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KonflikteUkraine

Ukraine aktuell: Neue Russland-Sanktionen der EU

21. Juni 2023

Die EU-Staaten haben sich auf weitere Sanktionen gegen Russland verständigt. Die USA wollen beim Wiederaufbau der Energieinfrastruktur helfen, Deutschland sagt humanitäre Unterstützung zu. Unser Überblick.

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EU-Sanktionen gegen Russland
Im Mittelpunkt des neuen Sanktionspakets stehen Maßnahmen, die das Umgehen bisheriger Sanktionen verhindern sollen Bild: Zhang Cheng/XinHua/dpa/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • EU einigt sich auf weitere Sanktionen gegen Russland
  • Deutschland und die USA machen Zusagen für den Wiederaufbau der Ukraine
  • Selenskyj dämpft Erwartungen an Offensive
  • Russland soll Kühlbecken des AKW Saporischschja vermint haben
  • EU will offenbar China als Vermittler gewinnen

 

Die Europäische Union hat ihre Sanktionen gegen Russland weiter verschärft. Vertreter der EU-Länder einigten sich in Brüssel auf das inzwischen elfte Sanktionspaket seit dem russischen Angriff auf die Ukraine, wie der schwedische Ratsvorsitz mitteilte.

Die Pläne sehen unter anderem vor, die Möglichkeit zu schaffen, ausgewählte Exporte in bestimmte Drittstaaten wegen einer mutmaßlichen Umgehung von Sanktionen einzuschränken. Aus den EU-Staaten selbst dürfen schon seit Monaten viele Produkte nicht mehr nach Russland geliefert werden.

Als Länder, über die Sanktionen gegen Russland umgangen werden, gelten zum Beispiel Kasachstan, Armenien, die Vereinigten Arabischen Emirate und China. Der Türkei wurde zuletzt von EU-Experten bescheinigt, vergleichsweise entschlossen auf Hinweise zu Sanktionsumgehungen zu reagieren. 

Das Paket sieht zudem Einreise- und Vermögenssperren gegen 71 weitere Verantwortliche und 33 Organisationen vor. Die EU wirft ihnen unter anderem vor, sich an der "illegalen Deportation ukrainischer Kinder nach Russland" zu beteiligen. 

Annalena Baerbock schütelt die Hand mit Leo Docherty unter dem Logo der Konferenz
Außenministerin Baerbock machte die Zusagen für Deutschland - hier mit Leo Docherty, britischer Staatsminister für Europa und Nordamerika Bild: Thomas Koehler/imago images/photothek

Zusagen für den Wiederaufbau der Ukraine

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat der Ukraine für dieses Jahr weitere 381 Millionen Euro an humanitärer Hilfe zugesagt. "Beim Wiederaufbau geht es um Geld", sagte sie zum Auftakt der zweitägigen Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine in London. Allerdings wolle Deutschland auch vor Ort die Zukunft der Ukraine mitgestalten und beim Ausbau grüner Energien unterstützen. Zudem sollten Unternehmen ermutigt werden, in der Ukraine zu investieren, sagte Baerbock.

Wiederaufbau der Ukraine: Konferenz in London

Die USA kündigten an, die ukrainische Wirtschaft mit weiteren 1,3 Milliarden US-Dollar (1,19 Milliarden Euro) zu unterstützen. "Während Russland mit der Zerstörung weitermacht, sind wir hier, um der Ukraine beim Wiederaufbau zu helfen", sagte US-Außenminister Antony Blinken. Rund die Hälfte der neuen US-Wirtschaftshilfen (520 Millionen US-Dollar) sollen Blinken zufolge in den Wiederaufbau der zerstörten Energieinfrastruktur fließen. Der restliche Teil der Summe solle in die Modernisierung von Eisenbahnnetzen, Brücken, Grenzen und "wichtiger Infrastruktur, die das Land mit Europa verbindet", fließen, sagte der Außenminister.

Ukraine Präsident Selenskyj
Wolodymyr Selenskyj: Die Gegenoffensive ist kein Hollywood-Film (Archivbild)Bild: Sergei Supinsky/AFP

Selenskyj dämpft Erwartungen an Offensive

Mit Blick auf die laufende Gegenoffensive hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ein weiteres Mal die Erwartungen an eine schnelle Befreiung aller besetzter Gebiete gedämpft. "Manche Menschen glauben, das ist ein Hollywood-Film, und erwarten jetzt Ergebnisse. Aber so ist es nicht", sagte Selenskyj dem britischen Sender BBC in einem an diesem Mittwoch veröffentlichten Beitrag.

Insgesamt laufe der Vormarsch "langsamer als gewünscht", meinte der ukrainische Staatschef, offensichtlich auch mit Blick auf die Erwartungen anderer. Aus dem BBC-Beitrag ging dies nicht klar hervor - aus dem Interview mit Selenskyj veröffentlichte der Sender nur Ausschnitte. "Was auch immer einige wollen, einschließlich der Versuche, uns unter Druck zu setzen - bei allem Respekt: Wir werden auf dem Schlachtfeld so vorgehen, wie wir es für richtig halten." Selenskyj fügte hinzu, dass große russische Minenfelder das Vorankommen der ukrainischen Truppen erschwerten. Insgesamt seien 200.000 Quadratkilometer durch die Russen vermint worden.

Ansicht des AKW Saporischschja, davor Kühlbecken
Welche Gefahr geht von dem AKW Saporischschja aus? (Archivbild)Bild: , AKW; Atomkraftwerk, Dmytro Smolyenko/Ukrinform/IMAGO

AKW Saporischschja vermint?

Das Kühlbecken für die Reaktoren des Kernkraftwerks Saporischschja ist nach Angaben des ukrainischen Militärnachrichtendienstes (GUR) von Russland vermint worden. Der Sechs-Reaktoren-Komplex, Europas größtes Kernkraftwerk, wurde kurz nach dem Einmarsch Russlands im Februar vergangenen Jahres besetzt.

"Das Erschreckendste ist, dass das Kernkraftwerk Saporischschja in dieser Zeit zusätzlich vermint wurde - und zwar das Kühlbecken", sagte GUR-Chef Kyrylo Budanow, ohne Beweise vorzulegen. Das russische Verteidigungsministerium reagierte nicht sofort auf eine Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters.

Russland stuft WWF als "unerwünscht" ein

Russland hat den WWF zur "unerwünschten" Organisation erklärt, was de facto ein Verbot der Aktivitäten der Umweltschutzorganisation bedeutet. Die russische Generalstaatsanwaltschaft teilte mit, die Aktivitäten der in der Schweiz gegründeten internationalen Organisation in Russland seien eine "Bedrohung für die Sicherheit im wirtschaftlichen Bereich". Im Mai hatte die Staatsanwaltschaft bereits die Arbeit von Greenpeace in Russland verboten. 

Der WWF war in Russland im März bereits als "ausländischer Agent" eingestuft worden, was seine Arbeit in dem Land erheblich erschwerte. Die Einstufung als "unerwünschte" Organisation macht die Arbeit des WWF nun praktisch unmöglich: Als "unerwünscht" eingestufte Organisationen dürfen weder Niederlassungen eröffnen noch Projekte umsetzen oder Informationen verbreiten. Wer für sie oder mit ihnen arbeitet, muss mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen.

Lage an der Front uneinheitlich

Die ukrainische Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar teilte mit, die russischen Truppen leisteten teils heftigen Widerstand und verminten Gebiete. Im Süden laufe die Offensive nach Plan, sagte sie und dämpfte zugleich allzu hohe Erwartungen. Es gebe keine schnelle Offensive mit Erfolgen wie in einem "Kinofilm". Zuletzt hatte die Ukraine Geländegewinne verzeichnet und mehrere Dörfer befreit.

Ukraine Gegenoffensive Donetsk  Bakhmut Panzerhaubitze 2000
Ukrainische Artillerie feuert nahe Bachmut auf russische Stellungen (15.06.2023)Bild: Anatoli Stepanov/AFP

Maljar sagte außerdem, dass die ukrainischen Kräfte teils auch in der Defensive und die Russen wiederum in der Offensive seien. Und sie betonte wie zuletzt mehrfach, der Hauptschlag der Offensive stehe noch bevor. Die Ukraine will nach fast 16 Monaten des Angriffskrieges ihre Gebiete von der russischen Besatzung befreien, darunter auch die schon 2014 von Moskau annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim.

EU will China als Vermittler

Die Mitgliedsländer der Europäischen Union wollen einem Insider zufolge China aufrufen, sich für eine Friedenslösung in der Ukraine einzubringen. Dies gehe aus dem Entwurf einer Erklärung für den EU-Gipfel vom 29. bis zum 30. Juni hervor, sagte ein hochrangiger EU-Vertreter, der namentlich nicht genannt werden wollte. An dem Dokument seien noch Änderungen möglich. Westliche Staats- und Regierungschefs haben die Regierung in Peking aufgefordert, ihren Einfluss auf Russland zu nutzen, um den Krieg zu beenden.

