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Sommer, Sonne, Strand - und Feuer

Lisa Stüve
1. August 2023

Auf Rhodos haben Menschen ihre Existenz verloren, Touristen mussten vor den Flammen in Sicherheit gebracht werden. Durch die verheerenden Wald- und Buschfeuer entstehen gewaltige wirtschaftlichen Schäden.

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Ein Löschflugzeug landet auf dem Meer, um Wasser zu tanken und einen Waldbrand auf der Insel Ciovo in Kroatien zu löschen.
Bild: picture alliance/dpa/AP

Am strahlend blauen Himmel fliegt ein rotgelbes Feuerlöschflugzeug vorbei (Artikelbild). An der kroatischen Adriaküste gehören Waldbrände zum Sommer wie die Seeigel. In diesem Jahr fielen sie bisher moderat aus, härter getroffen hat es hingegen Spanien, Italien und Griechenland. Die Bilder von Rhodos-Urlaubern, die vor dem Feuer flüchten, oder von außer Kontrolle geratenen Bränden auf Sizilien bestimmten in europäischen Medien die Schlagzeilen und haben bei vielen die Frage aufkommen lassen, ob das Mittelmeer weiterhin Urlaubs- und Sehnsuchtsort sein wird.

Touristen auf Rhodos müssen vor den Flammen flüchten
Touristen auf Rhodos müssen vor den Flammen flüchten Bild: Eurokinissi /Stringer/AFP

Mittelmeerregion besonders betroffen

Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sind überzeugt, dass Extremwettereignisse wie Hitzewellen in Europa in Zukunft öfter und häufiger auftreten werden. Besonders schnell erwärmt sich die Region rund ums Mittelmeer, so die World Meterological Organisation. Ein nach Wasser dürstender Boden und sengende Sonne sind beste Voraussetzungen für ausartende Feuer. 

Bereits im April 2023 wurden in Spanien extreme Temperaturen gemessen und für Griechenland wird die Juli-Hitzewelle wohl die längste in der Geschichte der Aufzeichnungen werden. In vielen Ländern Europas hat es in diesem Jahr früher gebrannt. Alleine in Griechenland sind im Juli über 50.000 Hektar verbrannt, das ist etwas weniger als der Hälfte der Fläche der deutschen Hauptstadt Berlin. Spanien hatte diese Größenordnung bereits Anfang April erreicht, das zeigen Daten des European Forest Fire Information System (EFFIS).

Im gesamten letzten Jahr ist mit 800.000 Hektar Land etwa die Fläche Montenegros in der EU vernichtet worden. Kosten: mindestens zwei Milliarden Euro, schätzte Janez Lenarčič, EU-Kommissar für humanitäre Hilfe und Krisenschutz im Januar 2023. Um Schlimmeres zu verhindern, hat die EU dieses Jahr die Kapazitäten für die Brandbekämpfung aus der Luft verdoppelt.

Wo es brennt, sinkt das BIP

Schwer kontrollierbare, über Tage wütende Brände haben nicht nur verheerende Folgen für Fauna und Flora, sie zerstören Existenzen und führen zu wirtschaftlichen Schäden. "Dort wo es brennt, sinkt das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Arbeitsmarktzahlen für den Tourismussektor zeigen: Nach Bränden werden weniger Menschen beschäftigt", sagt Sarah Meier. Sie forscht an der Universität Birmingham zu Extremwetterereignissen und wirtschaftlichen Auswirkungen von Feuern.

Kurzfristig greifen für die vom Feuer geplagten Länder EU-Hilfen. In Griechenland kämpften über 500 Feuerwehrleuten aus anderen Ländern gegen die Flammen, die EU schickte neun zusätzliche Löschflugzeuge. Das alles ist durch das Katastrophenschutzverfahren der EU gedeckt. Für den Wiederaufbau können außerdem Gelder aus dem Solidaritätsfonds der Europäischen Union akquiriert werden, dem muss jedoch das Europäische Parlament zustimmen.

Löschflugzeug im Einsatz in der Nähe von Palermo/Sizilien
Löschflugzeug im Einsatz in der Nähe von Palermo/SizilienBild: Alberto Lo Bianco/LaPresse/AP Photo/picture alliance/dpa

Was für Deutschland die Autoindustrie ist, ist für Griechenland der Tourismus; das Geschäft mit dem Urlaub generiert 20 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes. Spanien und Italien folgen mit jeweils zwölf bzw. neun Prozent.

