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Ergeht es Google wie Microsoft?

Kristie Pladson
22. Oktober 2020

Die Kartellklage gegen Google in den USA ist ein erneuter Versuch, die Macht der Tech-Giganten zu beschränken. Die bisherige Bilanz solcher Verfahren fällt gemischt aus.

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Symbolbild Google
Bild: Eibner Europa/imago

Die Kartellklage gegen die Alphabet-Tochterfirma Google, die das US-Justizministerium (DOJ - Department of Justice) in dieser Woche angestrengt hat, ist eine Kampfansage an die Dominanz der globalen Technologiegiganten.

Das DOJ wirft Google vor, eine Monopolstellung erreicht zu haben, indem es gesetzeswidrig Telefonhersteller bezahlt haben soll, damit die den Internetbrowser Google Chrome zur Standardkonfiguration auf ihren Smartphones machen.

Die Klage ist wahrscheinlich nur der Auftakt. Anfang des Monats hatte der Justizausschuss des US-Repräsentantenhauses in einem Bericht umfangreiche Änderungen im Kartellrecht angemahnt, weil Google und andere große Tech-Firmen ihre Marktdominanz missbrauchen. Weitere Klagen werden erwartet.

Auch Europa geht inzwischen stärker gegen die Konzerne vor. Am Mittwoch unterstützte das Europäische Parlament mit überwältigender Mehrheit die Pläne zur Entwicklung eines Gesetzes zu digitalen Dienstleistungen, das die Macht der Technikgiganten in der EU deutlich einschränken soll.

Die US-Klage gegen Google ist der jüngste in einer Reihe von Versuchen der Politik, Kartellgesetze gegen Firmen durchzusetzen, die vor kurzem noch Start-ups waren, jetzt aber als global agierende Konzerne eine Gefahr sein können für Wettbewerb und Innovation.

Was ist ein Monopolist?

DOJ gegen Microsoft

1998 verklagte das US-Justizministerium den Software-Riesen Microsoft, weil er es Nutzern und PC-Herstellern schwer mache, einen anderen Webbrowser als den Microsoft Internet Explorer zu verwenden, der fester Bestandteil des firmeneigenen Windows-Betriebssystems war. Ein Gericht entschied, dass die "Bündelung" von Browser und Betriebssystem der Grund für den großen Erfolg war und nach dem Kartellgesetz von 1890 einer rechtswidrigen Monopolstellung gleichkam.

Microsoft argumentierte, dass beide Produkte zusammengehören. Das Unternehmen ging erfolgreich in Berufung gegen das Urteil, dass den Konzern verpflichtet hätte, sein Geschäft in zwei getrennte Einheiten aufzuspalten - eine für Betriebssysteme, eine für sonstige Software.

Am Ende entschied sich das Justizministerium für einen Vergleich: Microsoft blieb intakt und erklärte sich im Gegenzug bereit, Konkurrenten Zugang zu technischen Details seiner Schnittstellen zu gewähren.

In den Jahren nach dem Prozess verlor Microsoft gegenüber anderen Technologiefirmen zunehmend an Boden, verschlief den Wandel zur mobilen Internetnutzung und unterlag im Kampf der Webbrowser gegen Google.

Die aktuelle Klage des Justizministeriums gegen Google stützt sich auf den Microsoft-Prozess, hat aber einen engeren Fokus, der die Erfolgschancen erhöht, wenn das Verfahren in die nächste Instanz gehen sollte.

EU gegen Microsoft

Die EU ging ihrerseits 2004 gegen Microsoft vor und verhängte eine Geldbuße von fast einer halben Milliarde Euro. Der US-Konzern habe sein "Beinahe-Monopol" missbraucht, um Wettbewerb auf dem Servermarkt und bei Software zum Abspielen von Musik und Videos zu unterdrücken.

Microsoft wurde angewiesen, ein Windows-Betriebssystem auch ohne seinen "Mediaplayer" anzubieten. Die EU-Kartellbehörde verlangte außerdem, dass Microsoft seinen Schnittstellencode an konkurrierende Unternehmen weitergibt, damit Wettbewerber sicherstellen können, dass ihre Server ohne Abstriche mit dem Windows-Betriebssystem funktionieren.

Eine Allianz gegen Internetmonopolisten?

EU gegen Apple

Im Juli 2020 hat US-Computerkonzern Apple erfolgreich gegen eine Kartellentscheidung der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2016 geklagt. Damals war Apple verpflichtet worden, in Irland 13 Milliarden Euro Steuern nachzuzahlen. Die Kommission hatte argumentiert, Irland habe Apple mit einem unangemessen niedrigen Satz besteuert, was eine unfaire Bevorzugung des iPhone-Herstellers darstelle. Irland habe seine Steuern zwei Jahrzehnte lang zu niedrig angesetzt, zeitweise betrug der Steuersatz nur 0,0005 Prozent.

Das Gericht der Europäischen Kommission gab dagegen Apple recht. Die Kommission habe zu Unrecht erklärt, Apple sei ein"selektiver wirtschaftlicher Vorteil" gewährt worden, entschieden die Richter. Das wiederum veranlasste EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager im September 2020, ihrerseits Rechtsmittel einzulegen. Dem in Luxemburg ansässigen Gericht seien bei seiner Entscheidung "eine Reihe von Rechtsfehlern" unterlaufen, sagte die dänische Politikerin. Das Verfahren sei wichtig, um Steuerschlupflöcher für multinationale Unternehmen zu schließen und Transparenz zu gewährleisten.

EU gegen Google

Der US-Justizminister ist nicht der erste, der sich mit dem Betreiber der populärsten Suchmaschine der Welt anlegt. Die EU-Kommission hat seit 2017 in drei separaten Verfahren entschieden, dass Google gegen europäische Wettbewerbsregeln verstößt und Strafen von insgesamt 8,25 Milliarden Euro verhängt: weil Google die Ergebnisse seines eigenen Preisvergleichs gegenüber der Konkurrenz bevorzugt, weil es mit illegalen Beschränkungen für eine Vormachtstellung seines Browsers auf Android-Geräten sorgt, und - als jüngste Entscheidung - weil es durch Absprachen mit Website-Betreibern Konkurrenten daran hindert, dort Werbung zu schalten. Google hat gegen die Urteile Berufung eingelegt. Entscheidungen werden im kommenden Jahr erwartet.

Die EU prüft außerdem, ob Googles Absicht, den US-Konzern Fitbit zu übernehmen, gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstoßen könnte. Fitbit stellt Armbänder her, mit denen Kunden ihre Trainingsdaten überwachen können. Kritiker befürchten Nachteile für Wettbewerber und Datenschutzprobleme, wenn Google Zugriff auf massenweise persönlicher Gesundheitsdaten hätte. Eine Entscheidung dürfte im Januar 2021 fallen.

Adaption aus dem Englischen: Andreas Becker