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Fußballer Nasr-Azadani in Iran vor Exekution

Farid Ashrafian
19. Dezember 2022

Das Mullah-Regime in Iran plant offenbar die Hinrichtung des Fußballprofis Amir Nasr-Azadani. Auch Ashkan Dejagah sitzt in Iran wegen seiner Solidarisierung mit den Protestlern fest.

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Iran Proteste, Amir Nasr-Azadani steht angeblich auf Todesliste
Fußballer Amir Nasr-Azadani steht angeblich auf TodeslisteBild: AFP

Während die massive Protestbewegung der Menschen in Iran gegen die theokratisch-diktatorische Staatsführung des Landes inzwischen im vierten aufeinander folgenden Monat kontinuierlich voranschreitet, schraubt das Regime unaufhörlich weiter an der brutalen Unterdrückung der eigenen Bürger.  

Das immense Ausmaß der Repressionen gegen die Freiheitsbewegung spiegelt sich auch durch Formulierung unnachvollziehbarer Anklagen nebst grausamen Justizurteilen gegen politische Inhaftierte wider. Unter den schätzungsweise 20.000 Gefangenen, die wegen ihrer Teilnahme an Demonstrationen gegen das Mullah-Regime während der letzten drei Monate festgenommen worden sind, befinden sich auch zahlreihe namhafte Sportler.

Nach der öffentlichen Hinrichtung des 23-jährigen Ringers Madschidreza Rahnavard (Anm. d. Red.: durch Erhängen an einem Baukran in der Großstadt Maschhad am 12. Dezember), ist nun auch der Profifußballer Amir Nasr-Azadani (26) vom gleichen Schicksal bedroht. Dem ehemaligen U21-Nationalspieler Irans, der zuletzt beim iranischen Zweitligisten Iranjavan FC unter Vertrag stand, wird unter anderem "Aufruhr gegen die Behörden" und "Krieg gegen Gott" vorgeworfen.

Die Auslegung des in der Islamischen Republik herrschenden Strafgesetztes sieht hierfür die Todesstrafe vor. Die Urteilsverkündung erfolgte nur wenige Tage nach der Verhaftung des Fußballers am 18. November und jenseits rechtstaatlicher Prinzipien. Der Profifußballer hatte zudem keinen rechtlichen Beistand. Menschenrechtsaktivisten zufolge errang die Mullah-Justiz unter Folter Zwangsgeständnisse von Nasr-Azadani.

Weltweite Solidarität mit Nasr-Azadani

Die Gewerkschaft der Berufsfußballer, FIFPro, reagierte empört auf die mögliche Hinrichtung von Amir Nasr-Azadani. Das Urteil habe FIFPro "schockiert und angewidert", denn Nasr-Azadani habe sich "für die Rechte der Frauen und die grundlegenden Freiheiten in seinem Land eingesetzt".

Unterdessen hat der Bundestagsabgeordnete Andreas Larem die politische Patenschaft für Amir Nasr-Azadani übernommen. Aus der Sicht des SPD-Politikers solle "offensichtlich ein Exempel statuiert werden, um die Protestbewegung zum Erliegen zu bringen."

Der Darmstädter Politiker betont: "Wir können nicht eine ganze Generation, die für Menschenrechte und Freiheit eintritt, im Gefängnis verrotten lassen oder zusehen, wie einer nach dem anderen hingerichtet wird." Larem fordert "die sofortige Freilassung von Amir Nasr Azadani und der anderen Verurteilten".

Auch zahlreiche Profifußballer aus aller Welt solidarisieren sich mit Nasr-Azadani. Bekannte Unterstützer sind unter anderem die Nationalspieler Uruguays Luis Suarez, Ronald Araujo und Diego Godín, der kolumbianische Nationalfußballer Radamel Falcao und der spanische Profi Marc Barta.

Ebenfalls bekundet die internationale Musikszene ihre Unterstützung für Nasr-Azadani. Die Pop- und Rock-Sängerin Shakira unterstreicht in einem Tweet: "Der Kampf für Gleichheit und Menschenrechte muss gewürdigt und nicht bestraft werden. Ich stehe solidarisch hinter Amir Nasr-Azadani."

Ashkan Dejagah in Iran festgehalten

Die Welle der Unterdrückung der Sportler in Iran hat unlängst auch den ehemaligen deutschen U21-Nationalspieler Ashkan Dejagah mit voller Wucht erfasst. Der U21-Europameister von 2009 steht in dieser Saison beim iranischen Verein Foolad FC Khuzestan unter Vertrag. Gegen den Deutsch-Iraner wurde im November ein Ausreiseverbot aus dem Iran verhängt, weil er einige Tage zuvor an einer Freiheitskundgebung von Protestierenden gegen die iranische Staatsmacht am Brandenburger Tor in Berlin teilgenommen hatte.

Ashkan Dejagah im Trikot der iranischen Nationalmannschaft
Ashkan Dejagah im Trikot der iranischen NationalmannschaftBild: Getty Images/AFP/K. Desouki

Zudem teilte sein Berater Reza Fazeli via Twitter mit, dass sein Klient wegen des Ausreiseverbots nicht am Trainingslager seiner Mannschaft in Dubai teilnehmen dürfe, da er den Angehörigen der zuletzt durch das Regime Getöteten sein Beileid bekundet haben soll.

Dem regimenahen Nachrichtendienst mashreghnews zufolge soll der ehemalige Profi der Berliner Hertha und des VfL Wolfsburg festgenommen worden sein und gegenwärtig in Haft sitzen.

Doch was bezwecken die Diktatoren im Mullah-Regime mit der weiteren Eskalation der Repressalien im Land? Der in Berlin lebende iranische Taekwondo-Profi Kasra Mehdipournejad erkennt im Gespräch mit der Deutschen Welle dafür plausible Hintergründe: "Die Islamische Republik will mit der Festnahme nebst Hinrichtung von Sportlern Angst und Schrecken unter der Bevölkerung verbreiten. Kritik an der Staatsführung wird als Feindschaft gegenüber Gott eingestuft und mit Hinrichtung bestraft."

An die Adresse von Staatschef Ali Khamenei richtet Mehdipournejad die süffisante Frage: "Seit wann haben Sie denn eigentlich Gottesstatus, woraus Sie solche Befähigungen ableiten Justizurteile dieses Kalibers auszustellen?"

Wie kann jedoch andererseits die internationale Weltgemeinschaft angemessen auf den vorherrschenden Terror im iranischen Mullah-Staat reagieren und der willkürlichen Gewalt der islamischen Machthaber Einhalt gebieten? Der iranisch-stämmige Mainzer Menschenrechtsaktivist Mehdi Jafari Gorzini erklärt hierzu gegenüber der Deutschen Welle: "Die Liste der verhafteten und hingerichteten Sportler:innen in Iran ist lang. Die gesamte Sportwelt sollte sich mit bedrohten Sportlerinnen und Sportlern in Iran solidarisieren."

Aus der Sicht des Mainzers habe zudem eine nachhaltige "Boykottierung aller iranischen Sportverbände - als Zeichen der Solidarität - eine Signalwirkung".