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Wie die Hohenzollern um ihre Schlösser kämpfen

29. Januar 2020

Die Hohenzollern sind Nachfahren des letzten deutschen Kaisers. Sie fordern vom Staat Kunstwerke zurück und ein Wohnrecht auf Schlössern, die dem Adelsgeschlecht einst gehörten. Chronologie eines Rechtsstreits.

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Schloss Cecilienhof
Bild: picture-alliance/dpa/C. Soeder

176 Zimmer, frisch und liebevoll renoviert, darunter ein Rauchsalon, eine Bibliothek, ein Musiksalon, prächtige Gärten und Springbrunnen: der Cecilienhof in Potsdam. Na, wer würde denn da nicht einziehen wollen? Einer hat es offenbar vor: Georg Friedrich Prinz von Preußen, der Nachfahre des letzten deutschen Kaisers. Doch dürfte er das? Eine juristische Frage mit historischer Bedeutung.

Darüber und über die Rückgabe von Gemälden und historischen Dokumenten ist im Jahr 2014 ein Rechtsstreit zwischen dem einstigen Herrschergeschlecht der Hohenzollern, dem Bund und den Ländern entfacht, der bis heute andauert. Ausgang: ungewiss.

Wer sind die Hohenzollern?

Die letzte deutsche Monarchie, die Hohenzollern, prägte die Geschichte Deutschlands über viele Jahrhunderte. Die Wurzeln der Dynastie gehen bis ins 11. Jahrhundert zurück. Um das Jahr 1061 wurden die Zollern zum ersten Mal amtlich erwähnt, später nannten sie sich Hohenzollern. Die Burg Hohenzollern auf der Schwäbischen Alb wird der Stammsitz der Familie. Im 13. Jahrhundert kommt es zu einer Spaltung: Die Brüder Konrad und Friedrich gehen getrennte Wege und begründen zwei Linien - die schwäbische und die fränkische. 

Im 19. Jahrhundert, mit der Gründung des Deutschen Reichs, wird Wilhelm I. aus dem Haus Hohenzollern zum deutschen Kaiser ausgerufen. Das Jahr 1888 ist als "Dreikaiserjahr" in die Geschichte eingegangen. Im März stirbt Wilhelm I., sein Sohn Friedrich III. bleibt nur 99 Tage im Amt, weil er an Kehlkopfkrebs stirbt. Dessen Sohn Wilhelm II. folgt ihm auf den Thron - mit gerade 29 Jahren. Er ist der letzte deutsche Kaiser und König von Preußen.

Kaiser Wilhem II. von Preußen
Der letzte deutsche Kaiser: Wilhelm II. von PreußenBild: picture-alliance/Mary Evans Picture Library

Das Ende einer Monarchie

Mit der Gründung der Weimarer Republik 1918 wurde die Monarchie in Deutschland abgeschafft. Wilhelm II. floh nach dem Ersten Weltkrieg ins Exil in die Niederlande. Mit Inkrafttreten der Reichsverfassung im Jahr darauf verlor der Adel seine Sonderstellung in der Gesellschaft. Ein Privileg ließ man ihm allerdings: den Titel. Allerdings nur als Nachname und nicht wie üblich, dem Vornamen vorangestellt. Kurzum: Prinz Charles ist ein Prinz, Ernst August Prinz von Hannover, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, Königlicher Prinz von Großbritannien und Irland heißt nur so.

In der Weimarer Republik wurde der kaiserliche Besitz zunächst einmal beschlagnahmt. "Keinen Pfennig den Fürsten" und "Sie sollen stempeln gehen" waren die Slogans der Monarchie-Gegner. Die Hohenzollern beschritten den Klageweg. Im Jahr 1926 einigten sich das Land Preußen und die Hohenzollern auf einen Ausgleich, um dessen Folgen bis heute noch rechtlich gestritten wird. Das "Gesetz über die Vermögensauseinandersetzung zwischen dem Preußischen Staat und den Mitgliedern des vormals regierenden Preußischen Königshauses" sorgte dafür, dass die Nachfahren einen Großteil ihres Besitzes zurückbekamen - unter anderem das Potsdamer Schloss Cecilienhof, für das der Hohenzollern-Prinz nun Wohnrecht haben möchte. Doch die Situation hat sich erneut geändert.

Georg Friedrich Prinz von Preußen
Georg Friedrich Prinz von Preußen: der Ururenkel des letzten deutschen KaisersBild: picture-alliance/dpa/R. Hirschberger

Rechtliche Grundlage des Streits

1945, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, befand sich der größte Teil der Hohenzollerngüter und Besitztümer auf dem Hoheitsgebiet der sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR. Und so wurden die Hohenzollern abermals enteignet. Der Einigungsvertrag zwischen BRD und DDR von 1990 erkannte die Enteignungen von Grund und Boden sowie Häusern zwar als unrechtmäßig an, nicht aber die Enteignung von Inventar.

Einzige Ausnahme wäre: Ein Gericht entscheidet, dass die Hohenzollern dem nationalsozialistischen Regime "erheblichen Vorschub geleistet" hätten. In solchen Fällen schließt das Ausgleichsleistungsgesetz von 1994 Entschädigungen aus. Historische Beweise deuten jedoch auf Sympathien und Nähe des ehemaligen preußischen Kronprinzen Wilhelm zum nationalsozialistischen Regime in Deutschland hin. So gratulierte Kronprinz Wilhelm regelmäßig Adolf Hitler zum Geburtstag und zu Neujahr. Im Dezember 1936 etwa übermittelte Wilhelm an Hitler seine "aufrichtigsten Wünsche" für Hitlers "segensreiche Tätigkeit zum Wohle unseres geliebtes Volkes und Vaterlandes".

Wie diese historischen Beweise einzuordnen sind und welche Rolle sie in den Verhandlungen spielen, ist für den Ausgang des Rechtsstreits entscheidend. Die Meinungen von Historikern gehen diesbezüglich auseinander. Vier unterschiedliche Gutachtenzur politischen Einstellung und zum politischen Verhalten des ehemaligen preußischen und reichsdeutschen Kronprinzen Wilhelm wurden bis jetzt geschrieben und lange Zeit unter Verschluss gehalten.

Burg Hohenzollern im Morgenlicht
Märchenhaft schön: die Burg Hohenzollern in Baden-WürttembergBild: picture-alliance/imagebroker/Lilly

Am Mittwoch (29.01.2020) findet eine öffentliche Anhörung im Ausschuss für Kultur und Medien zu den fortlaufenden Verhandlungen mit dem Haus Hohenzollern statt. Ziel der Verhandlungen seit 2014 ist eine gütliche Einigung über streitige Kunst- und Sammlungsobjekte. Doch es geht um viel mehr als die Regelung der Besitzverhältnisse: Auch die Deutungshoheit der Geschichte steht hier zur Debatte.

DW Mitarbeiterportrait | Rayna Breuer
Rayna Breuer Multimediajournalistin und Redakteurin