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KonflikteIsrael

Netanjahu: Krieg gegen die Hamas geht bis zum Sieg weiter

Veröffentlicht 17. Dezember 2023Zuletzt aktualisiert 17. Dezember 2023

Israels Regierungschef Netanjahu will die Bodenoffensive gegen die terroristische Hamas in Gaza unvermindert fortsetzen - trotz zunehmender Proteste auch in seinem Land.

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Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vor einer israelischen Flagge
Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu will den Druck auf die Hamas nicht lockern Bild: Ronen Zvulun/AP Photo/picture alliance

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat seine Entschlossenheit bekräftigt, den Krieg gegen die militant-islamistische Palästinenserorganisation Hamas im Gazastreifen fortzusetzen. Israel, die EU, die USA und andere Länder stufen sie als Terrororganisation ein. Dieser militärische Druck sei notwendig, um die Rückkehr der verbliebenen Geiseln und den "Sieg über unsere Feinde" zu erreichen, betonte Netanjahu in einer Pressekonferenz in Tel Aviv. "Wir sind entschlossener denn je, bis zum Ende weiterzumachen, bis wir die Hamas vernichtet und alle unsere Entführten zurückgebracht haben", sagte Netanjahu.

Seit der versehentlichen Erschießung von drei Geiseln durch israelische Soldaten am Freitag im Gazastreifen haben die Appelle an die israelische Regierung, auf eine Freilassung der Verschleppten hinzuwirken, nochmals an Dringlichkeit zugenommen. Die versehentliche Tötung der drei Männer hat in Israel Entsetzen ausgelöst. Erste Untersuchungen des Militärs ergaben, dass die drei im Alter zwischen 25 und 28 Jahren "einige Dutzend Meter" vor einer israelischen Armeestellung im Norden des Gazastreifens aufgetaucht waren. Sie gingen nach Angaben des Militärs mit einer behelfsmäßigen weißen Fahne und freiem Oberkörper auf die Soldaten zu, was von letzteren aber als Bedrohung wahrgenommen wurde. Daraufhin sei das Feuer auf die drei Männer eröffnet worden.

Geisel-Angehörige und Unterstützer demonstrieren - im Hintergrund eine große Tafel, die jede Minute zählt, die die Geiseln verschleppt sind
Mehr als 70 Tage und zehn Stunden sind die Geiseln bereits in der Hand der Hamas - Kundgebung am Samstagabend in Tel Aviv Bild: Maja Hitij/Getty Images

"Wir nehmen wieder und wieder tote Geiseln in Empfang", beklagte Noam Perry, deren Vater Haim Perry sich noch in der Händen der Hamas befindet, am Samstagabend bei neuen Protesten in Tel Aviv. Freigelassene Geiseln, Angehörige von Verschleppten sowie Hunderte Unterstützer demonstrierten dort ein weiteres Mal für ein Freikommen der verbliebenen Geiseln in Gaza. Sie forderten Netanjahu auf, mehr für die Rettung der nach israelischen Angaben noch 112 verschleppten Menschen zu tun. Redner verlangten, umgehend einen Plan für Verhandlungen über deren Freilassung vorzulegen. Die Teilnehmer der Demonstration zogen nach der Kundgebung vor dem Museum für Kunst - das Areal gilt seit Oktober als "Platz der Geiseln" - zum nahe gelegenen Verteidigungsministerium, wo das Kriegskabinett um Netanjahu tagte. Sie trugen ein großes Banner mit der Aufschrift: "Holt sie jetzt nach Hause".

Ein Mann steht vor einem Mikrofon und hält eine Sanduhr in die Höhe - im Hintergrund Fotos der Geiseln
Dieser Vater einer Geisel demonstriert mit einer Sanduhr, dass die Lage für die Verschleppten immer kritischer wirdBild: Alberto Pizzoli/AFP/Getty Images

Appell für "nachhaltige Waffenruhe"

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock und ihr britischer Kollege David Cameron haben zu verstärkten internationalen Anstrengungen für eine "nachhaltige Waffenruhe" im Gazastreifen aufgerufen. "Wir alle müssen alles tun, was wir können, um den Weg für eine nachhaltige Waffenruhe zu ebnen, die zu einem nachhaltigen Frieden führt", verlangten Baerbock und Cameron in einem gemeinsamen Beitrag in der britischen Zeitung "Sunday Times". Je schneller eine solche Waffenruhe komme, desto besser - "der Bedarf ist dringend", betonten die beiden Politiker. In diesem Konflikt seien schon "zu viele Zivilisten gestorben".

