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Ein Robin Hood fürs neue Jahrtausend

Jochen Kürten | Felix Schlagwein
10. Januar 2019

Ohne Strumpfhosen aber mit Pfeil und Bogen kommt der neue "Robin Hood" in die deutschen Kinos. Die Neuauflage ist auf die Computer-Kids von heute zugeschnitten. Ein paar Überraschungen hält der Film dennoch bereit.

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Filmstill Robin Hood
Bild: imago/Zumapress/Lionsgate

So schnell wurden die Pfeile noch nie abgeschossen, so geschickt wich Robin den Feinden bisher noch nie aus - und so unglaublich fies und unmenschlich erschien der Sheriff von Nottingham auch noch nicht: Die 2018er-Version von Robin Hood richtet sich an ein jugendliches Publikum, das sich in der Freizeit vermutlich eher mit Computerspielen beschäftigt als ins Kino zu gehen.

Selbst ein Kevin Costner wirkt als Robin Hood im Vergleich zur 2018er-Version - verkörpert von Taron Egerton - behäbig, von Schauspieler-Legenden des frühen 20. Jahrhunderts wie Douglas Fairbanks oder Errol Flynn ganz zu schweigen. 120 Minuten Action werden den Zuschauern im Kino um die Ohren gehauen, unterbrochen nur von einigen wenigen melodramatischen Szenen. Die aufpeitschende, bombastische Musikuntermalung endet erst mit den Schlusstiteln.

Leonardo DiCaprio ist verantwortlicher Produzent von "Robin Hood"

Aber genau das war wohl auch das Ziel der Macher, die für den neuen "Robin Hood"  verantwortlich sind: Regisseur Otto Bathurst sowie die Drehbuchautoren Ben Chandler und David James Kelly. Produziert wurde der Film, der am Mittwoch (21.11.) in den USA startet, unter anderem von Superstar Leonardo DiCaprio. In Deutschland ist "Robin Hood" dann im kommenden Jahr ab dem 10. Januar in den Kinos zu sehen.

Filmstill Robin Hood
Unterwegs mit Pfeil und Bogen - filmtechnisch aber digital gerüstetBild: imago/Zumapress/Lionsgate

Alles wie erwartet also beim Robin-Hood-Update? Ein paar Überraschungen gibt es schon. Doch der Reihe nach. In Grundzügen wurde in der Neuverfilmung die bekannte Handlung der mittelalterlichen Erzählung übernommen. Robin Hood kämpft gegen den üblen Sheriff von Nottingham und stiehlt das Geld der Herrschenden, um es den Bedürftigen zu geben. An seiner Seite stehen die bekannten Kumpanen Little John und Bruder (Friar) Tuck. Auch die schöne Marian erscheint an Robins Seite, und Ort des Geschehens ist natürlich wieder Nottingham und der umliegende Wald.

Robin Hood 2018: einfaches Gut-Böse-Schema

Soweit das Grundgerüst. Wer nun erwartet, dass die Autoren den einzelnen Filmfiguren vielleicht ein wenig Tiefe eingehaucht hätten - im Serienzeitalter unserer Tage werden ja sogar große US-amerikanische Mehrteiler mit zwiespältigen Heldencharakteren ausgestattet -, der wird enttäuscht. Die Guten sind in "Robin Hood" gut, die Bösen sind böse - dazwischen gibt es eigentlich kaum etwas. Mit einer Ausnahme. Dazu später mehr...

Filmstill Robin Hood
Little John (Jamie Foxx, l.) überzeugt Robin (Taron Egerton) von der Notwendigkeit, sich gegen die Knechtschaft zu stellen Bild: imago/Zumapress/Lionsgate

Also: kaum erzählerische Tiefe, wenig interessante Charaktere, keine dramaturgischen Stolpersteine. Der britische Film- und Fernsehregisseur Otto Bathurst hatte zwar eine moderne Robin-Hood-Version im Kopf ("Für mich ist die Geschichte von Robin Hood immer noch zeitgemäß und relevant"), setzte diese jedoch nicht im Sinne interessanter Protagonisten um.