Das Reiseziel Südeuropa könnte durch Hitze und Waldbrände auf lange Sicht an Attraktivität verlieren, was die Wirtschaft schädigen würde, warnte kürzlich die Rating Agentur Moody's in einem Report. Vorhersagen anhand von Klimamodellen kommen zu dem Ergebnis, dass die Küstenregionen als Tourismusdestination unter verschiedenen Wärmeszenarien deutlich verlieren werden, während nördlichere Länder an Attraktivität gewinnen könnten.

Ist Südeuropa dem Klimawandel schutzlos ausgeliefert?

Auch wenn mit Klimamodellen Hitze, Dürre und Feuer prognostiziert werden, "der Tourismus im Mittelmeerraum wird nicht von heute auf morgen einbrechen", meint Harald Zeiss, Direktor des Instituts für Tourismusforschung Hochschule Harz im Interview mit dem ZDF. Er geht, wie auch Ellie Kennedy von der European Travel Commission davon aus, dass sich die Reisezeiten ändern könnten und Reisende eher im Frühjahr oder Herbst am Mittelmeer Urlaub machen werden.

Ende eines Sommerurlaubs: Touristen in einer Notunterkunft auf Rhodos
Ende eines Sommerurlaubs: Touristen in einer Notunterkunft auf RhodosBild: Argyris Mantikos/Eurokinissi/AP/picture alliance

"Waldbrände und andere Extreme werden von den Menschen als regionales Einzelereignis aufgefasst und sind kein Hinderungsgrund, dafür ist der Mensch viel zu vergesslich," so Petro Beritelli vom Research Center for Tourism and Transport der Universität St. Gallen im Interview mit der DW. Destinationen wie Dubai und Las Vegas würden zudem zeigen, dass es Menschen nicht abschrecke, an Orte mit extremer Hitze zu fahren.

Innovative Ansätze gegen das Feuer

Johann Goldammer ist Direktor des Global Fire Monitoring Center (GFMC) in Freiburg. Um die Wald- und Buschbrände auf lange Sicht zu einzudämmen, rät er zu einem innovativen Ansatz für den ländlichen Raum, einschließlich des Tourismus. "Aufgrund der Urbanisierung liegt zu viel Fläche brach und wenn der Klimawandel, der mit Trockenperioden und Hitzewellen einhergeht, das noch befeuert, dann ist das Feuer vorprogrammiert." Der Tourismus müsse auf lange Sicht sanfter und am besten partizipativer werden. Statt Massentourismus könnten Konzepte etabliert werden, bei denen Reisende zum Beispiel in den griechischen Olivenhainen oder der Weinwirtschaft mithelfen, so Goldammer. 

Der griechischen Regierung hatte Goldammer nach den verheerenden Bränden auf Euböa 2021 seinen Report vorgestellt, er beinhaltet unter anderem ein langfristiges Landnutzungskonzept. Und was besonders wichtig sei: Prävention und Vorsorge von Wald- und Buschbränden. Statt sich auf die akute Bekämpfung zu konzentrieren, müsse Vorbeugung an erster Stelle stehen, so der Feuerökologe Goldammer.

Portugal hat nach den verheerenden Waldbränden 2017 nicht nur die Neu-Anpflanzung von Eukalyptusbäumen verboten - Eukalyptuswälder brennen, einmal Feuer gefangen, lichterloh - sondern auch einen Schwerpunkt auf die Brandverhütung gelegt. Auch wenn letzte Woche mehr als 500 Feuerwehrleute die Flammen eines Feuers in der Nähe von Lissabon unter Kontrolle zu bringen versuchten; ein Blick auf die aktuellen Zahlen bei EFFIS zeigen: Die Feuer sind anders als die in Spanien, Italien und Griechenland, nämlich moderater. Die Europäische Kommission fördert außerdem im Rahmen ihrer Waldstrategie Projekte, die Menschen aufklären sollen und solche, die Widerstandsfähigkeit von Wald und anderen Vegetationslandschaften gegen Feuer erhöhen.