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Olaf Scholz - Noch nie war ein Bundeskanzler so unbeliebt

7. Dezember 2023

Die SPD und ihr wichtigster Politiker verlieren weiter an Ansehen in der Bevölkerung. Woran liegt das? Antworten gibt es im jüngsten ARD-Deutschlandtrend.

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Deutschland Berlin | Olaf Scholz, Bundeskanzler
Bundeskanzler Olaf ScholzBild: Michael Kappeler/AFP/Getty Images

Wenn sich die SPD zu ihrem Bundesparteitag in Berlin trifft, dürfte den Genossen nicht zum Feiern zumute sein. Wenn jetzt Bundestagswahl wäre, würde die Kanzlerpartei nur noch 14 Prozent erreichen. Das sind zwei Prozent weniger als im November und es ist der niedrigste Wert seit Juni 2021.

Die Grünen kämen aktuell auf 15 Prozent (+1). Die FDP würde mit vier Prozent (+/-0) nicht mehr in den Bundestag einziehen können. Die CDU/CSU käme bei einer Bundestagswahl aktuell auf 32 Prozent (+2), der höchste Wert seit März 2021, gefolgt von der AfD mit 21 Prozent (-1). Wie die FDP, so wäre auch die Linke mit drei Prozent (-2) nicht mehr im Bundestag vertreten.

Weiterer Sympathieverlust für Olaf Scholz 

Für den aktuellen ARD-Deutschlandtrend hat das Meinungsforschungsinstitut infratest-dimap zwischen dem 4. und 6. Dezember 1364 wahlberechtigte Deutsche repräsentativ befragt. Nur 17 Prozent von ihnen sind mit der Arbeit der Bundesregierung derzeit zufrieden, das ist ein neuer Tiefstand. 82 Prozent äußern Kritik.

Die trifft vor allem auch den Bundeskanzler. Nur noch 20 Prozent der Befragten sind aktuell mit der Arbeit von Olaf Scholz zufrieden. Das ist der niedrigste Wert für einen Bundeskanzler im seit 1997 bestehenden ARD-Deutschlandtrend.

Olaf Scholz wird zwar von jedem Zweiten (48 Prozent; -16 zu April 2022) umsichtiges Handeln zugeschrieben. Lediglich ein Viertel sieht in ihm gegenwärtig jedoch einen guten Krisenmanager (23 Prozent; -14). Nur 12 Prozent attestieren ihm, überzeugend zu kommunizieren (-15). Dass der SPD-Politiker dem Amt des Bundeskanzlers gewachsen ist, ist momentan die Ansicht von weniger als jedem dritten Wahlberechtigten (27 Prozent; -20).

Woher kommt die massive Kritik? 

Seit zwei Jahren stellen SPD, Grüne und FDP die Bundesregierung. Krisen haben sie schon einige durchlebt, doch keine war bisher so tiefgreifend wie die aktuelle Haushaltskrise. Mitte November hat das Bundesverfassungsgericht die Finanzpolitik der Regierung in Teilen gekippt. SPD, Grüne und FDP hatten ungenutzte Kreditermächtigungen aus der Corona-Pandemie über 60 Milliarden Euro für den Klimaschutz umgewidmet. 

Nun klafft auch im Haushalt für 2024, der längst beschlossen sein sollte, eine riesige Lücke. Sparen, oder doch neue Kredite aufnehmen und dafür die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse erneut aussetzen - in der Koalition ist man sich darüber absolut uneinig. Vom Bundeskanzler wird in dieser Situation erwartet, dass er die Regierung aus der Krise führt. Doch wo könnte eine Lösung liegen? Die Bürger haben darauf auch keine einheitliche Antwort. 

Knapp die Hälfte der Wahlberechtigten (47 Prozent) setzt auf Einsparungen bei Ausgaben, Vorhaben und Investitionen, ein gutes Drittel (35 Prozent) auf die neuerliche Ausrufung einer Notlage und damit die Aussetzung der Schuldenbremse. Für mehr Steuern und Abgaben plädieren nur acht Prozent der Bürger. 

Für eine Aussetzung der Schuldenbremse stimmen vor allem die Anhänger von SPD (59 Prozent) und Grünen (55 Prozent). Die Wähler von CDU/CSU (58 Prozent) und AfD (69 Prozent) favorisieren einen klaren Sparkurs. Die Parteianhänger von FDP und Linkspartei sind nicht separat ausgewiesen, weil sie laut Umfrage nicht in den Bundestag einziehen könnten. 

Sozialausgaben kürzen? Oder lieber die Hilfen für die Ukraine?

Die Meinungsforscher haben auch gefragt, wo genau eingespart werden sollte, wenn keine neuen Kredite aufgenommen werden. 

64 Prozent der Bürger halten Kürzungen beim Bürgergeld für richtig, der Grundsicherung für Menschen, die keine Arbeit haben. 31 Prozent sind dagegen. Aber auch gegenüber Kürzungen bei den Militärhilfen für die Ukraine (54:41 Prozent) zeigen sich die Bundesdeutschen durchaus offen. 

Dagegen werden Einsparungen bei der Klimatransformation der Wirtschaft (41:55 Prozent), vor allem aber bei der geplanten Kindergrundsicherung (27:69 Prozent) kritisch gesehen.

Wie beim generellen Umgang mit der Haushaltskrise gehen auch mit Blick auf konkrete Einsparmöglichkeiten die Meinungen in den Wählerlagern deutlich auseinander. Die SPD- und Grünen-Wähler lehnen Kürzungen auf den genannten Feldern eher ab.

Die Anhänger der Union unterstützen allein einen Sparkurs beim Bürgergeld mehrheitlich, die AfD-Anhänger darüber hinaus ebenso Einschnitte bei Hilfen für die Ukraine und bei Mitteln für die Klimatransformation der Wirtschaft, nicht jedoch bei der Kindergrundsicherung. 

Ist das Klima noch zu retten?

In Dubai findet derzeit die 28. UN-Klimakonferenz statt. Die Erwartungen der Bundesbürger an das globale Zusammenwirken in Klimafragen fallen nochmals niedriger aus als im Umfeld vorangegangener Konferenzen wie 2018 in Katowice oder 2021 in Glasgow. 

Nur zehn Prozent der Bundesbürger (-4 zu November 2021) sind aktuell überzeugt, dass die internationale Staatengemeinschaft die Problemfolgen des Klimawandels bewältigen kann. 86 Prozent (+4) bezweifeln dies. Skeptisch sind die Befragten nicht nur, weil sich Extremwetterereignisse mehren. Die Deutschen zweifeln auch am Beitrag der anderen Nationen. 

Bei der Mehrheit der Bundesbürger besteht der Eindruck, Deutschland tue bereits viel gegen den Klimawandel. Andere Länder sollten erst einmal mehr tun (62 Prozent). Einschränkungen im Lebensstil werden nach wie vor von den meisten (70 Prozent; -15) als erforderlich angesehen. Allerdings fällt diese Mehrheit nicht mehr so übergroß aus wie noch 2019.

Verantwortung für den Klimaschutz wird vor allem der Wirtschaft zugewiesen (61 Prozent; -7). Der Verzicht auf Wirtschaftswachstum wird mit 30 Prozent (-16 zu November 2021) allerdings deutlich seltener als klimapolitische Notwendigkeit angesehen als noch vor zwei Jahren. Die bessere Abbildung ökologischer Kosten in den Preisen, etwa über eine CO2-Steuer, unterstützt nur noch ein gutes Drittel (36 Prozent; -6), nach 42 Prozent im Herbst 2021.

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