Regisseur Bathurst: "Wir können uns mit Robin Hood identifizieren"

Im Vorfeld des Kinostarts hatte Bathurst die Frage, warum Robin Hood die Menschen immer noch fasziniere, folgendermaßen beantwortet: "Der wahre Grund, warum Robin Hood seit 800 Jahren unvergessen und ein Held ist: weil er der Gesellschaft, der Regierung und dem Establishment ein Dorn im Auge war … weil er ein Symbol des Widerstandes ist, einer der sich gegen den Status Quo auflehnt … Wir können uns mit ihm identifizieren, weil er keine Superkräfte hat oder ein geborener Superheld ist." 

Robin Hood und die "Superkräfte"

Kann man den ersten Aussagen Bathursts noch zustimmen, so fragt man sich doch, ob der Brite frühere Verfilmungen gesehen hat. Natürlich waren Fairbanks und Flynn als Film-Robin-Hood gerade deshalb so beliebt, weil sie Widerstand symbolisierten, weil sie sich gegen den Status Quo auflehnten. Vollkommen in die Irre aber leitet Bathursts Aussage, "sein" Robin verfüge über "keine Superkräfte". 

Filmstill Robin Hood
Natürlich setzt auch der neue Robin Hood auf die dramatugrische Spannkraft der Liebe zu Marian (Eve Hewson)Bild: imago/Zumapress/Lionsgate

Taron Egerton agiert im Film wie eine computergenerierte Fantasyfigur, ist mit Pfeil und Bogen so blitzschnell, dass er seine Feinde gleich dutzendweise im Sekundentakt erledigt, selbst aber kaum eine Schramme abbekommt. Und die Föhnfrisur sitzt auch nach der hitzigsten Schlacht noch perfekt. Egerton/Robin verfügt im Film genau über diese Superkräfte, die Bathurst in Abrede stellt.

Araber und Christen, Syrien und England

Interessanter ist der Film vom Subtext her. Auf die Idee, sich gegen den Sheriff aufzulehnen, wird Robin erst von Little John gebracht, und der ist bei Bathurst ein arabischer Maure und sarazenischer Kämpfer. Zu Beginn der Filmhandlung sieht man Robin während der englischen Kreuzzüge in Syrien: Von dort kommt Little John (Jamie Foxx) und stellt sich später auf die Seite des legendären Helden.

Und gegen wenn kämpfen Little John und Robin Hood? Gegen die das Volk ausbeutende Obrigkeit, natürlich gegen den Sheriff von Nottingham (Ben Mendelsohn), vor allem aber gegen die christliche Kirche und deren Oberböswicht, den Kardinal (F. Murray Abraham).

Filmstill Robin Hood
Immer aufmerksam: Die neue Verfilmung der Legende geizt nicht mit Spannung und Action Bild: imago/Zumapress/Lionsgate

Ein von westlichen Eroberern zuvor gequälter Araber (aus Syrien) als Sympathieträger und intelligenter Einflüsterer des Aufstands, der Robin erst ausbildet und zum Ziel führt - die christliche (westliche) Kirche als Symbol des Bösen: Diese nicht einmal sonderlich versteckten Botschaften des neuen Robin-Hood-Films bieten dem Zuschauer dann doch ein gewisses Überraschungspotenzial.

Im Erfolgsfall wohl Fortsetzung geplant

Übrigens: Die einzige Figur, die im neuen Robin-Hood-Film von den Autoren sowohl mit positiven als auch negativen Sympathiewerten ausgestattet wurde, ist Will Scarlett. In der historischen Vorlage ist Will einer der treuesten Gefährten Robins. Im neuen Film lässt Will sich dagegen zunächst mit Robins Freundin Marian ein und schwingt sich dann in der Schluss-Sequenz gar zum Nachfolger des Sheriffs auf. Das riecht nach einer möglichen Fortsetzung: Hollywood hat sich schon immer alle Optionen im Köcher vorbehalten.