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VfL Wolfsburg: nach zehn Jahren zum Triple?

David Braneck
9. Mai 2023

Wolfsburg gewann 2013 das Finale der Champions League und damit das Triple. Dieses Kunststück wollen die "Wölfinnen" wiederholen und beweisen, dass sie in einer stark veränderten Fußballlandschaft immer noch spitze sind.

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Alexandra Popp steht auf dem Platz und feiert den Sieg, im Hintergrund freuen sich ihre Mitspielerinnen
Alexandra Popp und der VfL Wolfsburg feiern den Endspieleinzug nach dem Halbfinalspielsieg in ArsenalBild: Daniela Porcelli/Just/Zuma/picture alliance

Das Frauenteam des VfL Wolfsburg ist seit langem auf der Jagd nach dem Triple und hat seinen Status als eine der besten Mannschaften im Frauenfußball gefestigt. Doch die beeindruckende Trophäensammlung der "Wölfinnen" - zwei Siege in der Champions League, sieben deutsche Meisterschaften und neun Erfolge im DFB-Pokal - täuscht darüber hinweg, dass ihre Regentschaft erst vor gar nicht allzu langer Zeit begonnen hat. Obwohl es sich so anfühlt, als wären sie schon immer ganz oben mit dabei, liegt der erste Triple-Gewinn der Wolfsburgerinnen erst zehn Jahre zurück.

Die überraschend dominante Saison 2012/2013 bedeutete damals nicht nur Wolfsburgs Vorstoß in die europäischen Elite, sondern trug auch dazu bei, die Entwicklung des Frauenfußballs, insbesondere in Deutschland, zu verändern. Zehn Jahre später ist Wolfsburgs Einfluss auf eine radikal veränderte Fußballlandschaft unübersehbar. Und während sich vieles um sie herum verändert hat, haben sie selbst ihren Kurs weitgehend beibehalten.

Frühzeitig investieren

Im Jahr 2003 gründete Wolfsburg eine erste Frauenmannschaft, die damals aber noch weit von der späteren Klasse entfernt war. "Ich habe früher gegen Wolfsburg gespielt und sie waren eher eine Mannschaft aus dem Mittelfeld", sagt die ehemalige deutsche Nationalspielerin Conny Pohlers gegenüber der DW. Anfang der 2010er Jahre erkannten Wolfsburg und der Eigentümer Volkswagen das Potenzial des Frauenfußballs und investierten verstärkt in den Verein, indem sie einige deutsche Nationalspielerinnen verpflichteten, darunter auch Pohlers.

Conny Pohlers im Trikot des VfL Wolfsburg
Conny Pohlers gewann 2013 und 2014 mit Wolfsburg die Champions LeagueBild: augenklick/firo Sportphoto/picture alliance

"Der damalige Trainer Ralf Kellermann holte Nadine Kessler, Josephine Henning, Lena Goeßling und mich. Und dann kam der Durchbruch", erinnert sich die Stürmerin. "Von da an gab es eigentlich kein Zurück mehr, nachdem wir einmal oben waren." Laut Kellermann, der von 2008 bis 2017 VfL-Trainer war und nun als Wolfsburgs Direktor für Frauenfußball fungiert, habe man sich strategische Gedanken über die Ausgaben gemacht. "Ich denke, dass Wolfsburg als Gastgeber der Frauenfußball-Weltmeisterschaft 2011 den Stein ins Rollen gebracht hat", sagte Kellermann kürzlich auf einer Pressekonferenz. "Das hat gezeigt, dass der Frauenfußball wirklich in den Verein passt, und wir haben begonnen, ihn zu forcieren."

In der Saison 2012/13 setzten sich die "Wölfinnen" sowohl in der Bundesliga als auch im Pokalfinale knapp gegen Turbine Potsdam durch, bevor sie im Champions-League-Finale den amtierenden Titelträger Olympique Lyon schockten.

Richtungsweisend in Deutschland

Wolfsburg hat nach dem Triple-Sieg 2013 nicht nur sechs Titel in der Bundesliga gewonnen, sondern mit seiner Dominanz den Frauenfußball in Deutschland völlig umgekrempelt. Der VfL war der erste große Männerverein des Landes, der ernsthaft in den Frauenfußball investierte. In den vergangenen zehn Jahren sind zahlreiche andere Vereine dem Wolfsburger Beispiel gefolgt und haben die bis dahin dominierenden reinen Frauenvereine weitgehend verdrängt. Die übergroßen Ressourcen der großen Bundesligaklubs machten sich sofort bemerkbar, und das lag nicht nur an den Gehältern.

"Wir hatten [in Wolfsburg] immer Trainingsplätze zur Verfügung", sagt Conny Pohlers, die vor ihrer Zeit in Wolfsburg bei Turbine Potsdam und für den 1. FFC Frankfurt spielte, der DW. "Die Wäsche wurde für uns gewaschen. Als ich für Frankfurt gespielt habe, mussten wir, obwohl wir ein Spitzenverein waren, alle unsere Trainingsklamotten selbst waschen. Die Infrastruktur, die Zusammenarbeit mit der Männermannschaft, das war alles toll. Und das ist immer noch so", sagt sie.

