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PolitikAsien

Decoding China: Peking poliert sein Image in München

Dang Yuan
23. Februar 2024

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz wiederholt Chinas Außenminister Wang Yi die altbekannten Positionen. Überraschungen gibt es nicht. Der 71-Jährige steht vermutlich kurz vor seinem Ruhestand.

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Deutschland | Münchener Sicherheitskonferenz | Wang Yi, Chinas Außenminister
Chinas Außenminister Wang YiBild: Frank Hofmann/DW

Wang Yi schien die internationale Aufmerksamkeit auf der Münchner Sicherheitskonferenz am vergangenen Samstag zu genießen, als er mit leichter Verspätung auf die Hauptbühne trat. Ihm und seinem Land zollte der Organisator größten Respekt mit einem Einzelauftritt. Dieses Privileg hatten sonst nur Präsidenten, Kanzler oder Ministerpräsidenten wie Olaf Scholz und  Wolodymyr Selenskyj. Auch in München ist die Botschaft klar: Die Lösung der brennenden Fragen erfordert Pekings Mitwirken.

Vier Jahrzehnte lang ist der studierte Japanologe im diplomatischen Dienst der Volksrepublik tätig. Von 2013 bis Ende 2022 war er Chinas Außenminister und genoss volles Vertrauen der Partei- und Staatsführung um Xi Jinping. Als im Juli 2023 sein Nachfolger Qin Gang aus bisher unbekannten Gründen überraschend aus der Politik entfernt wurde, trat er noch einmal an.

Es dürfte dem Ego des charmanten Diplomaten schmeicheln, dass der chinesische Außenminister auf der MSC noch vor seinen deutschen und amerikanischen Amtskollegen sprechen konnte. Damit wollte Wang die Agenda zum Thema "Internationale Ordnung" setzen und den Ton angeben. Bevor er seinen Impuls in chinesischer Sprache gab, sagte er lächelnd auf Englisch: "Es wird simultan gedolmetscht."  Wang will nicht nur gehört, sondern auch verstanden werden.

China als "Stabilisator"

Seine These: "Ungeachtet der Veränderungen im internationalen Klima wird China als verantwortungsbewusste Großnation stets die Kontinuität und Stabilität seiner wichtigsten politischen Maßnahmen wahren", sagt Wang, "in einer turbulenten Welt ist China der Stabilisator."

Dann startete Wang einem Galopp durch die außenpolitische Weltkarte. um die Positionen seines Landes anhand mehrerer Beispiele deutlich zu machen. China wolle mit den USA keine Konfrontation, sondern Kooperation auf Augenhöhe, Russland sei der wichtigste strategische Partner Chinas, mit Europa wolle Peking wirtschaftlich enger kooperieren, frei von geopolitischen und ideologischen Störfaktoren.

"Europa spielt für China eine zunehmend große Bedeutung", sagt Peter Qiu, Gründer und Forschungsleiter des Center for Globalization in Hongkong. "Mit Europa hat China keine grundlegenden Konflikte im Gegensatz zu den USA. China und Europa könnten mehr erreichen als bisher."

EU-China-Dialog in Peking
(Archiv) Wirtschaftsdialog zwischen China und der EU mit Vizepremier He Lifeng (r.) und EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis am 25.09.2023Bild: Yin Bogu/Xinhua/AP/picture alliance/dpa

Europa als idealer Partner

Allerdings räumt Qiu, der an der deutschen Universität Tübingen promoviert wurde, ein, dass die Chinapolitik europäischer Länder doch sehr dem Kurs von der US-Regierung unter Präsidentschaft Joe Biden angepasst worden sei. "Ob der US-Präsident in einem Jahr  Biden oder Trump heißt - dazu wagt sich keiner zu äußern. Mit Donald Trump würden sehr wahrscheinlich neue Spannungen zwischen Washington und Europa entstehen." Deswegen arbeite Peking mit Weitsicht und mit Hochdruck an den Beziehungen zu EU-Ländern.

Nach seiner Visite in München ist Außenminister Wang weiter nach Madrid und Paris gereist. Bundeskanzler Olaf Scholz wird nach Berichten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung im April nach China reisen.

Zu den wichtigen Brennpunkten sagt Wang, China setze sich für Friedensverhandlungen ein, um die. "Ukraine-Krise" zu überwinden. Im Nahostkonflikt unterstütze China die Gründung eines unabhängigen Staates Palästina und das friedliche Miteinander zwischen beiden Staaten Palästina und Israel.

Washington wolle mehr Engagement von China sehen, um die beiden Kriege schnell zu beenden. Das sei deutlich bei dem Gespräch zwischen US-Außenminister Antony Blinken und Wang am Rande der MSC geworden, sagt Qiu. "Offensichtlich ist nichts Substanzielles erreicht worden". Es sei diskutiert, aber keine greifbare Einigung erzielt worden. "Das las man zwischen den Zeilen der Pressemitteilung der beiden Außenministerien", meint Qiu.

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Bald neuer Außenminister?

Für den 71-Jährigen Wang Yi war die Europareise womöglich sein letzter großer Auftritt. Auf dem Podium lud MSC-Chairman Christoph Heusgen Wang im nächsten Jahr noch einmal nach München ein. Allerdings antwortete er ausweichend. "China wird sicherlich eine hochrangige Delegation nach München schicken. Die Münchner Sicherheitskonferenz ist eine gute Plattform, um mit allen Ländern über die Gestaltung von Frieden und Stabilität zu diskutieren." Auch zu dem Außenministertreffen der G20-Gruppe in Brasilien am Donnerstag (22.2.) schickte Wang seinen Stellvertreter.

Glaubt man dem ohnehin eingeschränktem Flurfunk in den Pekinger Ministerien, steht der Nachfolger bereits in den Startlöchern. Liu Jianchao, seit 2022 Minister für auswärtige Beziehungen der Kommunistischen Partei, soll nach übereinstimmenden Medienberichten nach dem Volkskongress im März Außenminister Chinas werden. Wie bei allen anderen Personalien wird China die Ernennung in letzter Minute bekannt geben. Liu hat in Peking und Oxford studiert und spricht fließend Englisch. Übersetzer für Englisch braucht er nicht. Er war Regierungssprecher, später Botschafter in Indonesien und den Philippinen. Allerdings hat er keine Erfahrungen mit den USA. Schon im Januar war Liu deswegen in Washington. Er traf US-Außenminister Blinken und sprach überzeugend vor dem US-Ausschuss für Außenbeziehungen.

Decoding China" ist eine DW-Serie, die chinesische Positionen und Argumentationen zu aktuellen internationalen Themen aus der deutschen und europäischen Perspektive kritisch einordnet.