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Dirigent und Pianist James Levine ist gestorben

Torsten Landsberg
17. März 2021

Er zählte zu den bekanntesten Dirigenten der Welt und modernisierte die New Yorker Metropolitan Opera, die er nach Missbrauchsvorwürfen verlassen musste.

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Dirigent James Levine
Mehr als 40 Jahre prägte James Levine die Metropolitan Opera in New YorkBild: Michael Dwyer/AP/picture alliance

Einen berühmten Menschen nach dessen Tod zu würdigen, kann schwer fallen, wenn die letzten Kapitel seines Vermächtnisses so dunkel sind wie die von James Levine.

Mit gerade mal 29 Jahren war der am 23. Juni 1943 in Cincinnati geborene Levine 1973 zum Chefdirigenten der New Yorker Metropolitan Opera ernannt worden, an der er 1971 debütiert und anschließend als Gastdirigent gearbeitet hatte. 1976 wurde er zudem musikalischer Direktor des Hauses. Zur Kindheit im wohlhabenden Elternhaus gehörte der frühe Klavierunterricht, Levine galt bald als Wunderkind und gab bereits im Alter von zehn Jahren Solokonzerte.

Später studierte er an der Elite-Musikschule Juilliard, wo er sich dem Dirigieren zu wandte, verließ die Schule aber ohne Abschluss. Levine erhielt Stipendien und gab 1970 an der Welsh Opera in Cardiff und der San Francisco Opera seine Debüts. An der New Yorker Met sollte er schließlich mehr als 40 Jahre wirken, in denen er über 2500 Aufführungen von 85 verschiedenen Opern leitete.

James Levine und Mickey Mouse
Für den Disney-Film "Fantasia 2000" komponierte Levine die MusikBild: picture-alliance/United Archives/IFTN

70 Personen befragt

2016 hatte sich James Levine aus gesundheitlichen Gründen vom Posten des musikalischen Leiters zurückgezogen. Nach mehreren Rückenoperationen dirigierte er fortan im Rollstuhl, ein Parkinson-Leiden schritt voran. Im Dezember 2017 berichtete die "New York Times" dann, der Maestro habe seine Position jahrzehntelang ausgenutzt, um junge und minderjährige Musiker sexuell zu missbrauchen.

Die Met strengte eine Untersuchung an, an deren Ende sie die Vorwürfe als belegt ansah. Mehr als 70 Personen waren befragt worden. Wie so oft in Fällen von publik gewordenem Macht- und körperlichem Missbrauch, äußerten sich frühere Weggefährten Levines plötzlich auch öffentlich, Tenor: Alle wussten es. Das kollektive Schweigen als strukturelles Problem ist in der #MeToo-Debatte ein wiederkehrendes Muster, das zuletzt auch an der Berliner Volksbühne das vermutlich übergriffige Verhalten des Intendanten begünstigt hatte.

James Levine mit den Berliner Philharmonikern
Levine dirigierte Orchester auf der ganzen Welt, hier 1992 bei Proben mit den Berliner PhilharmonikernBild: Imago/Leemage

Entsprechende Gerüchte über Levine waren auch bis nach Deutschland vorgedrungen, weshalb es leise Proteste gab, als der Dirigent 1999 - neben seiner Tätigkeit in New York - Chefdirigent der Münchner Philharmoniker wurde. Die Strahlkraft eines der berühmtesten Dirigenten der Welt war stärker als das, was über ihn in der Szene ein offenes Geheimnis war.

Levine war zeitweilig der bestbezahlte Klassikmusiker der USA, posierte auf dem Titel des "Time"-Magazins und hatte die Met mit den TV-Übertragungen "Live from the Met" in die Moderne geführt. Seine Aufnahmen wurden mit unzähligen Grammys geehrt. Zwischen 1982 und 1998 war Levine auch regelmäßig bei den Bayreuther Festspielen aufgetreten.

Im März 2018 trennte sich die Met wegen der Missbrauchsvorwürfe von James Levine. Es folgte ein Rechtsstreit, der mit einer vertraulichen Vergleichsvereinbarung endete. Seitdem war es still geworden um den Dirigenten, der bereits am 9. März im Alter von 77 Jahren gestorben ist.