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Ernst-Bloch-Preis für Achille Mbembe

15. November 2018

Der kamerunische Historiker gilt als einer der wichtigsten Vordenker Afrikas. Immer wieder weist er auf die desaströsen Folgen der Kolonialisierung hin und kritisiert die Ausbreitung rassistischen Gedankenguts.

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Achille Mbembe Historiker und Philosoph aus Kamerun
Bild: DW/Stefan Möhl

Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck überreichte den Preis im Rahmen eines Festakts im Ludwigshafener Ernst-Bloch-Zentrum. In ihrer Begründung erklärte die Jury, sie zeichne "einen der wichtigsten Denker des afrikanischen Kontinents aus, der mit seinem Blick auf gesellschaftliche Brüche und die Gefahren der Demokratie über die Grenzen hinaus für eine humane Welt im Sinne Ernst Blochs eintritt."

Wissenschaftler und Aktivist

Schon in jungen Jahren entwickelte sich Mbembes Bewusstsein für gesellschaftliche und politische Missstände. Bereits in den 1980er Jahren engagierte er sich in Alphabetisierungskampagnen für die afrikanische Landbevölkerung. Ab 1982 studierte Mbembe Geschichte an der Pariser Universität Sorbonne, wo er später auch promovierte. Im Anschluss lehrte er an einigen der renommiertesten Universitäten der USA, unter anderem in Yale und Berkley. Derzeit arbeitet der 61-Jährige als Professor für Geschichte und Politik am Wits Institute for Social and Economic Research (WISER) der University of the Witwatersrand in Johannesburg, Südafrika.

Kritischer Vordenker

Spätestens seit den frühen 2000er-Jahren gehört Achille Mbembe zu den wichtigsten Theoretikern des afrikanischen Kontinents. Er gilt als Vordenker des Postkolonialismus und als Kritiker rassistischer Denkstrukturen.

Achille Mbembe Kritik der schwarzen Vernunft
Für sein Buch "Kritik der schwarzen Vernunft" wurde Mbembe 2015 mit dem Geschwister-Scholl-Preis ausgezeichnetBild: picture-alliance/dpa/M. Balk

Sein Buch "Kritik der schwarzen Vernunft" wurde mehrfach ausgezeichnet und in diverse Sprachen übersetzt. Darin thematisiert und kritisiert er, dass die Ausdehnung des globalen Kapitalismus auf den Strukturen des transatlantischen Sklavenhandels basiere. Seine These: Trotz der Aufklärung breitet sich auch heute noch rassistisches Denken weiter aus. 

Heimatland am Rand des Bürgerkriegs

In seinem jüngsten Buch "Politik der Feindschaft" (2017) untersucht Mbembe das Konzept der Feindschaft und setzt es in den Kontext der Konflikte um die Entkolonialisierung im 20. Jahrhundert und deren Nachwirkungen auf die Gegenwart.

Kamerun Polizisten in Buea
Die Lage ist angespannt: Polizisten auf einem Markt in der mehrheitlich anglophonen Provinz Buea im Südwesten KamerunsBild: Getty Images/AFP/M. Longari

Das Thema ist hochaktuell, vor allem in seinem Heimatland Kamerun. Das Land steht am Rande eines Bürgerkriegs. Die anglophone Minderheit begehrt gegen die frankophone Mehrheit auf. Vor einem Jahr riefen Separatisten einen eigenen Staat aus, es kommt immer wieder zu Gewalt auf beiden Seiten.

"Die Fragen der anglophonen Bevölkerung sind völlig berechtigt", sagte Mbembe in einem TV-Porträt der DW im Oktober, das anlässlich der Verleihung des Gerda-Henkel-Preises an ihn entstand. "Wie organisiert man das Zusammenleben in einem Staat, der im Grunde eine koloniale Erfindung ist", fragt er. Ab 1884 war Kamerun eine Kolonie des Deutschen Kaiserreichs. Nach dessen Niederlage im Ersten Weltkrieg wurde das westafrikanische Land unter Frankreich und Großbritannien aufgeteilt. Erst 1961 erfolgte die Unabhängigkeit.

Bedeutender Philosophie-Preis

Der Ernst-Bloch-Preis wird von der Stadt Ludwigshafen am Rhein im dreijährigen Turnus vergeben und zählt zu den bedeutendsten Philosophie-Preisen im deutschsprachigen und europäischen Raum. Er würdigt "herausragendes wissenschaftliches oder literarisches Schaffen mit philosophischer Grundhaltung, das für die Kultur in kritischer Auseinandersetzung mit der Gegenwart bedeutsam ist". Die Auszeichnung ist mit 10.000 Euro dotiert.

fs/nf (DW, www.bloch.de)