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Politik

Linke Aktivisten zu langer Haft verurteilt

10. Februar 2020

In Russland sind sieben junge Männer wegen Terrorvorwürfen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Menschenrechtler werfen den Behörden vor, den Fall konstruiert zu haben.

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Russland Pensa | Gerichtsprozess zu "Network" Gruppe
Terroristen? Die Angeklagten während der Verhandlung vor einem Gericht in PensaBild: picture-alliance/dpa/TASS/A. Polyakov

Ein Militärgericht in der zentralrussischen Stadt Pensa verhängte  Haftstrafen von sechs bis 18 Jahren, wie einer der Anwälte der Angeklagten mitteilte. Unter anderem war den zwischen 23 und 31 Jahre alten Männern die Gründung eines linksextremistischen "terroristischen Netzwerks" vorgeworfen worden.

Geleitet wurden die Ermittlungen vom Inlandsgeheimdienst FSB, der den 27-jährigen Dmitri Ptschelintsew beschuldigte, die sogenannte "Netzwerk"-Organisation mit dem Ziel gegründet zu haben, die Regierung in Moskau zu stürzen. Zudem habe er versucht, Regierungsbüros und Mitarbeiter anzugreifen.

Russland Moskau | Proteste gegen Gerichtsprozess gegen "Network" Gruppe
Während der Verhandlung hatten Demonstranten vor dem Sitz des Geheimdienstes in Moskau protestiertBild: picture-alliance/dpa/TASS/A. Shcherbak

Fünf weitere Männer wurden der Beteiligung an der Organisation für schuldig befunden. Mehrere Mitglieder der Gruppe wurden außerdem wegen illegalen Waffen- und Sprengstoffbesitzes sowie wegen versuchten Drogenhandels verurteilt.

Die Angeklagten, die 2017 und 2018 verhaftet worden waren, hatten alle Vorwürfe stets bestritten. Sie gaben an, sie seien in der Haft mit Elektroden gefoltert und geschlagen worden, um ein Geständnis abzulegen. Zusammen mit ihren Anwälten hatten sie den Behörden vorgeworfen, den Fall ausgearbeitet zu haben.

Aus dem Kreml hieß es dazu, Präsident Wladimir Putin habe sich den Fall "bei mehreren Gelegenheiten" angesehen und Beamte beauftragt, sicherzustellen, dass "alles mit dem Gesetz übereinstimmt".

Memorial: politische Gefangene

Die Menschenrechtsorganisation "Memorial" bezeichnete die Verurteilten als linke Aktivisten und Antifaschisten und erklärte, bei ihnen handele es sich um politische Gefangene. Das vorliegende Urteil sei "ungeheuerlich".

Im Vorfeld hatten fast 50.000 Menschen eine Petition unterzeichnet, in der sie das Ende der Untersuchungen verlangten. "Alles in diesem Fall ist erfunden", hieß es in einem von der Menschenrechtsorganisation "Für Menschen Rechte" veröffentlichten Brief von Angehörigen der Angeklagten.

Unabhängige Medien berichteten, die Anklage habe vor Gericht keine konkreten Beweise vorgelegt.

Der so genannte "Netzwerk"-Fall ist laut Kritikern nicht der einzige, der vom FSB vorangetrieben wurde. Er ähnelt den Vorgängen um die angeblich extremistische Organisation "The New Greatness". Deren Mitglieder werden ebenfalls beschuldigt, einen Sturz der Regierung geplant zu haben.

Russische Polizei stoppt Punkband Pussy Riot

Derweil ging die Polizei in Sankt Petersburg abermals gegen die Punkband Pussy Riot vor, indem sie die Dreharbeiten für ein neues regierungskritisches Video mit dem Titel "Rage" stoppte.

Wie die Musikerin Nadeschda Tolokonnikowa mitteilte, wurde nach einem Einsatz von Polizisten in dem Aufnahmestudio der Strom abgestellt. Der Vorwurf laute, das Video sei illegal, weil es Homosexualität propagiere und extremistisch sei, schrieb die 30-Jährige auf Twitter.

Der Punksong handele vom Widerstand gegen die Machthaber in Russland und gegen Polizeigewalt. Die Punkband veröffentlichte ein Video von dem Polizeieinsatz und kritisierte, dass es in Russland an Kunst- und Redefreiheit fehle. Trotzdem will die Band ihren Film fertigstellen.

uh/qu (afp, rtr,dpa)