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Ifo-Index steigt viertes Mal in Folge

25. Januar 2023

Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich zu Jahresbeginn erneut verbessert. Das Ifo-Geschäftsklima stieg im Januar zum vierten Mal in Folge. Ökonomen warnen trotzdem vor zu viel Optimismus.

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Symbolbild I Arbeitskräftemangel in Deutschland
Bild: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa/picture alliance

Die Stimmung in den Chefetagen deutscher Firmen hat sich nach dem Jahreswechsel den vierten Monat in Folge aufgehellt. Der Ifo-Geschäftsklimaindex stieg im Januar auf 90,2 Zähler von 88,6 Punkten im Vormonat, wie das Münchner Ifo-Institut am Mittwoch zu seiner Umfrage unter rund 9000 Führungskräften mitteilte. Mit den laufenden Geschäften waren die Unternehmen allerdings unzufriedener als im Dezember, die Erwartungen mit Blick auf die nächsten sechs Monate legten hingegen zu. "Die deutsche Wirtschaft startet zuversichtlicher ins neue Jahr", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest.

Mit Blick auf die Konjunkturaussichten werde es wohl weitaus weniger schlimm kommen, als zunächst von den Führungskräften befürchtet, meint Chefökonom Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank: "Das Risiko einer Rezession wird immer geringer." Die Wirtschaft hat hierzulande wieder Wachstum vor Augen, wie aus dem jüngsten S&P Global-Einkaufsmanagerindex hervorgeht. Eine Winter-Rezession könnte Deutschland somit erspart bleiben, da das Bruttoinlandsprodukt von Oktober bis Dezember 2022 nach vorläufigen Erkenntnissen des Statistischen Bundesamts im Vergleich zum Vorquartal stagnierte.

Auch die Bundesregierung erwartet in ihrem anstehenden Jahreswirtschaftsbericht keine Rezession. Wie die Nachrichtenagentur Reuters von Insidern erfuhr, rechnet sie 2023 nun mit einem Wachstum von 0,2 Prozent, nachdem im Oktober noch ein Minus von 0,4 Prozent veranschlagt wurde. 

Verbesserte Stimmung quer durch die Branchen

Im Verarbeitenden Gewerbe verbesserten sich sowohl die Bewertung der aktuellen Lage als auch die Erwartungen an die kommenden Monate, wie das Ifo weiter mitteilte. Die Aufträge werden demnach abgearbeitet, der Auftragsbestand sei aber weiter auf hohem Niveau. In den kommenden Monaten soll daher die Produktion steigen.

Deutschland Wintereinbruch
Logistikbranche: Erwartungen besser als laufendes Geschäft Bild: Sebastian Kahnert/picture alliance/dpa

Im Dienstleistungssektor verbesserten sich vor allem die Erwartungen. Das laufende Geschäft hingegen entwickle sich "weniger gut", teilte das Institut mit. Das gelte vor allem für die Branchen Transport und Logistik sowie für das Gastgewerbe.

Im Handel stiegen ebenfalls vor allem die Erwartungen. Aber auch die aktuelle Lage bewerteten die Firmen weiterhin "leicht positiv", erläuterte das Ifo.

Auch im Bauhauptgewerbe habe sich das Geschäftsklima "geringfügig" verbessert. Mit den laufenden Geschäften seien die Unternehmen zwar etwas weniger zufrieden als im Dezember. Ihre Erwartungen an die kommenden Monate aber seien "etwas weniger pessimistisch".

Wettbewerbsfähigkeit rückt in den Vordergrund

"Die Winterkrise findet wohl weiterhin nicht statt. Stattdessen wird sich die Diskussion mehr und mehr auf die langfristige Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland fokussieren. Bei den Rahmenbedingungen für die Unternehmen hat sich in Deutschland großer Reformbedarf aufgebaut", kommentierte Ulrich Kater, der Chefvolkswirt der Dekabank, die Ifo-Daten.

Für den Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, ist die Gefahr einer Rezession aber noch nicht ganz gebannt. "Das Ifo-Geschäftsklima hat sich deutlich erholt, weil die Entspannung am Gasmarkt die Angst der Unternehmen vor einer schweren Rezession weiter schwinden ließ. Aber das Ifo-Geschäftsklima befindet sich noch immer auf einem Niveau, bei dem es in der Vergangenheit regelmäßig Rezessionen gab. Außerdem mussten die Zentralbanken in vielen Ländern wegen der hohen Inflation ihre Leitzinsen massiv anheben. Eine milde Rezession bleibt das wahrscheinlichere Szenario."

Für Alexander Krüger vom Bankhaus Hauck Aufhäuser Lampe bestehen weiter "hohe Rückschlaggefahren durch die jeweilige Corona-Lage in China."

Auch Jens-Oliver Niklasch von der LBBW drückt auf die Euphoriebremse: "Man sollte jetzt nicht zu schnell zu optimistisch werden, nur weil der befürchtete Absturz ausgeblieben ist. Offenbar hat das eine oder andere Unternehmen wachsende Schwierigkeiten mit dem Dreiklang aus hohen Energiepreisen, gestörten Lieferketten und steigenden Zinsen zurechtzukommen. Vielleicht macht sich auch der Rückgang der Neuaufträge im zweiten Halbjahr schon bemerkbar."

Deutschland Deutsche jährliche Inflationsrate bei 10 % im September
Hohe Preise für Energie und Lebensmittel drücken den privaten VerbrauchBild: Jin Mamengni/Xinhua/IMAGO

Privater Konsum niedriger

Nach Prognose des Ifo-Instituts wird die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal trotz der deutlich aufgehellten Konjunkturerwartungen schrumpfen. "Das Bruttoinlandsprodukt dürfte leicht sinken", sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe, am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. "Das liegt vor allem am privaten Konsum." Der dürfte von Januar bis März niedriger ausfallen als zum Jahresende 2022 - auch wegen Vorzieheffekten.

So seien im Dezember sehr viele Elektroautos abgesetzt worden, da die Käufer noch in den Genuss der staatlichen Prämie kommen wollen. "Diese Nachfrage fehlt nun", sagte Wohlrabe. Zudem müssten viele Verbraucher ab Jahresbeginn deutlich mehr für Strom und Gas bezahlen. "Das Geld fehlt für andere Ausgaben."

Eine klassische Rezession - die Ökonomen mit zwei Minus-Quartalen in Folge definieren - sieht der Ifo-Experte aber nicht auf Europas größte Volkswirtschaft zukommen. "Im Frühjahr dürfte die Wirtschaft wieder wachsen", sagte er. 

Auf ein besseres Abschneiden der deutschen Wirtschaft in den kommenden Quartalen lassen unter anderem die sinkenden Materialengpässe hoffen. Weniger als jedes zweite Unternehmen klagte im Januar noch über Lieferengpässe. "Zudem sind die Auftragsbücher der Industriebetriebe immer noch sehr gut gefüllt", sagte Wohlrabe. Deren Reichweite liege bei knapp fünf Monaten, der langjährige Schnitt dagegen bei weniger als drei. "Das schafft Raum für Produktionssteigerungen in den kommenden Monaten", sagte Wohlrabe.

tko/hb (rtr, afp)