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Kommentar: Angekommen im Trainer-Olymp

1. Juni 2019

Jürgen Klopp gewinnt mit dem FC Liverpool die Champions League. Doch der Triumph hebt ihn weniger in Liverpool, sondern vielmehr im internationalen Fußball auf das nächste Level meint DW-Redakteur David Vorholt.

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UEFA Champions League Finale | Tottenham Hotspur v FC Liverpool
Bild: Reuters/K. Pfaffenbach

Nein, einen Trainer wie Jürgen Klopp kann man nicht ausschließlich an Titeln messen. Für ihn habe die "Silbermedaille im Trophäenschrank eine echte Relevanz" und er wolle sich weder selber nur an Titeln messen, noch von anderen nur "danach beurteilt" werden, hatte der 51-Jährige jüngst in einer ZDF-Dokumentation gesagt. Und ja, da kann man dem Trainer des Liverpool Football Club - zumindest aus deutscher Sicht - ganz sicher beipflichten.

Dem Trainer, der als Meister der Motivation gilt, als einer, der mit seinen Ansprachen seine Teams dazu bringt, ans Limit und darüber hinaus zu bringen. Dem Trainer, der nicht zufällig bei den beiden Klubs Borussia Dortmund und FC Liverpool seine spektakuläre bisherige Karriere hingelegt hat. Klubs und Orte, an denen die Sehnsüchte und Gefühle der Menschen ganz eng mit dem Fußball verbunden sind. Orte, an denen Fußball mehr als ein Sport ist. Orte, an denen Fußball ein Mythos ist und wo sich Team, Fans und Klub an Klopp aufrichten, ihm blind und bedingungslos folgen und ihn bedingungslos lieben. 

Ein Platz im Trainer-Olymp

An all dem hätte wohl auch eine erneute schmerzliche Niederlage im Finale gegen Tottenham rein gar nichts geändert. Klopp, King of the Kop! Die Liebe und die Begeisterung, die Klopp einst in Dortmund und heute an der Anfield Road in Liverpool entgegenschwappen, kennen keine Bedingungen, kennen keinen Titelzwang. Es ist das Gefühl, alles schaffen zu können, das Klopp den Menschen gibt. Der Glaube, jeden Gegner schlagen zu können ist dabei genauso wichtig, wie der Wille, es auch zu schaffen. Deswegen steht der Anhang auch im Falle der Niederlage bedingungslos zu Klopp. Umso schöner für Anhang und Trainer, dass das dieses Mal nicht nötig war.

UEFA Champions League Finale | Tottenham Hotspur v FC Liverpool
Angespannt: Jürgen Klopp während des Finals gegen TottenhamBild: Getty Images/M. Regan

Klopp hat mit seinem Team den lang ersehnten Titel gewonnen und dann gleich auch noch den wichtigsten überhaupt auf Klubebene. Kloppo, der Trainer, der die Sprache der Liverpool-Anhänger spricht, bliebt er weiter. Doch ist der in Stuttgart geborene Jürgen Norbert Klopp nun auch einer der Trainer, die die Champions League gewonnen haben. Der 51-Jährige tritt damit endgültig ein in den erlauchten Kreis der großen Trainer, der Misters, Maestros und Sirs, der Zidanes, Guardiolas, Hitzfelds, Lippis, Fergusons, Mourinhos und Ancelottis.

Ob dem Volkstribun Klopp das wichtig ist oder nicht: Geschenkt, er ist einer von ihnen. Dass er und sein Team diesen wichtigsten aller Titel in einem Finale mit - vorsichtig ausgedrückt - überschaubarem Niveau und nicht mit kloppschem "Heavy Metal Fußball" errungen haben: Ebenfalls geschenkt. Den Titel wollten sie, den Titel haben sie. Das kann ihnen keiner nehmen, genausowenig wie Jürgen Norbert Klopp seinen Platz im Olymp der großen Fußball-Trainer. 

Die Zukunft gehört Klopp 

Klopp hat seine Ankündigung, binnen vier Jahren mit den Reds einen Titel zu holen, wahr gemacht. Er kann sich also nun auch an Titeln messen lassen. Ob er das will oder nicht, ist von nun an ganz allein seine Entscheidung. Fertig ist "The Boss", wie sie ihn in Liverpool gerne nennen, beim englischen Traditionsklub aber ganz sicher noch nicht. Denn bei aller Ekstase, die in Liverpool in den nächsten Tagen herrschen wird, sollte man eines nicht vergessen: Noch mehr als die Champions League wollen die Reds-Fans endlich wieder einen Meistertitel, den ersten seit 1990, feiern. 

DW Kommentarbild David Vorholt
DW-Redakteur David Vorholt sieht Klopp im Trainer-Olymp, aber keinesfalls am Ende seiner Mission

Dass Jürgen Klopp der Messias ist, der diese Sehnsucht in Liverpool stillen soll und kann, daran glaubt seit seinem Amtsantritt im Oktober 2015 der Großteil der Anhänger. Mit dem Champions-League-Titel in der Hand werden die Hoffnungen, die die Fans in ihn setzen noch einmal steigen. Der FC Liverpool unter Klopp kann im kommenden Jahr englischer Meister werden - das ist sehr realistisch. Sollte ihm das gelingen, werden sie ihm in Liverpool ein Denkmal bauen, vorausgesetzt das passiert nicht schon jetzt. Ihm, Jürgen Norbert Klopp, dem "King of the Kop", der seit dem Abend des 1. Juni 2019 endlich auch ein vollendeter Top-Trainer ist, der sich die Jobs - wenn seine Zeit in Liverpool einmal endet - aussuchen kann.

Bayern, Real Madrid, Juventus Turin oder die Deutsche Nationalmannschaft - wer noch Zweifel hatte, dass dieser Jürgen Klopp Aufgaben in diesen Sphären gewachsen ist, der dürfte eines besseren belehrt worden sein. Die Zukunft gehört Jürgen Klopp. Die unmittelbare Zukunft mit einer exzessiven Party in Liverpool und die ferne Zukunft in der Beletage des europäischen Fußballs - ganz egal, wo.  

DW Kommentarbild David Vorholt
David Vorholt Redakteur, Reporter und Autor in der DW-Sportredaktion