Russlands Putin führt Gespräche mit Chinas Xi in Moskau
Chinas Staatspräsident Xi Jinping (links) mit Russlands Präsident Wladimir Putin (21.03.2023)Bild: SERGEI KARPUKHIN/AFP

USA haben Militärhilfe zu hoch berechnet

Wegen falsch berechneter Kosten bei der Militärhilfe für die Ukraine hat die US-Regierung mehr als sechs Milliarden Dollar zusätzlich zur Unterstützung Kiews zur Verfügung gestellt. "In einer erheblichen Anzahl von Fällen wurden bei den Dienstleistungen Wiederbeschaffungskosten anstelle des Nettobuchwerts zugrunde gelegt, wodurch der Wert der aus US-Beständen entnommenen und der Ukraine bereitgestellten Ausrüstung überschätzt wurde", sagte Pentagon-Sprecherin Sabrina Singh. Daher habe Washington nun 6,2 Milliarden Dollar (rund 5,7 Milliarden Euro) zusätzlich zur Verfügung gestellt.

Ukraine-Krieg - Ausbildung in Grafenwöhr Transport Abrams
US-Panzer vom Typ M1A1 AbramsBild: DVIDS/U.S. Army/dpa/picture alliance

Das Verteidigungsministerium hat eigenen Angaben zufolge die Befugnis, das Geld für Militärhilfe zu verwenden und betonte, es gebe keine Auswirkungen auf weitere Hilfspakete. Die Vereinigten Staaten gelten als wichtigster Verbündeter der Ukraine im Abwehrkampf gegen die russische Invasion. Sie stellten in den vergangenen Monaten in schneller Abfolge Pakete mit militärischer Ausrüstung in gewaltigem Umfang bereit. Nach bisherigen Pentagon-Angaben haben die USA seit dem Kriegsbeginn Ende Februar 2022 militärische Hilfe im Umfang von rund 40 Milliarden US-Dollar (rund 37 Milliarden Euro) für Kiew geleistet foder zugesagt. Diese Zahl dürfte nun nach unten korrigiert werden.

Guterres "enttäuscht" von Getreideabkommen

UN-Generalsekretär António Guterres hat sich "enttäuscht" vom derzeitigen Zustand der Umsetzung des Getreideabkommens zwischen Russland und der Ukraine gezeigt. Unter anderem würden die Schiffe mittlerweile langsamer inspiziert, sodass insgesamt weniger Schiffe ukrainische Häfen erreichten und verließen und deshalb weniger Getreide bei den Empfängern ankomme, sagte Guterres laut einem Sprecher in New York. Insgesamt seien die durch das Abkommen ermöglichten Lebensmittel-Exporte im Mai im Vergleich zum vergangenen Oktober um rund drei Viertel gesunken. Der UN-Generalsekretär rief alle Beteiligten dazu auf, die Umsetzung zu beschleunigen und die weitere Umsetzung des Abkommens sicherzustellen.

USA, New York: Antonio Guterres, UN-Generalsekretär
UN-Generalsekretär Antonio Guterres am MontagBild: Eskinder Debebe/UN/XinHua/dpa

Der Getreidedeal zwischen Russland und der Ukraine wurde im vergangenen Sommer unter Vermittlung der UN und der Türkei geschlossen und beendete mehrere Monate nach Beginn des russischen Angriffskriegs Moskaus Seeblockade ukrainischer Häfen. Russland forderte im Gegenzug die Lockerung der westlichen Sanktionen, die russische Agar- und Düngemittelexporte behinderten. Moskau beklagte seither mehrfach, dass diese Forderung nicht umgesetzt wurde - und drohte bereits, das Abkommen nicht noch einmal zu verlängern. Das Abkommen wurde bereits mehrfach verlängert, zuletzt aber nur noch um jeweils zwei Monate. Die aktuelle Verlängerung gilt bis etwa Mitte Juli.

Atom-U-Boote für Russland

Die russische Marine wird bis Ende dieses Jahres zwei atomgetriebene U-Boote in Dienst nehmen. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur TASS. In einem Interview bestätigte der Chef der United Shipbuilding Corporation, Alexej Rachmanow, dass der strategische Atom-U-Boot-Raketenkreuzer "Emperor Alexander III." und das Mehrzweck-Atom-U-Boot "Krasnojarsk" bis Ende 2023 einsatzbereit sein werden.

uh/jj/fab/mak/bru (afp, dpa, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.