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Ein guter Anfang für die Ampel, mehr nicht

Scholz Kay-Alexander Kommentarbild App
Kay-Alexander Scholz
18. Oktober 2021

Auf dem Weg zur neuen Regierung: Die FDP hat den Weg für Koalitionsverhandlungen mit der SPD und den Grünen freigemacht. Bislang lief vieles gut, findet Kay-Alexander Scholz. Aber einfach wird es trotzdem nicht.

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Fünf Personen, die vor Mikros stehen
Pressekonferenz nach Ampel-Sondierungsgesprächen vergangene Woche: Wie lange wird der Einklang halten?Bild: CHRISTOF STACHE/AFP

Der Auftakt ist gelungen. Nicht einmal einen Monat nach der Bundestagswahl haben Sozialdemokraten (SPD), Liberale (FDP) und Grüne die Phase der sogenannten Sondierung erfolgreich beendet. Während dieser Gespräche wird ausgelotet, ob es genügend Gemeinsamkeiten gibt, um in die offiziellen Koalitionsverhandlungen einzusteigen. Die gibt es nun also. Weihnachten als Zielmarke für eine neue Regierung scheint im Bereich des Machbaren. Eine lange Hängepartei könnte Deutschland, aber auch der EU und anderen internationalen politischen Akteuren erspart bleiben.

Und noch eine gute Nachricht … bevor dann ein großes "Aber" folgt.

Wie versprochen war die Regierungsbildung bis jetzt kein medial ausgetragener Jahrmarkt der Eitelkeiten. Erinnert sei an die letzten Male, als die Medien ständig exklusiv mit Interna gefüttert wurden. Oder als auf gut einsichtbaren Balkonen der Tagungsorte Theater mit wechselnder Besetzung gespielt wurde.

Dieses Mal nun: Disziplin. Das vermittelt Solidität. Doch so stabil sind die Verhältnisse gar nicht.

Es ist nicht alles gold, was glänzt

DW-Redakteur Kay-Alexander Scholz
DW-Hauptstadtkorrespondent Kay-Alexander Scholz

Die Impfquote ist in Deutschland nicht so hoch wie in anderen EU-Staaten - der Pandemie-Verlauf im kommenden Winter offen. Die Autarkie bei der Energie-Erzeugung durch regenerative Energien wird zwar immer lauter beschworen, aber die Hardware ist noch völlig unzureichend. Stattdessen steigt erst einmal die Abhängigkeit von russischem Gas. Die neben der SPD zweite traditionelle Volkspartei CDU steckt in der größten Krise ihrer Geschichte. Das bringt jahrzehntelange Gewissheiten im Miteinander an der Basis in den Kommunen ins Schwanken.

Das Bündnis der Drei, "Ampel" genannt, tritt als "Zukunftskoalition" an. Doch es hat erst einmal viele sehr aktuelle Aufgaben zu meistern. Ganz abgesehen von der Frage, wie die Pläne finanziert werden sollen. Die deutsche Corona-Rettungspolitik fiel sehr großzügig aus, kostete 'zig Milliarden. Viele Finanz-Polster sind geschrumpft.

Eine Dreier-Koalition im Bund ist völlig neu

Viel wird derzeit von einem neuen Miteinander gesprochen. So nett das klingen mag - es ist zunächst einmal ein Fakt. Denn zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik soll es auf  Bundesebene eine Dreier-Koalition geben. Zwar können die Akteure auf gewisse Erfahrungen aus Regierungen auf Landesebene zurückgreifen. Doch Kompromisse zu finden, wird zwischen drei Parteien eben nicht einfacher. Zudem es beim Verhandeln keinen übermächtigen Partner gibt. Schließlich sind FDP und Grüne zusammen genauso stark wie die SPD.

Hinter den zukünftigen Akteuren in der ersten Reihe stehen zudem mächtige Parteien verschiedener Werte-Linien - zum Beispiel in der Steuerpolitik. Intern, in den Parteien agieren Flügel, Fraktionen und Machtzentren, die Entscheidungen mittragen müssen. Das sind Mitspieler, die manchmal ganz eigene Dynamiken erzeugen können.

Wie sich gerade in Berlin zeigt, wo parallel ein neuer Senat gewählt wurde. Dort trat Franziska Giffey von der SPD mit der Aussicht an, eine recht bürgerliche Koalition bilden zu wollen, also mit CDU und/oder FDP. Nun musste sie sich dem Druck aus der eigenen Partei beugen - und strebt eine Neuauflage des Links-Bündnisses mit Grünen und Linkspartei an.

In den nun beginnenden Koalitionsverhandlungen geht es auch darum, wer welches Regierungsressort bekommt. Vor allem das Finanzressort gilt als Schlüsselressort. Hier beginnt der wirkliche Kampf um die zukünftige Macht beim Regieren. Und hier wird sich zeigen, ob die vielbeschworene Solidität und Solidarität das aushält. 

Wie viel Veränderung braucht Deutschland?