/picture alliance

Widrige Wetterbedingungen behindern nach ukrainischen Angaben den russischen Vormarsch in der Ostukraine. "Wir sehen keine ankommende Ausrüstung", sagt ein ukrainischer Offizier im Staatsfernsehen. "Das Wetter ist schlecht. Aber sobald der Frost kommt und der Boden härter wird, ist ein Angriff mit schwerem Gerät möglich". Heftige Stürme mit starken Regenfällen - und Schnee im Süden - haben den Boden aufgeweicht und für militärische Aktionen fast untauglich gemacht.

kle/sti (dpa, rtr, afp)