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Ceferins Kniff für eine weitere Amtszeit als UEFA-Chef

7. Februar 2024

Eigentlich müsste Aleksander Ceferin 2027 als Präsident des europäischen Fußballverbands aufhören. Doch beim UEFA-Kongress in Paris lässt er jetzt die Weichen für eine weitere Amtszeit stellen.

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UEFA-Präsident Aleksander Ceferin spricht beim UEFA-Kongress in Lissabon
Aleksander Ceferin sitzt als UEFA-Präsident fest im Sattel - möglicherweise auch bis 2031Bild: Armando Franca/AP/dpa/picture alliance

"Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?" Diese Worte wurden Konrad Adenauer, dem ersten deutschen Bundeskanzler nach dem Zweiten Weltkrieg, in den Mund gelegt. Ob er es wirklich gesagt hat, ist umstritten. Zitiert wird der Satz jedoch gerne. Er würde auch zu Aleksander Ceferin passen.

Nachdem der Slowene 2016 zum Präsidenten des europäischen Fußballverbands UEFA gewählt worden war, hatte er ein Jahr später den Anstoß dafür gegeben, die Amtszeit des Präsidenten zu begrenzen. Maximal drei Wahlperioden à vier Jahre, also zwölf Jahre insgesamt, sollte man auf dem höchsten Posten bleiben dürfen. Diese Änderung sei nötig, "wenn wir unser Image wieder aufpolieren möchten und wieder Glaubwürdigkeit und Legitimität und Respekt finden wollen", hatte Ceferin 2017 gesagt. Nun neigt sich seine dritte Amtszeit dem Ende entgegen, aber er will doch länger bleiben, als er es damals selbst vorgeschlagen hat. Dafür möchte Ceferin sogar die UEFA-Regeln ändern lassen.

Nachfolger von Michel Platini

Ceferin war 2019 und 2023 für jeweils vier Jahre im Amt bestätigt worden. Damit wäre für ihn eigentlich 2027 Schluss. Doch das sieht der Slowene anders: Er habe schließlich am Anfang seiner Präsidentschaft keine volle Wahlperiode absolviert, sondern von 2016 bis 2019 lediglich die Restzeit seines Vorgängers Michel Platini übernommen. Der Franzose Platini war 2015 im Zuge des FIFA-Korruptionsskandals gesperrt worden. Das Gleiche passierte damals mit dem damaligen FIFA-Präsidenten Joseph Blatter

Beim UEFA-Kongress an diesem Donnerstag (8. Februar) in Paris stimmen die Delegierten über eine Änderung der UEFA-Statuten ab. Danach soll die Amtszeitbegrenzung erst für alle Wahlperioden ab 1. Juli 2017 gelten. Damit würde für Ceferin erst die Wahlperiode ab 2019 zählen, und er könnte sich 2027 noch einmal für vier Jahre wählen lassen.

DFB unterstützt Ceferin

Großer Widerstand der Mitgliedsverbände ist nicht zu erwarten. Zwar hatte der ehemalige Weltklasse-Mittelfeldspieler Zvonimir Boban Ceferin gut zwei Wochen vor dem Kongress in Paris für seinen Plan kritisiert und war sogar als UEFA-Bereichsleiter Fußball zurückgetreten, aber das war wohl nur ein Strohfeuer. Der Kroate, ein langjähriger Vertrauter Ceferins, hatte dem UEFA-Chef vorgeworfen, nur "seine persönlichen Ziele" zu verfolgen. Viel Rückendeckung erhielt Boban daraufhin öffentlich nicht. Im Gegensatz zu Ceferin.

Unter anderem erklärte auch DFB-Präsident Bernd Neuendorf, dass er den UEFA-Chef unterstützen werde. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) habe "ein ausgezeichnetes Verhältnis" zum 56-Jährigen Ceferin, sagte der deutsche Verbandschef. Man habe mit ihm im Vorfeld der Fußball-Europameisterschaft 2024 in Deutschland "unglaublich eng und vertrauensvoll zusammengearbeitet". Eine nennenswerte Opposition gegen Ceferin gibt es in der UEFA nicht. Weder bei seiner ersten Wiederwahl 2019 noch bei seiner zweiten 2023 hatte es Gegenkandidaten gegeben.

Viele Parallelen zu FIFA-Chef Infantino

Ceferins Manöver, sich seinen Posten länger zu sichern, erinnert auffallend an die Vorgehensweise Gianni Infantinos. Der Präsident des Fußball-Weltverbands FIFA hatte seinen Posten ebenfalls nach dem Korruptionsskandal von 2015 übernommen: Anfang 2016 war Infantino Nachfolger des gesperrten Joseph Blatter geworden - für zunächst drei Jahre. Infantino wurde danach - wie Ceferin - zweimal wiedergewählt, jeweils ohne Gegenkandidat. Die FIFA hatte als Konsequenz aus dem Skandal ebenfalls die Amtszeit ihres Präsidenten auf drei Wahlperioden begrenzt.

UEFA-Chef Ceferin (l.) und FIFA-Präsident Gianni Infantino nebeneinander auf der Tribüne beim EM-Finals 2021 im Wembley-Stadion.
UEFA-Chef Ceferin (l.) und FIFA-Präsident Gianni InfantinoBild: Mike Egerton/empics/picture alliance

Infantino ließ sich 2022 vom FIFA-Council, dem höchsten Gremium des Weltverbands, attestieren, dass die ersten drei Jahre nicht als Wahlperiode zählten. Deshalb könnte Infantino im Falle seiner dritten Wiederwahl bis 2031 an der Spitze des Weltverbands bleiben. Wie jetzt wahrscheinlich auch Ceferin bei der UEFA. Und Thomas Bach?

Macht auch IOC-Präsident Bach weiter? 

Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) müsste laut Olympischer Charta 2025 aufhören - nach dann zwölf Jahren als mächtigster Mann im Sport. Das IOC hatte die Amtszeit 2012 auf drei Wahlperioden begrenzt. Auch hier war der Auslöser ein Korruptionsskandal: Vor der Vergabe der Winterspiele 2002 an Salt Lake City hatten sich mindestens 24 IOC-Mitglieder von den US-Amerikanern bestechen lassen.

Dennoch brachten beim IOC-Kongress in Mumbai im vergangenen Oktober mehrere IOC-Delegierte eine mögliche Änderung der Olympischen Charta ins Spiel, um Bach eine vierte Amtszeit zu ermöglichen. Laut dem IOC-Chef aus Deutschland wächst die Zahl der IOC-Mitglieder, die ihn bewegen wollen weiterzumachen. Der 70-Jährige ließ bislang offen, wie er selbst zu einer weiteren Amtszeit steht.

Thomas Bach, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees sprich bei einer Sitzung des IOC-Exekutive, im Hintergrund die Fahne mit den Olympischen Ringen.
Macht IOC-Präsident Thomas Bach nach 2025 weiter? Bild: Laurent Gillieron/dpa/KEYSTONE/picture alliance

Die Präsidenten Ceferin, Infantino und Bach eint, dass es in ihren Organisationen keine mächtigen Gegenspieler für sie gibt. Die große Mehrheit in UEFA, FIFA und IOC scheint mit den Männern an der Spitze zufrieden zu sein. Positiv betrachtet könnte es bedeuten, dass die Präsidenten einfach ihren Job gut machen.

Doch es könnte auch auf einen Mangel an demokratischem Bewusstsein und kritischem Geist innerhalb der Sportorganisationen hindeuten, wenn einfach die Statuten geändert werden, damit die Bosse an der Spitze bleiben können. 

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter