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Scholz und Lula machen sich für EU-Mercosur-Abkommen stark

4. Dezember 2023

Bei den deutsch-brasilianischen Konsultationen ging es auch um das geplante Freihandelsabkommen zwischen der südamerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur und der EU.

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Olaf Scholz (r) und Luiz Inacio Lula da Silva, Präsident von Brasilien, umarmen sic
Gemeinsame Anstrengungen zwischen Brasilien und Deutschland für das EU-Mercosur FreihandelsabkommenBild: Kay Nietfeld/dpa/picture alliance

Erstmals seit acht Jahren gab es wieder deutsch-brasilianische Regierungskonsultationen. Es war erst das zweite Mal, dass sich Regierungsmitglieder beider Staaten in diesem Format getroffen haben. Nach dem Machtwechsel in Brasilien will Bundeskanzler Olaf Scholz ein neues Kapitel in den Beziehungen zum größten und bevölkerungsreichsten Land Lateinamerikas aufschlagen und stößt damit bei Präsident Luiz Inácio Lula da Silva auf offene Ohren.

Ein großes gemeinsames Thema bei dem Treffen in Berlin ist das EU-Mercosur-Abkommen. Scholz und Lula kündigten bei der gemeinsamen Pressekonferenz an, sich für einen zügigen Abschluss des EU-Abkommens mit den vier Mercosur-Ländern Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay einzusetzen.

Deutsch-brasilianische Regierungskonsultationen in großer Runde
Deutsch-brasilianische Regierungskonsultationen in großer RundeBild: Liesa Johannssen/REUTERS

"Wir setzen uns nachdrücklich dafür ein, dass das Abkommen nun zügig finalisiert wird", sagte Scholz nach den Regierungskonsultationen. Brasilien und Deutschland unterstützten den Abschluss, um die enormen Potenziale in den Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zu nutzen. "Brasilien ist unser wichtigster Handelspartner in Südamerika", betonte Scholz. "Mehr als 1000 deutsch-brasilianische Unternehmen tragen signifikant dazu bei."

Einwände aus Frankreich und Argentinien

Scholz sagte, es sei notwendig, die Verhandlungen jetzt abzuschließen. "Es spricht sehr viel dafür, dass wir die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Mercosur verbessern, indem wir ein solches Handelsabkommen zustande bringen." Auf die Frage bei der Pressekonferenz, wie er mit dem Widerstand von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron umgehen wolle, sagte Scholz: "Ich bin überzeugt, dass es eine Mehrheit im EU-Rat und dem EU-Parlament für das Abkommen geben wird".

Lula betonte, dass vor Macron auch alle anderen französischen Präsidenten ein solches Handelsabkommen abgelehnt hätten. "Ich gebe Macron nicht auf", sagte Lula. Er habe dem französischen Präsidenten geraten, mit seiner Frau zu reden und dem Abkommen dann zuzustimmen. Er hoffe darauf, dass die EU entscheide, dass sie an dem Vertrag interessiert ist, fügte Lula hinzu.

Lula, dessen Land derzeit den Vorsitz der Staatengruppe Mercosur hat, verwies zudem auf den bevorstehenden Mercosur-Gipfel am Donnerstag in Brasilien, auf dem es einen "entscheidenden Moment" für Verhandlungen geben werde. Allerdings gibt es auch auf Seiten der Südamerikaner Bedenken. Argentinien steht auf der Bremse. Der künftige argentinische Präsident Javier Milei hat das Abkommen mit der EU in seinem Wahlkampf kritisiert und mit dem Rückzug seines Landes daraus gedroht. EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagten laut FAZ ihre Reise nach Rio de Janeiro zum Mercosur-Treffen bereits ab.

Brasiliens Außenminister hofft auf Perspektive für Freihandelsabkommen 

Der brasilianische Außenminister Mauro Vieira sagte im DW-Interview: "Wir hoffen immer noch, das Mercosur-EU-Abkommen abschließen zu können". Das gelte auch nach dem Nein des französischen Präsidenten Macron am vergangenen Samstag. Mit Blick auf das Abkommen formulierte Vieira, "wir arbeiten immer noch an der Perspektive". Es gelte abzuwarten, ob es möglich ist, die letzten verbleibenden Streitpunkte zu überwinden, sagte Vieira der DW bei dem Exklusivinterview in Berlin.

Macron hatte sich nach einem Treffen mit Präsident Lula am Rande der Weltlimakonferenz COP28 in Dubai erneut gegen den Vertrag ausgesprochen und den Text als "veraltet" und "inkohärent" bezeichnet. Das Abkommen berücksichtige nicht die Biodiversität und das Klima. Nicht nur Frankreich, sondern auch Österreich und andere EU-Länder dringen zum Schutz der eigenen Bauern auf strikte Vorgaben.

Mit dem EU-Mercosur-Abkommen würde eine der weltweit größten Freihandelszonen mit mehr als 700 Millionen Einwohnern entstehen. Die Gespräche darüber laufen bereits seit weit mehr als 20 Jahren. Eine Grundsatzeinigung aus dem Jahr 2019 wird jedoch wegen anhaltender Bedenken - etwa beim Regenwaldschutz - nicht umgesetzt.

Regierungskonsultationen Deutschland-Brasilien
Die Stimmung bei den Regierungskonsultationen ist offensichtlich gutBild: Michele Tantussí/AFP

Bei den deutsch-brasilianischen Regierungskonsultationen unterzeichneten die Beteiligten gemeinsame Absichtserklärungen über eine Partnerschaft für eine sozial gerechte und ökologische Transformation, zu grünem Wasserstoff und zur umweltfreundlichen Gewinnung von Rohstoffen. An dem Treffen nahmen auf deutscher Seite neun, auf brasilianischer sogar zwölf Minister teil.

qu/uh (dpa, rtr, afp, DW, Phoenix)