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PolitikAsien

Hongkong: Nervosität beim Prozess gegen Jimmy Lai

Yuchen Li aus Taipeh
18. Dezember 2023

Dem regierungskritischen Verleger Jimmy Lai wird wegen "Zusammenarbeit mit feindseligen Kräften im Ausland" der Prozess gemacht. Auf dem Prüfstand steht auch die Rechtsstaatlichkeit in Hongkong.

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China Hongkong | Prozess Jimmy Lai
Angeklagter Jimmy LaiBild: Tyrone Siu/REUTERS

Das Polizeiaufgebot vor dem Gerichtsgebäude in Hongkong war am Montagvormittag besonders groß. Dutzende Menschen standen Schlange, um einem Prozess beizuwohnen, in dem es auch um die Rechtsstaatlichkeit in Hongkong geht. Im Zentrum steht der 76-jährige Angeklagte Jimmy Lai. Er war Herausgeber der regierungskritischen Tageszeitung Apple Daily, die 2020 eingestellt wurde.

Seit 2020 sitzt Lai in Haft. Die Hongkonger Justiz klagt ihn jetzt auf der Grundlage eines international kontroversen Gesetzes über die Staatssicherheit in Hongkong an. Das Gesetz wurde 2020 vom Pekinger Nationalen Volkskongress trotz der eigentlich zugesagten Selbstverwaltung Hongkongs durch Hongkonger erlassen. Es löste Massenproteste in Hongkong aus, die aber erfolglos blieben.

Lai wurde Zusammenarbeit mit feindlichen ausländischen Kräften und die Veröffentlichung aufrührerischer Informationen zur Last gelegt. Er selbst bestreitet die Vorwürfe.

Hongkong Prozess Gericht Jimmy Lai
Lais Unterstützer vor Gericht am Montag (18.12.23)Bild: Vernon Yuen/AP Photo/picture alliance

Ein Schauprozess, sagt Sebastien Lai, Sohn des Angeklagten. Peking wolle unabhängige Stimmen in Hongkong zum Schweigen bringen. "Dies ist eindeutig ein Mittel, um ganz Hongkong in Angst und Schrecken zu versetzen, damit man sich nicht mehr für die Demokratie einsetzt und sich nicht mehr traut, die Zentralregierung zu kritisieren", sagt er gegenüber DW.

Peking als unsichtbarer Drahtzieher

Der Prozess gegen Lai wird voraussichtlich ohne Geschworene eröffnet und könnte bis zu 80 Tage dauern. Lai droht lebenslange Haft. Gesundheitlich befindet sich Lai nach Auskunft seiner Familie in einer schlechten Verfassung. "Ich mache mir Sorgen, dass mein Vater im Gefängnis sterben wird", sagt Sohn Sebastian besorgt.

Lai sitzt schon über drei Jahre hinter Gittern. Sein Antrag auf Haftverschonung auf Kaution wurde abgelehnt. Er durfte auch keinen ausländischen Anwalt beauftragen. Zwar hatte der Oberste Gerichtshof Hongkongs den von Lai gewählten britischen Verteidiger grundsätzlich zugelassen. Dann aber beantragte das Justizministerium von Hongkong eine Prüfung durch den Nationalen Volkskongress in Peking, der den Ball an den Verwaltungschef von Hongkong weiterspielte. Der von Peking eingesetzte Verwaltungschef lehnte den Anwalt letztlich ab. 

Hongkongs demokratische Opposition verschwindet

Lai selbst ist vorbestraft. In zwei anderen Verfahren wurde er wegen Teilnahme an illegalen Versammlungen zum Gedenken von Todesopfern des Tiananmen-Massakers von 1989 und wegen Betrugs verurteilt.

"Die chinesische Regierung hat alles getan, um Jimmy Lai auszuschalten, damit er vom Bildschirm der Öffentlichkeit verschwindet", sagte Eric Lai, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Georgetown Center for Asian Law (GCAL) in Hongkong, gegenüber DW.

Hongkong: Angriff auf die freie Presse

Forderung nach Freilassung

Internationale Menschenrechtsgruppen und viele Länder fordern die sofortige Freilassung von Lai, der die britische Staatsbürgerschaft besitzt. Letzte Woche traf sich Sebastien Lai mit dem britischen Außenminister David Cameron, der versprach, dass das Land "Jimmy Lai und dem Volk von Hongkong beistehen" werde.

In einer Stellungnahme verurteilt die chinesische Botschaft in London "das beklagenswerte Verhalten britischer Politiker bei der Einmischung in die Rechtsstaatlichkeit in der Sonderverwaltungszone Hongkong, indem sie sich für Jimmy Lai ausspricht, das bösartigste Mitglied der antichinesischen Rebellion gegen die Sonderverwaltungszone Hongkong."

Auch die USA fordern die chinesischen Behörden auf, das Strafverfahren gegen Lai einzustellen. Das kanadische Unterhaus billigte einen "einstimmigen" Antrag, in dem Lais Freilassung gefordert wurde. Schon im Juni beschloss das EU-Parlament einen Antrag, der die Regierung Hongkongs nachdrücklich aufforderte, "Jimmy Lai und alle anderen Vertreter und Aktivisten des prodemokratischen Lagers, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung ausgeübt und ihre Grund- und Menschenrechte wahrgenommen haben, unverzüglich und bedingungslos freizulassen und alle Anklagen gegen sie fallenzulassen."

Kopfgeld auf Hongkong-Aktivisten

China lenkt ab

Am Freitag hat die Regierung in Hongkong eine neue Kopfgeldliste mit fünf ausländischen Aktivisten veröffentlicht, die gegen das Sicherheitsgesetz verstoßen haben sollen. Jurist Eric Lai von der GCAL sagte, dass die Kopfgeldliste ein Mittel sein könnte, um die internationale Aufmerksamkeit abzulenken: "All diese Taktiken der Regierung spiegeln wider, dass sie sehr besorgt über Jimmy Lais Popularität sind."

Nun steht die rechtsstaatliche Ordnung in Hongkong auf dem Prüfstand. Drei Richter wurde vom Verwaltungschef John Lee dem Prozess zugewiesen. Belasteungszeugen werden zugelassen, die selbst in anderen Verfahren angeklagt sind und seit mehr als zwei Jahren in Untersuchungshaft sitzen.

Der Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert.

Mitarbeit: Phoebe Kong aus Hongkong