Neben der erstklassigen Infrastruktur verfügen die Wolfsburger aufgrund ihrer frühen Investitionen in den Frauenfußball auch über ein einzigartiges institutionelles Wissen und eine große Kontinuität, wie Pohlers selbst beweist. Heute arbeitet sie bei den Wolfsburgern als Nachwuchstrainerin im Bereich der männlichen Jugend.

Die Bundesliga-Elite ist allerdings nicht mehr mit der Zeit vor Wolfsburgs Durchbruch vergleichbar. Bayern München, das in dieser Saison im Titelrennen um Haaresbreite vor Wolfsburg liegt, ist die einzige andere Mannschaft, die seit 2013 die Liga gewonnen hat. Vereine wie Eintracht Frankfurt und Hoffenheim versuchen, in diese Zweierspitze vorzustoßen, aber es ist noch ein weiter Weg, auch wenn die meisten Männer-Bundesligisten inzwischen ein Frauenteam haben.

"Ich hoffe, dass die Vereine Frauenmannschaften nicht nur einrichten wollen, um eine zu haben, sondern dass sie wirklich etwas darin sehen und helfen wollen, sie zu entwickeln", sagte Wolfsburgs Kapitänin Svenja Huth der DW. "Denn das verändert die Einstellung der Spielerinnen zum Fußball total und sie müssen nicht mehr 30 bis 40 Stunden neben dem Sport arbeiten, wie es manchmal der Fall ist. Sie werden genug verdienen, um sich 'nur' auf den Fußball zu konzentrieren", so Huth weiter.

International mithalten

Der Frauenfußball hat sich auch im Rest Europas dramatisch verändert, auch wenn Wolfsburgs Einfluss dabei überschaubarer ist. Der überragende Erfolg von Olympique Lyon hat einen langen Schatten auf den Wettbewerb geworfen, während Wolfsburg mit zwei Titeln der erfolgreichste Verein neben den achtmaligen Siegern in den vergangenen zwölf Jahren ist.

Auch hier haben hohe Investitionen von Vereinen mit erfolgreichen Männerteams in den Frauenfußball die Champions-League-Elite beeinflusst. Beispiele sind der FC Barcelona und der FC Chelsea. "Das Spielniveau ist gestiegen, es ist mehr Geld im Spiel und der Wettbewerb wird immer enger. Es wird nicht einfacher werden, alles zu gewinnen", sagt Wolfsburgs Trainer Tommy Stroot der DW.

Spielerinnen des VfL Wolfsburg machen nach dem Halbfinalsieg in der Champions League gegen den FC Arsenal vor ihren Fans die La Ola
Wolfsburg trifft im Finale der Champions League am 3. Juni in Eindhoven auf BarcelonaBild: Michael Zemanek/DeFodi/picture alliance

Und obwohl Wolfsburg mehr Geld ausgeben kann als die heimische Konkurrenz, wollen sie bei allen finanziellen Auswüchsen der europäischen Konkurrenz nicht mitmachen. "Ich habe den Eindruck, dass derzeit in Spanien, England und teilweise auch in Frankreich ein Bieterkrieg um die begehrtesten Spieler stattfindet, bei dem bei einigen Vereinen die Kosten keine Rolle spielen", sagt Ralf Kellermann. "So machen wir das nicht."

Anstatt sich regelmäßig bei Rekordtransfers zu überbieten, wie es Barcelona und verschiedene englische Vereine in den vergangenen Jahren getan haben, setzt Wolfsburg weiterhin auf vernünftige Ausgaben. Der Klub schließt viele kostenlose Transfers ab, um sowohl erfahrene Spieler zu verpflichten, die noch einmal in der Champions League spielen wollen, als auch junge Spielerinnen, die den Klub als Sprungbrett zu einer Mannschaft mit mehr Geld sehen könnten.

Duellierende Philosophien

Die Taktik, die Wolfsburg vor zehn Jahren das Triple beschert hat, hat den Verein konkurrenzfähig gehalten. Achtmal in den vergangenen elf Jahren standen die "Wölfinnen" in der Champions League mindestens im Halbfinale.

"Wir waren in den vergangenen Jahren immer nah dran. Wir haben Endspiele und Halbfinals erreicht", sagt Svenja Huth der DW. "Deshalb denke ich, dass Wolfsburg zu den vier oder fünf besten Vereinen in Europa gehört." Doch der letzte Schritt ist schon längere Zeit ausgeblieben, und Wolfsburg hat die Champions League seit dem Doppeltitelgewinn 2014 nicht mehr geholt. 2016, 2018 und 2020 scheiterte man jeweils im Endspiel an Olympique Lyon.

Das bevorstehende Finale gegen den FC Barcelona am 3. Juni in Eindhoven ist eine Chance, sich wieder in der europäischen Spitze zu etablieren und zu beweisen, dass das Festhalten an einem bewährten Konzept ausreicht, um auch im sich ständig verändernden Frauenfußball größtmögliche Erfolge zu feiern.

Der Text wurde aus dem Englischen adaptiert.