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Wie nachhaltig wird die EURO 2024 in Deutschland?

12. Juli 2023

Die Ausrichtung der EURO 2024 in Deutschland soll laut UEFA, DFB und deutscher Politik besonders nachhaltig werden. Umweltschützer loben den Ansatz, fordern aber konkrete Maßnahmen und mehr Verbindlichkeit.

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Blick in das leere Berliner Olympiastadion
Das EM-Finale steigt im Berliner Olympiastadion - die meisten Emmissionen entstehen bei An- und Abreise der FansBild: Alexander Borais/Zoonar/picture alliance

Der Gastgeber der Fußball-Europameisterschaft 2024 hat sich für die Ausrichtung eines nachhaltigen Turniers einiges vorgenommen: Zusammen mit der UEFA, den Gastgeberstädten und dem Bund und den Ländern hat der DFB recht öffentlichkeitswirksam eine Broschüre über das "Gemeinsame Verständnis einer nachhaltigen UEFA EURO 2024" herausgebracht.

Demnach soll es unterschiedliche Maßnahmen geben, um die Treibhausgasemissionen zu reduzieren oder vollständig zu vermeiden. Zum Beispiel soll ein "attraktiver" öffentlicher Personennahverkehr für die Anreise zu den Spielorten eingerichtet werden. Darüber hinaus sollen alle zehn Stadien zu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie versorgt werden. Die Veranstalter planen auch, die Abfallmengen zu reduzieren, im Catering-Bereich nachhaltige Speisen in ihr Angebot aufzunehmen und trotz erwartbarer heißer Temperaturen sparsam mit der Ressource Wasser umzugehen.

DUH: Deutschland könnte nachhaltigste EM aller Zeiten durchführen

Das, was man in der Broschüre fokussiert hat, gehe in die richtige Richtung, lobt Thomas Fischer, Bereichsleiter Kreislaufwirtschaft der Deutschen Umwelthilfe (DUH): "Ich glaube, dass wir hier im Fußball-Land Deutschland extrem gute Voraussetzungen haben, um die nachhaltigste Europameisterschaft aller Zeiten durchzuführen."

Deutschland habe eine gute Infrastruktur, es gebe viele Elektroautos oder Elektrofahrräder, es müsse zudem kein Stadionneubau betrieben werden - im Gegensatz zu der FIFA-WM in Katar. Auch die bereits vorhandene Trainingsinfrastruktur und die Unterbringung der Mannschaften seien gute Voraussetzungen, um eine nachhaltige EM auf den Weg zu bringen, sagte Fischer im Interview mit der Deutschen Welle. Zudem gilt in Deutschland generell die Mehrwegangebotspflicht bei allen Großveranstaltungen

Mehrwegbecher mit Bier stehen nebeneinander im Stadion
In allen deutschen Stadien gilt die Mehrwegbecher-PflichtBild: Ralf Ibing/firo Sportphoto/picture alliance

Die Pläne klängen daher erstmal gut, seien aber leider wenig konkret, kritisiert Fischer: "Das muss noch sehr viel präziser vorgestellt werden." Die DUH hat dazu sowohl den DFB als auch die UEFA kontaktiert, denn ein verbindliches Dachkonzept für die zehn Host Cities lässt sich aus dieser Broschüre nicht erkennen. Zudem fehle das große Thema Merchandising - also zum Beispiel Vorgaben zu fair und am besten vor Ort produzierten Fanartikeln und Trikots und Verwendung von Recyclingmaterial.

Klimafreundliche Mobilität ist das wichtigste Thema 

Klimafreundliche Mobilität wird dabei die größte Stellschraube sein, denn rund 70 Prozent der CO2-Emmissionen entstehen bei Großveranstaltungen durch die An- und Abreise der Stadionbesucher. "Das haben DFB und UEFA erkannt, dass das ein Mega-Thema ist." Alle Emissionen sollen im Zuge einer Klimabilanz erfasst und gemessen werden - doch auch hier bliebe die Broschüre vage.

Die Fokussierung auf die Kernthemen und Handlungsfelder sei gut, so Fischer gegenüber der DW, aber nun müsste es schnellstmöglich verbindlich und konkret werden - ähnlich wie der WM 2006 in Deutschland, als es weit früher als ein Jahr vor dem Ereignis bereits das verpflichtende  Green-Goal-Konzept gab. Dieses war verbindlich und wurde auch umgesetzt, weil es von der FIFA so vorgegeben wurde.

Bessere Voraussetzungen als bei der WM 2006

Im Vergleich zur WM 2006 gebe es heute ein noch besser ausgebautes Nahverkehrssystem und stabilere Zugverbindungen, erklärt Fischer, auch beim Einsatz von Ökostrom und zum Beispiel E-Busshuttles gebe es deutliche Fortschritte. Aber so langsam rinnt die Zeit dahin, mahnt Fischer. "Wir brauchen ein klares Dachkonzept, das den Spielstätten klare Vorgaben macht, wie vor Ort nachhaltig die EM durchgeführt werden muss. Das fehlt mir komplett."

Jemand nimmt sich Wasser für die Wasserflasche aus einem Trinkbrunnen
Wegen der zu erwartenden Hitze sollen in den Host Cities Trinkbrunnen aufgestellt werdenBild: Shotshop/dpa/picture alliance

Konkrete Maßnahmen wären zum Beispiel ein nationales Kombiticket, das die kostenlose Anreise per Bus und Bahn mit den Eintrittstickets kombiniert. Die Nationalmannschaften könnten als Vorbilder fungieren und auf Inlandsflüge verzichten und stattdessen mit dem Zug anreisen. Denkbar wären auch Mobilitäts-Apps, die Anreisende intelligent zu den Spielstätten leiten, die Einrichtung von mehr Fahrradparkplätzen, Bereitstellung von E-Bikes und Autoverbote in Stadionnähe während der Spiele, dazu Park-and-Ride-Systeme.

All das müsste aber noch mit den Ausrichterstädten vereinbart werden. "Mir wird ehrlich gesagt angst und bange, dass das Dachkonzept noch nicht veröffentlicht worden ist", so Fischer. "Das ist alles wirklich dünn und das bereitet mir Sorge." UEFA und DFB müssten jetzt schnell liefern, denn so seien alle Vorhaben beim Thema Nachhaltigkeit reine Lippenbekenntnisse.