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Politik

Pro Asyl fordert "Totalabriss" bei Frontex

6. Februar 2021

Die EU-Grenzschutzagentur gerät weiter unter Druck. Mögliche Grundrechtsverstöße gegenüber Flüchtlingen werden schon untersucht, doch bei diesen Vorwürfen bleibt es nicht.

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Frontex Küstenwache Fahne Logo
Eine Fahne der Agentur Frontex weht auf einem italienischen MilitärschiffBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

"Die Agentur ist eine Persiflage einer rechtsstaatlichen Polizei", sagte Günter Burkhardt, Geschäftsführer der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl. Fundamentale Grundsätze von rechtsstaatlichem Handeln seien systematisch missachtet worden. In der Europäischen Union dürfe es keinen Staat im Staat geben, der unkontrolliert die Grenzen zur Illegalität überschreiten könne.

Frontex ist durch mehrere mögliche Skandale unter Druck geraten. In mehreren Fällen ermittelt die EU-Antibetrugsbehörde OLAF gegen die Agentur. Es geht um Grundrechtsverstöße gegenüber Flüchtlingen, um Mobbing und massive Pannen beim Personalaufbau. So hatten mehrere Medien berichtet, dass griechische Grenzschützer immer wieder Boote mit Migranten zurück in Richtung Türkei getrieben hätten. Recherchen der DW bestätigen den Verdacht. Flüchtlingsorganisationen kritisieren, Schiffe der Frontex-Mission seien entweder in der Nähe gewesen oder ihre Besatzungen hätten von solchen Aktionen gewusst.

"Beunruhigt und alarmiert"

Im Zentrum der Kritik steht Behördenchef Fabrice Leggeri, dem darüber hinaus vorgeworfen wird, Mitarbeiter angeschrien oder schikaniert zu haben. Zuletzt hatte das ZDF-Magazin "Royale" berichtet, Frontex-Mitarbeiter hätten sich entgegen eigener Angaben mit Waffenlobbyisten getroffen, die nicht im EU-Transparenzregister verzeichnet seien.

 Frontex-Chef Fabrice Leggeri vor der Presse in Brüssel (Archiv)
Frontex-Chef Fabrice Leggeri vor der Presse in Brüssel (Archivbild)Bild: Reuters/F. Lenoir

Pro Asyl forderte Bundesinnenminister Horst Seehofer auf, bis zur lückenlosen Aufklärung der Vorwürfe alle deutschen Beamten aus der EU-Grenztruppe zurückzuziehen. Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) verlangt eine bessere Überwachung möglicher Grundrechtsverletzungen bei Frontex. Man sei "beunruhigt und alarmiert" über immer neue Berichte von Zurückweisungen und "Pushbacks" von Flüchtlingen und Asylsuchenden an Europas Land- und Seegrenzen, heißt es bei UNHCR in Deutschland.

Die Grünen schließen sich der Kritik an: Der Europaabgeordnete Erik Marquardt verlangte als Konsequenz aus den Skandalen eine bessere Kontrolle der Behörde. "Frontex braucht Mechanismen, bei denen Vorfälle nicht verdeckt werden, bei denen Ungereimtheiten aufgedeckt und nicht hingenommen werden." Und die Grünen-Fraktionschefin im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, plädierte sogar für eine Neuaufstellung von Frontex. Noch deutlicher wurde Günter Burkhardt von Pro Asyl: "Wir fordern einen Totalabriss."

rb/kle (AFP, dpa, KNA)