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Politik

Russland nimmt Belarus fester an Kandare

4. November 2021

Wer bei der Unterzeichnung des Dekrets zur engeren Verbindung von Minsk und Moskau das Sagen hat, ist unschwer zu erraten: Wegen der desolaten Lage in Belarus bleibt Machthaber Lukaschenko nur der Part als Juniorpartner.

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Russland / Belarus: Wladimir Putin Videokonferenz mit Alexander Lukaschenko
Russlands Präsident Putin bei Videokonferenz mit Lukaschenko: "Dann unterschreibe ich jetzt"Bild: MIKHAIL METZEL/SPUTNIK/AFP/Getty Images

Unter dem Druck westlicher Sanktionen hat der Machthaber von Belarus,  Alexander Lukaschenko, ein Dekret über eine weitere Integration in einen Unionsstaat mit Russland unterzeichnet. "Dann unterschreibe ich jetzt", sagte Lukaschenko bei einer im russischen Staatsfernsehen übertragenen Videokonferenz mit Kremlchef Wladimir Putin. Der russische Präsident, der zustimmend nickte, hatte das Dokument vorab unterzeichnet.

Auch abgestimmte Militärdoktrin dabei

Das Dekret sieht insgesamt 28 Integrationsprogramme vor - darunter eine abgestimmte Militärdoktrin. Putin und Lukaschenko betonten, dass die Zusammenarbeit beider Staaten auf eine neue Stufe gestellt werde. Lukaschenko hatte schon im September einen "Durchbruch" nach jahrelanger Arbeit angekündigt.

Bei den Programmen geht es in erster Linie um wirtschaftliche Themen sowie unter anderem um Steuern, Landwirtschaft und Energie. Heiklere Fragen wie die politische Integration beider Länder etwa durch die Schaffung eines gemeinsamen Parlaments oder einer gemeinsamen Währung wurden dagegen ausgespart. 

Belarus hängt traditionell am Tropf Russlands. Wegen der Sanktionen der EU und der USA gegen den Machtapparat von Lukaschenko ist die Ex-Sowjetrepublik derzeit aber mehr denn je auf finanzielle Hilfe durch Moskau angewiesen. Der Kreml pocht bereits seit längerem auf eine stärkere Integration beider Staaten. 

Tichanowskaja schäumt aus dem Exil heraus

Die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja protestierte in ihrem Exil in der EU gegen das Integrationsdokument. Lukaschenko habe keine Legitimation mehr, solche Programme auf den Weg zu bringen.

Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja
Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja: Lukaschenko hat keine Legitimation für dieses VorgehenBild: Mosvold Larsen/NTB/AFP/Getty Images

Sie beklagte außerdem, dass die Menschen im Dunkeln gelassen würden über die konkreten Inhalte. Lukaschenko hat Vorwürfe zurückgewiesen, er verscherbele Belarus an Russland und setze die Unabhängigkeit des Landes aufs Spiel.

Moskaus Regierungschef Michail Mischustin sagte in der Schalte, es seien nun Hunderte einzelne Gesetze und Verordnungen nötig, um die Programme für den russisch-belarussischen Unionsstaat mit Leben zu füllen. Lukaschenko, der die Integration stets zögerlich angegangen war, hatte zuletzt unter dem Druck der Sanktionen der Europäischen Union bei Gesprächen mit Putin immer mehr Zugeständnisse gemacht. Putin sicherte seinerseits dem als "letzten Diktator Europas" bezeichneten Lukaschenko erneut Unterstützung in seiner Konfrontation mit dem Westen zu. Die EU erkennt Lukaschenko nach der umstrittenen Präsidentenwahl im vergangenen Jahr nicht mehr als Staatschef an.

sti/AR (afp, dpa, rtr)