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KonflikteFrankreich

Macron sagt Staatsbesuch in Deutschland kurzfristig ab

1. Juli 2023

Es wäre der erste Staatsbesuch eines französischen Präsidenten in Deutschland seit 23 Jahren gewesen. Doch wegen der Unruhen in seiner Heimat verschob Emmanuel Macron die Reise auf unbestimmte Zeit.

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Emmanuel Macron
Die Außenpolitik des französischen Präsidenten Emmanuel Macron muss derzeit warten Bild: Ludovic Marin/REUTERS

Der ab Sonntag geplante dreitägige Staatsbesuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Deutschland sollte den außergewöhnlichen Stellenwert der Beziehungen beider Länder unterstreichen - auch angesichts einiger Missstimmigkeiten in den vergangenen Monaten. Doch am Samstag teilten der Élysée-Palast in Paris und das Bundespräsidialamt in Berlin mit, der Staatschef müsse wegen der innenpolitischen Situation in den nächsten Tagen in Frankreich bleiben.

Macron habe mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier telefoniert und diesen über die Situation in seinem Land unterrichtet, sagte eine Sprecherin Steinmeiers. "Präsident Macron hat darum gebeten, den geplanten Staatsbesuch in Deutschland zu verschieben." Steinmeier bedauere die Absage und habe vollstes Verständnis angesichts der Situation in Frankreich. Er verfolge die Entwicklung mit großer Aufmerksamkeit. Steinmeier hoffe, dass die Gewalt auf den Straßen baldmöglich beendet und der soziale Friede wieder hergestellt werden könne.

Ausgebrannte Busse
In Aubervilliers - nördlich von Paris - wurden in der Nacht zum Samstag Busse in Brand gesetzt Bild: Gao Jing/Xinhua/IMAGO

In Frankreich war es nach dem tödlichen Schuss eines Polizisten auf einen 17-jährigen Autofahrer bei einer Kontrolle am Dienstag nahe Paris in den vergangenen vier Nächten zu massiven Unruhen gekommen. Allein in der vergangenen Nacht wurden mehr als 1300 Menschen festgenommen und 79 Sicherheitskräfte verletzt. An mehreren Orten brannten Polizeiwachen, Rathäuser und Schulen. Supermärkte und Geschäfte wurden geplündert.

Es ist bereits der zweite Staatsbesuch, den Macron wegen Unruhen in seiner Heimat absagen muss. Erst im März war der neue britische König Charles III. wegen der Proteste gegen die Rentenreform in Frankreich wieder ausgeladen worden. Auch hier steht ein neuer Termin noch nicht fest.

Ludwigsburg, Berlin und Dresden standen auf dem Programm

Der Staatsbesuch war für den 2. bis 4. Juli geplant und von langer Hand vorbereitet worden. Macron wollte Ludwigsburg, Berlin und Dresden besuchen. 60 Jahre nach dem bilateralen Freundschaftsvertrag sei es wichtig, einen Moment innezuhalten und darüber zu sprechen, "was man aneinander hat", hieß es von Bundesregierung, Präsidialamt und Élysée-Palast vor der Absage.

Ein Staatsbesuch ist mit hohem protokollarischen Aufwand verbunden und gilt daher als seltene Ehre. Vorgesehen sind etwa ein Empfang mit militärischen Ehren, der im Ludwigsburger Schloss geplant war, sowie ein Staatsbankett. Dies wollte Steinmeier im Garten von Schloss Bellevue ausrichten. Eingeladen waren dazu auch 60 junge Menschen aus Deutschland, Frankreich und der Ukraine, die derzeit in Berlin an einem Zukunftscamp teilnehmen. Vor der Dresdner Frauenkirche wollte Macron eine Grundsatzrede zu den deutsch-französischen Beziehungen halten. 

Der Neumarkt mit der Frauenkirche in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden
Der Neumarkt mit der Frauenkirche in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden Bild: picture alliance/dpa

Kritiker hatten in dem geplanten Besuch auch einen Versuch gesehen, die zunehmenden Spannungen zwischen beiden Ländern für eine Weile in den Hintergrund zu schieben. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat viele latente Konfliktthemen offen zu Tage treten lassen, wie den Umgang mit Atomenergie und die gemeinsame Verteidigungspolitik.

se/sti (afp, dpa, rtr)