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BFE plus: Deutschlands neue Anti-Terror-Einheit

Sabrina Pabst16. Dezember 2015

Mehrere Attentäter, die an unterschiedlichen Orten Massaker anrichten und anschließend flüchten: Vor so einem Szenario fürchten sich deutsche Sicherheitsbehörden. Bietet eine neue Spezialeinheit mehr Schutz?

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Beamte der neuen Spezialeinheit der Bundespolizei BFE+ vor einem Helikopter (Foto: Reuters/H. Hanschke)
Bild: Reuters/H. Hanschke

Islamisten zogen durch Paris und hinterließen ein blutiges Inferno. Die Angreifer töteten mit Sprengsätzen und Kalaschnikows bewaffnet an mehreren Orten fast gleichzeitig 130 Menschen. Einige der Täter sprengten sich vor Ort in die Luft. Weitere Täter flüchteten. Ähnlich verlief auch der islamistische Anschlag auf das Pariser Satiremagazin "Charlie Hebdo" Anfang des Jahres. Drei Islamisten töteten an mehreren Orten insgesamt 17 Menschen.

Wie gut die deutschen Sicherheitsbehörden für einen solchen Fall gewappnet wären, ließ Bundesinnenminister Thomas de Maizière im Januar analysieren. Das Ergebnis: Es besteht Nachbesserungsbedarf. Es mangelt den Beamten an Ausbildung und Ausrüstung, um mit hochbewaffneten Terroristen wie in Paris fertig zu werden. Auch Gewerkschaftler warnten nach den verheerenden Terroranschlägen, deutsche Sicherheitsbehörden seien für einen solchen Ernstfall nicht ausgerüstet - weder personell noch mit entsprechender Ausrüstung.

Fünf Standorte, 250 Sicherheitskräfte

Abhilfe soll eine neue Spezialeinheit schaffen. Sie trägt den sperrigen Namen "Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit plus", kurz "BFE+". Am Bundespolizeistandort in Blumenberg bei Berlin nimmt die erste Teileinheit mit 50 Sicherheitskräften ihre Arbeit auf. Weitere vier Teileinheiten mit je 50 Beamten sollen im nächsten Jahr an anderen Standorten folgen.

"Die Anschläge in Paris im Januar kannten wir in dieser Form in Europa noch nicht", erklärt Jörg Radek, Vize-Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, den Grund der neuen Spezialeinheit. "Wir haben einen Tätertypus, der kriegserfahren ist, der mit Kriegswaffen umgehen kann. Bisher wurde ein Anschlag verübt und dann sind die Täter untergetaucht. Diese Täter aber bewegen sich, sie sind dynamisch und es passieren mehrere Anschläge gleichzeitig an verschiedenen Orten." Dieses taktische Manöver der Extremisten ist für die Polizei eine enorme Herausforderung.

BFE+ soll auf komplexe Terrorlagen reagieren

Jörg Radek, stellv. Bundesvorsitzender der GdP, Sektion Bundespolizei (Foto: picture-alliance/dpa)
Radek: "Wir brauchen die neue robuste Einheit"Bild: picture-alliance/dpa

Bisher steht die Eliteeinheit GSG9 (Grenzschutzgruppe 9) bei solchen Szenarien zur Verfügung, die eine sehr hohe Eigengefährdung der Beamten mit einschließt. Sie soll durchgreifen und die Sicherheit wieder herstellen. Die GSG9 behält durch permanente Fortbildung ihr Know-How auf dem Stand der Zeit. Ähnliche Sonderteams wie die GSG9 existieren in den Bundesländern - die Spezialeinsatzkommandos (SEK) oder die Mobilen Einsatzkommandos (MEK). Aber all diese Sondertrupps sind vor allem Zugriffskommandos - und beispielsweise nicht geschult für tagelange, groß angelegte Fahndungsaktionen. Diese Lücke soll die neue Spezialeinheit BFE+ schließen. Sie soll die GSG9 und die Polizei von Bund und Ländern künftig bei großen Anti-Terror-Einsätzen unterstützen.

Feuergefecht zwischen Streifenbeamten und Terroristen

Doch es bestehe eine enorme Diskrepanz zwischen der Eliteeinheit und dem ganz normalen Polizisten in der Bereitschafts- oder Streifenpolizei, kritisiert der Vize-Vorsitzende der GdP, Jörg Radek. Er warnt, dass die Schutzwesten deutscher Polizisten dem Beschuss mit Sturmgewehren nicht standhalten würden. "Aber ganz frappierend ist, dass im Bereich der Bundespolizei Streifenwagen nicht mal ein zweites Magazin haben", sagt Radek. "Bis die BFE+-Kräfte eintreffen, müssen die Attentäter von einem normalen Streifenbeamten bekämpft werden. Auch den müssen wir ertüchtigen, dass er geschützt und in der Lage ist, so einen Kampf aufzunehmen." Dennoch hält Radek an der "Hochrüstung zu einer robusten Einheit" fest.

Der Sicherheitsexperte Wolfgang Petri hält dagegen überhaupt nichts vom Aufbau der neuen Truppe. Er war 16 Jahre lang bei der Kriminalpolizei, die meiste Zeit davon beim MEK. Heute berät er Unternehmen in Sicherheitsfragen. "Wir brauchen keine zusätzliche Einheit", meint Petri gegenüber der Deutschen Presseagentur. Besser wäre es, das Geld in die Aufstockung und Ausrüstung der bestehenden Einheiten zu stecken, sagt er. Die Leute der neuen Truppe fehlten bloß an anderer Stelle. Außerdem sei es gar nicht möglich, eine Sondereinheit in so kurzer Zeit vernünftig auszubilden. "Das ist Augenwischerei."