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Ifo-Index fällt stärker als erwartet

25. Juli 2022

Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich im Juli deutlich verschlechtert. Laut Ifo-Chef Fuest steht Deutschland "an der Schwelle zur Rezession".

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Deutschland | Symbolbild | Coronavirus | Wirtschaft
Bild: Florian Gaertner/photothek/imago images

Die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft hat sich im Juli stärker als erwartet eingetrübt. Der Ifo-Geschäftsklimaindex fiel auf 88,6 Zähler von revidiert 92,2 Punkten im Vormonat, wie das Münchner Ifo-Institut am Montag zu seiner Umfrage unter rund 9000 Managern mitteilte. Das ist der niedrigste Wert seit Juni 2020.

Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich einen Rückgang auf 90,2 Punkte erwartet. "Hohe Energiepreise und drohende Gasknappheit belasten die Konjunktur. "Deutschland steht an der Schwelle zur Rezession", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Die Führungskräfte äußerten sich zu ihrer Geschäftslage und zu den Aussichten skeptischer als zuletzt.

Ökonomen: Mix an Unsicherheiten bleibt bestehen

"Der massive Einbruch des Ifo-Geschäftsklimas spiegelt vor allem die Angst der deutschen Unternehmen vor einer Gaskrise wider. Schließlich dürfte Putin früher oder später wieder am Gashahn drehen, um den Wählern und Politikern den Angstschweiß auf die Stirn zu treiben, damit sie die Ukraine nicht weiter militärisch unterstützten", kommentierte Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, die Daten. "Das Ifo-Geschäftsklima deutet nun wie der Einkaufsmanagerindex klar auf einen Abschwung der deutschen Wirtschaft hin. Wie schlimm es am Ende wird, liegt leider vor allem in Putins Händen."

ifo-Praesident Prof. Dr. Dr. H.C. Clemens Fuest
Ifo-Präsident Clemens Fuest sieht Deutschland "an der Schwelle zur Rezession"Bild: Frank Hoermann/SvenSimon/picture alliance

Alexander Krüger von der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe sieht außerdem die Corona-Dynamik in den kommenden Monaten als Konjunkturrisiko: "Die Rezessionsangst bleibt allgegenwärtig. Der akut weniger drohende Gaslieferstopp ist lediglich eine Momentaufnahme. Ein besseres Investitions- und Konsumklima ist daher nicht in Sicht. Die kräftigen Realeinkommensverluste bleiben ohnehin bestehen. Ein Gaslieferstopp und steigende Corona-Fallzahlen bleiben das zentrale Konjunkturrisiko. Der schwache Euro vergrößert die Kosten- und Inflationssorgen. Derzeit ist völlig unklar, wo eine Konjunkturwende herkommen soll."

Die Angst vor dem Gaslieferstopp

"Vor allem die Furcht vor einem anhaltenden Gaslieferstopp im Zusammenhang mit der Wartung von Nord Stream 1 dürfte zum Umfragezeitpunkt bei vielen Unternehmen die Geschäftsaussichten eingetrübt haben", ordnet Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der staatlichen Förderbank KfW, die Ifo-Zahlen ein. "Der vollständige Lieferstopp ist zunächst zwar ausgeblieben, aber die Unsicherheit über die Energieversorgung bleibt trotzdem gewaltig. Das belastet die Geschäftsaussichten in energieintensiven Industriebranchen, aber auch in konsumnahen Wirtschaftsbereichen. Denn selbst wenn die Gasflüsse aus Russland auf dem aktuellen niedrigen Niveau anhalten, drohen zusätzliche Kaufkraftverluste durch massiv steigende Heizkosten."

Deutschland | Gaskraftwerk in Irsching
Verwundbare Energie-Infrastruktur: Deutsche Gaskraftwerke, wie hier im bayrischen IrschingBild: imagebroker/imago images

Jetzt gelte es, die Investitionsbereitschaft der Unternehmen aufrechtzuerhalten, obwohl in der Vergangenheit auf ähnlich pessimistische Geschäftserwartungen meist Investitionszurückhaltung folgten. "Nur mit Investitionen können die akuten Herausforderungen, wie die seit Kriegsausbruch noch dringendere Energiewende, gemeistert werden. Darin liegen auch Chancen für die Unternehmen, sich rechtzeitig in Zukunftsmärkten zu positionieren", so Köhler-Geib.

Im Frühjahr ist die Konjunktur nach Ansicht der Bundesbank angesichts des Inflationsschubs und der Unsicherheit über die künftige Energieversorgung kaum von der Stelle gekommen. Diese Faktoren lasteten auch im Sommer auf der deutschen Wirtschaft, die laut einer Umfrage von S&P Global bereits im Juli auf Talfahrt gegangen ist.

tko/ hb (rtr, dpa)