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Polinnen scheitern mit Klage gegen Abtreibungsverbot

8. Juni 2023

Polen hat sein Abtreibungsrecht verschärft. Schwangerschaftsabbrüche sind nur noch in Ausnahmefällen möglich. Acht Frauen sind deshalb vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gezogen - erfolglos.

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Der Schatten einer Frau fällt auf ein Schild vor dem Gebäude des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg (21.10.2010)
Eingangsschild des EGMR (Archiv)Bild: Rolf Haid/picture alliance/dpa

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Klage von acht Frauen gegen eine Einschränkung des Rechts auf Abtreibung in Polen abgewiesen. Das Richtervotum fiel einstimmig. Die Frauen beklagten insbesondere, dass ihnen der Zugang zu legalen Schwangerschaftsabbrüchen auch bei Komplikationen verwehrt werde.

Die Richter kritisierten in ihrem Urteil das Fehlen persönlicher Belege. Keine der Klägerinnen habe überzeugende medizinische Nachweise dafür vorgelegt, dass sie tatsächlich Gefahr lief, von den Gesetzesänderungen in Polen unmittelbar betroffen zu sein. Auch hätten die acht keine Dokumente zu ihren Lebensumständen eingebracht. Deshalb sei es nicht möglich gewesen, die individuelle Lage der Frauen zu beurteilen, so das Gericht.

Der EGMR begründeten die Klageabweisung zudem damit, dass die Folge der Gesetzesänderung in der Zukunft liege und damit zu abstrakt sei, um die Frauen als Opfer im Sinne der Europäischen Menschenrechtskonvention anzuerkennen.

Polen Warschau  Proteste gegen Abtreibungsgesetz (06.11.2021)
Protest gegen die Verschärfung des Abtreibungsrechts (2021 in Warschau)Bild: AFP

Die acht polnischen Klägerinnen wurden zwischen 1980 und 1993 geboren. Zwei der Frauen gaben an, an Krankheiten zu leiden, die ein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen mit sich bringen. Zwei andere waren schwanger und befürchteten Komplikationen. Die restlichen Klägerinnen hatten Sorge, dass ihnen im Falle einer schweren Anomalie beim Fötus eine angemessene medizinische Versorgung verweigert würde. Die Klägerinnen erklärten, dass sie potenzielle Opfer der Gesetzesänderung seien, da sie nun gezwungen seien, Schwangerschaften auch im Falle von Komplikationen bis zum Ende auszutragen.

Mehr als 1000 Klagen

Die sieben Richter aus Polen, Slowenien, der Slowakei, Montenegro, Italien, San Marino und Schweden erklärten, Kläger könnten nur unter "außergewöhnlichen Umständen" geltend machen, Opfer einer Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention zu sein, wenn die Gefahr in der Zukunft liege. Seit 2021 sind mehr als 1000 Klagen gegen das Abtreibungsverbot beim EGMR eingegangen, über die das Gericht noch entscheiden muss.

Streit um Abtreibungen - Polinnen unter Druck

Das Verfassungsgericht in Polen hatte 2020 das Recht auf Abtreibung eingeschränkt. Seither sind Schwangerschaftsabbrüche in der Regel illegal. Erlaubt ist eine Abtreibung nur noch, wenn die Schwangerschaft auf eine Vergewaltigung zurückgeht oder wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist. Ein Abbruch, weil der Fötus Missbildungen aufweist, ist nicht erlaubt. Laut dem Europäischen Parlament kamen in der Folge des polnischen Verfassungsurteils mehrere Frauen ums Leben, weil bei ihnen ein Abbruch nötig gewesen wäre.

AR/sti (epd, rtr, coe.int)