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Reise

Schwarzwald: Gegen den Corona-Blues

Anja Steinbuch
2. Juli 2020

Kuckucksuhren, Kirschtorte und Bollenhüte sind seit Jahren weltweite erfolgreiche Werbeträger für den Schwarzwald. Doch in diesem Sommer bleiben die Touristen aus Asien aus. Neue Konzepte sind gefragt.

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Sonnenuntergang im Schwarzwald
Bild: Klaus Hansen

Rauschende Wasserfälle, große Seen und tiefe Schluchten – das sind nur einige Attraktionen für Besucher im Schwarzwald. Die Beliebtheit des größten deutschen Mittelgebirges reicht weit über die Landesgrenzen hinaus. Vor allem Besucher aus Asien machten in den letzten Jahren auf ihrer Europa-Tour gerne Halt in dieser Bilderbuch-Landschaft.

Doch in diesem Reisejahr bleiben wegen der Corona-Pandemie und den weltweiten Reisebeschränkungen viele Betten in den Pensionen, Hotels und anderen Herbergen zwischen Pforzheim und Freiburg frei.

Hansjörg Mair, Geschäftsführer Schwarzwald Tourismus, rechnet mit 20 bis 30 Prozent weniger Urlaubern als im Vorjahr. "Jeder vierte Tourist kam bisher aus dem Ausland. Diese Reisenden werden unseren Gastgebern und den damit verbundenen Betrieben fehlen."

Neue Zielgruppe: Urlauber aus Deutschland

Langsam kehren die Gäste aus dem europäischen Ausland zurück, vor allem aus Frankreich und den Niederlanden. Aber die Gäste aus Asien bleiben komplett weg. "Davon betroffen sind hauptsächlich Stadthotels, Busunternehmen und Reiseführer", erläutert Mair.

Porträt Hansjörg Mair
Setzt alles auf die Deutschlandkarte: Hansjörg Mair, Chef des Schwarzwald TourismusBild: Schwarzwald Touristik

Die betroffenen Gastgeber versuchen nun, Zielgruppen aus Deutschland ansprechen und sich auf deren Bedürfnisse fokussieren. Zum Beispiel, indem sie weniger Selfie-Attraktionen im Programm haben, dafür aber mehr Natur-Erlebnisse.

Mair ist trotz der vielen Herausforderungen optimistisch. Die Augen des dynamischen Mittfünfzigers leuchten, wenn er von "seinen Touristikern" spricht. Er bringt Hoteliers und Lokalpolitiker an einen Tisch, vermittelt zwischen Gastronomen und Kulturschaffenden. Mit Erfolg. Schnell und im Schulterschluss hatten sich die Gastgeber im Südwesten auf eine Neustart-Strategie geeinigt. Die Kampagne "Kuckuck Schwarzwald" ging bereits Pfingsten mit vielen Öffnungen und Angeboten an den Start.

Übernachten im Baumhaus oder im Wiesenbett? Kein Problem im Schwarzwald: In Bad Herrenalb bei Karlsruhe und in Buchenbach bei Freiburg stehen diese ungewöhnlichen Schlafmöglichkeiten. Ruhe, Frische und malerische Natur gibt es im Schwarzwald immer gratis. Die Region ist mit einer Fläche von 6000 Quadratkilometern das größte und höchste zusammenhängende Mittelgebirge in Deutschland. Hier finden Besucher genug Möglichkeiten, um zum Beispiel beim Wandern in aller Ruhe eine Corona-Auszeit zu nehmen.

Der Schwarzwald hat mehr zu bieten als die Klischees von Kuckucksuhren, Kirschtorte und Bollenhut. Davon ist auch Gastgeberin Iris Schmid überzeugt. Sie empfängt in ihren beiden Hotels - das Elzland Hotel Pfauen (63 Zimmer) und Elzland Hotel 9 Linden (31 Zimmer) im Oberprechtal und in Elzach bei Freiburg - bereits seit Ende Mai wieder Gäste aus ganz Deutschland und aus der Schweiz.  Das 4-Sterne Hotel Pfauen mit Schwimmbad und angeschlossenem Gesundheitszentrum und das 9Linden, das sich für aktive Wanderer eignet, die den Clash aus Tradition und Moderne lieben, waren gerade mal ein Jahr alt, als der Lockdown sie zur Vollbremsung zwang. Schmid hielt durch, pflegte mit ihrem Team die Gärten und Außenbereiche ihrer Häuser und öffnete Ende Mai wieder. Ihr ist ein Stein vom Herzen gefallen, als sie erfuhr, dass sie ihre Häuser mit 100 Prozent belegen darf und auch den Wellnessbereich unter Hygiene-Auflagen wieder öffnen kann.

Porträt Iris Schmid
Hoteldirektorin Iris Schmid trotz mit Wellness-Angeboten der KriseBild: Elzland Hotel

Nachhaltige Reiseziele im Trend

Corona-Blues? Keine Spur bei der erfahrenen Hoteldirektorin: "Wir befinden uns in einer sicheren und erholsamen Ecke Deutschlands, und das wird sich langfristig bemerkbar machen. Immer mehr Gäste setzen auf nachhaltige Reiseziele." Die Nachfrage nach Aufenthalten mit Basenfasten und ähnlichen Angeboten bestätigen das. "Wir haben viele Gäste, die im Schwarzwald aktiv sein wollen, biken und wandern wollen." Schmid hat mit ihrem hauseigenes Hygiene-Team ein Konzept erarbeitet, wie sie die Corona-Auflagen umsetzen. Das Frühstücksbuffet wird trotz allem aufgebaut und von Angestellten serviert. "Wir haben uns wieder hineingetastet in den Tourismus." Aktuell bezeichnet sie ihre Häuser als "gut gebucht, mit Luft nach oben".

Der Schwarzwald hat kulturell, sportlich und für Familien einiges in petto: Bootsfahrten auf dem landschaftlich schönen Titisee oder Adrenalin geladene Stunden im Europapark Rust – das alles ist auch im Sommer 2020 möglich. Der Europapark verkauf die Tickets online und hat eine Corona-Abstandsmesser-App für social distance eingeführt. Park-Chef Roland Mack will vorerst maximal 15 .000 Besucher pro Tag in den Freizeitpark einlassen. In normalen Zeiten pilgern an starken Tagen 45 .000 Achterbahn-Fans nach Rust. "Wir möchten kein neuer Infektionsherd werden", so Mack. Die Gesundheit der Mitarbeiter und Besucher stehe über allen anderen Interessen. Ob die angepeilten Zahlen auf Dauer zu halten sind, muss sich zeigen.

Spaß garantiert: Europapark Rust

"Wer die Hygienevorschriften beachtet, kann in diesem Sommer im Schwarzwald alle Attraktionen in der Natur, in Museen und Geschäften nutzen, Großveranstaltungen ausgenommen", verspricht Hansjörg Mair vom Tourismusverband . Das Business rund um den Tourismus hat im vergangenen Jahr mehr als 7,5 Milliarden Euro in die Kassen der Betriebe im Schwarzwald gespült und den Gemeinden Steuereinnahmen von fast 168 Millionen Euro gebracht. Rund 500.000 Arbeitsplätze sind hier von den Gästen abhängig. "Wir werden die Verluste, die durch den Lockdown entstanden sind, nicht sofort wieder reinholen, aber dieser Sommer ist eine echte Chance für den Schwarzwald, um zu zeigen, was er kann", so Mair.

Panoramablick über Berge, Wiesen und Wälder
Weitblick, intakte Natur und viel frische Luft: Der Schwarzwald bei BernauBild: Ferienwelt Südschwarzwald/K. Hansen