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PolitikAsien

Philippinen vor neuer Marcos-Dynastie

10. Mai 2022

Jahrzehnte nach dem Sturz des Marcos-Regimes wird der Sohn des einstigen Diktators wohl der neue Präsident. Ferdinand Marcos Jr. setzte im Wahlkampf vor allem auf junge Wähler, die keine Erinnerung an das Regime haben.

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Philippinen I Wahlen
Bild: Aaron Favila/AP/picture alliance

Der Diktatorensohn Ferdinand Marcos Junior, genannt "Bongbong", hat vorläufigen Ergebnissen zufolge die Präsidentenwahl auf den Philippinen gewonnen. Nach Auszählung von mehr als 97 Prozent der abgegebenen Stimmen bekam er mehr als doppelt so viele Stimmen wie seine schärfste Konkurrentin, die Oppositionsführerin Leni Robredo. An dritter Stelle lag weit abgeschlagen der frühere Box-Weltmeister Manny Pacquiao.

Traum vom "goldenen Zeitalter"

Damit wird die Marcos-Dynastie 36 Jahre nach ihrer Vertreibung aus dem Inselstaat aller Wahrscheinlichkeit nach in den Malacañang-Palast in der Hauptstadt Manila zurückkehren. Offizielle Ergebnisse kann aber nur der Kongress (bestehend aus Senat und Abgeordnetenhaus) verkünden. Dies wird erst für Ende Mai erwartet.

Präsidentschaftswahl auf den Philippinen
Anhänger von Marcos Jr. feiern den Dikatorensohn schon als Sieger der Präsidentschaftswahl Bild: Willy Kurniawan/REUTERS

Rund 67 Millionen Bürger waren am Montag zur Wahl eines Nachfolgers für den scheidenden Präsidenten Rodrigo Duterte aufgerufen. Der Politiker ist international wegen seines brutalen Kampfes gegen Drogenkriminalität umstritten. Laut Verfassung durfte er nach sechs Jahren nicht für eine zweite Amtszeit kandidieren. Allerdings liegt seine Tochter Sara Duterte-Carpio, derzeit Bürgermeisterin der Millionenstadt Davao im Süden des Landes, bei der Wahl zur Vizepräsidentschaft mit großem Abstand vorne. Sie hatte an der Seite von Marcos Jr. kandidiert.

Der 64-Jährige war im Wahlkampf in sozialen Netzwerken wie TikTok und YouTube aktiv, wo er Millionen Follower hat. Dort lockte er vor allem junge Wähler - die keine Erinnerung an das Regime haben - mit einem verklärten Blick auf die Vergangenheit und dem Traum von einem vermeintlichen "goldenen Zeitalter". Bei allen Umfragen galt er im Vorfeld als klarer Favorit.

Tausende konnten nicht wählen

Überschattet wurde die Abstimmung von Gewalt, vor allem im Süden des Inselstaates. Hier kamen mindestens sechs Menschen ums Leben. Hunderte Menschenrechtsaktivisten und Studenten demonstrierten vor dem Büro der Wahlkommission (Comelec) in Manila demonstriert. Sie warfen der Behörde Wahlbetrug vor und wollen den nach einer inoffiziellen Auszählung erwarteten Sieg von Marcos Jr. nicht anerkennen.

Präsidentschaftswahl auf den Philippinen
Für diese Demonstanten in der Hauptstadt Manila ist Marcos Wahlsieg vielmehr ein Wahlbetrug Bild: REUTERS

Die Protestler trugen Plakate, auf denen es unter anderem hieß: "Comelec, inkompetent, strafrechtlich verfolgen!" und "Kampf gegen Wahlbetrug". Viele skandierten: "Das Volk, die Nation leisten jetzt Widerstand." Die Polizei griff ein und löste die Kundgebung auf.

Nach Angaben von Beobachtern konnten tausende Bürger aufgrund von Fehlfunktionen der Stimmenzählmaschinen nicht wählen. In einigen Bezirken harrten Wähler die ganze Nacht vor den Wahllokalen aus, um auf eine Reparatur oder Ersatz zu warten - meist vergeblich. Die Wahlkommission lehnte Forderungen nach einer Verlängerung der Abstimmung aber ab und betonte, die Zahl der defekten betroffenen Maschinen sei sehr gering. "Trotz einiger Pannen und einiger Gewalt ist die Wahl aber im Allgemeinen gut verlaufen", sagte George Garcia von der Kommission.

Noch autoritärer als Duterte?

Politische Beobachter hatten im Vorfeld gewarnt, dass der südostasiatische Staat unter Marcos Führung in eine noch autoritärere Richtung steuern könnte. Auch hat er bereits erklärt, den Kampf gegen Drogen fortführen zu wollen.

Flash-Galerie Philippinen 2011
Nur kurze Zeit nach dieser Aufnahme vom 25. Februar 1986 verlässt die Marcos-Familie die Philippinen Bild: AP

Das Marcos-Regime unter Ferdinand (1917-1989) und seiner für ihren Schuhtick bekannten Frau Imelda (heute 92) machte einst mit Mord, Kleptokratie und dem spurlosen Verschwinden politischer Gegner von sich reden. Die beiden sollen im Laufe der Jahre auch Milliardensummen aus der Staatskasse abgezweigt haben. Nach der Flucht der Familie nach Hawaii wurden im Malacañang-Palast Hunderte Handtaschen und Kleider sowie Tausende Paar Schuhe von First Lady Imelda Marcos gefunden.

bri/sti (dpa, afp)