Allerdings lehnten beide es ab, von Israel eine "allgemeine und sofortige Waffenruhe" zu verlangen. Dies würde die Gründe ignorieren, warum Israel dazu gezwungen sei, sich selbst zu verteidigen, argumentierten sie. "Die Hamas hat Israel barbarisch angegriffen und feuert immer noch jeden Tag Raketen ab, um israelische Bürger zu töten." Die Hamas müsse "ihre Waffen niederlegen", forderten Baerbock und Cameron.

Auch Frankreich für Waffenruhe

Frankreichs Außenministerin Catherine Colonna plädierte ebenfalls für eine Waffenruhe in Gaza. Paris fordere eine "dauerhafte Feuerpause", sagte Colonna in Tel Aviv nach einem Gespräch mit ihrem israelischen Kollegen Eli Cohen. "Zu viele Zivilisten" seien gestorben. Cohen bekräftigte gleichzeitig die israelische Position, wonach ein Aufruf zu einer Feuerpause derzeit ein "Geschenk für die Hamas" wäre.

Der Krieg war durch den Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden. Hamas-Terroristen waren in israelische Orte eingedrungen und hatten Gräueltaten an Zivilisten verübt. Sie ermordeten etwa 1200 Menschen und verschleppten rund 250 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen. Als Reaktion bombardiert die israelische Armee seither Ziele im Gazastreifen und startete Ende Oktober eine Bodenoffensive. Dabei wurden nach jüngsten Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die nicht unabhängig überprüft werden können, bislang rund 18.800 Menschen im Gazastreifen getötet. Zehntausende Palästinenser wurden verletzt.

Gaza: Infektionskrankheiten könnten für viele tödlich sein

WHO: Katastrophale medizinische Versorgungslage in Gaza 

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat nochmals auf die katastrophale medizinische Versorgungslage in dem abgeriegelten Küstenstreifen hingewiesen. Das schwer beschädigte Al-Schifa-Krankenhaus in der nördlichen Stadt Gaza sei nur "minimal funktionsfähig". Die Klinik müsse dringend zumindest die grundlegendsten Funktionen wieder aufnehmen können, "um die Tausenden von Menschen zu behandeln, die lebensrettende medizinische Versorgung benötigen", erklärte die WHO an diesem Sonntag in einer Mitteilung.

WHO-Mitarbeiter brachten am Samstag mit Vertretern von Hilfsorganisationen der Vereinten Nationen (UN) Medikamente, chirurgische Hilfe und Narkosemittel dorthin. In dem größten Krankenhaus im Gazastreifen arbeiteten nur noch eine Handvoll Ärzte, einige wenige Krankenschwestern sowie 70 Freiwillige unter "unglaublich schwierigen" Bedingungen, hieß es. Die Operationssäle seien nicht funktionsfähig, weil es an Treibstoff, Sauerstoff, Fachpersonal und Vorräten mangele. Auch gebe es kein Blut für Transfusionen.

Patienten in kritischem Zustand würden für Operationen in das Al-Ahli-Krankenhaus in Gaza-Stadt verlegt, hieß es weiter. Dieses sei als einziges im nördlichen Gazastreifen wenigstens noch teilweise funktionsfähig. Allerdings würden auch dort Schwerverletzte auf dem Fußboden oder draußen vor dem Gebäude versorgt.

Israel lässt Hilfslieferungen durch

Israel öffnete unterdessen den Grenzübergang Kerem Schalom für Hilfslieferungen in den Gazastreifen. "Ab heute werden die UN-Hilfsgütertransporter einer Sicherheitskontrolle unterzogen und über Kerem Shalom direkt nach Gaza gebracht, um unsere Vereinbarung mit den USA einzuhalten", teilte die zuständige israelische Cogat-Behörde am Sonntag mit.

Hilfe für Gaza
UN-Mitarbeiter kontrollieren Hilfslieferungen am Grenzpunkt Kerem ShalomBild: Abed Rahim Khatib/picture alliance/dpa

Durch die Öffnung im Südosten des Gazastreifens nahe der Grenze zu Ägypten soll die tägliche Menge an humanitärer Hilfe, die in das Gebiet gelangt, erhöht werden, hieß es von der israelischen Behörde. Angesichts der katastrophalen humanitären Lage in dem abgeriegelten Küstengebiet war Israel zuletzt international immer mehr unter Druck geraten - auch aus den USA.

se/kle/fab/haz/hf/ww  (rtr, dpa, afp, ap)