1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Vier polnische Bischöfe angezeigt

11. März 2021

Den Geistlichen wird vorgeworfen, sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche Polens vertuscht zu haben. Einer von ihnen war der Sekretär des verstorbenen Papstes Johannes Paul II.

https://p.dw.com/p/3qVkh
Polen Kardinal Stanislaw Dziwisz
Der frühere Papst-Vertraute, Kardinal Stanislaw Dziwisz, gehört zu den prominentesten Kirchenmännern PolensBild: BARTOSZ SIEDLIK/AFP/Getty Images

Polens staatliche Aufarbeitungskommission für sexuellen Kindesmissbrauch hat den Krakauer Kardinal Stanislaw Dziwisz und drei weitere katholische Bischöfe bei der Generalstaatsanwaltschaft angezeigt. Es bestehe der Verdacht, dass Dziwisz, Bischof Roman Pindel vom Bistum Bielsko-Zywiec sowie dessen Vorgänger Tadeusz Rakoczy und dessen Weihbischof Piotr Greger die gesetzliche Mitteilungspflicht von Sexualstraftaten missachtet haben.

Tatort: Bistum Bielsko-Zywiec

Das geht aus einem Schreiben der Kommission vom 4. März an den Anwalt Artur Nowak hervor, der rund 20 Opfer vertritt. Einer seiner Mandanten hatte der staatlichen Kommission Mitte Februar berichtet, dass er als Kind in den 80er Jahren im südpolnischen Bistum Bielsko-Zywiec fünf Jahre lang von einem Priester missbraucht worden sei. Er habe den Täter Jahre später zunächst beim damaligen Ortsbischof Rakoczy und dann vor rund zehn Jahren beim damaligen Krakauer Erzbischof Dziwisz angezeigt. Letzterer war als Metropolit für das Bistum Bielsko-Zywiec zuständig. Die Geistlichen hätten aber nicht die notwendigen Schritte eingeleitet.

Die polnische Bischofskonferenz äußerte sich nicht direkt zu der Entscheidung der staatlichen Kommission. Man sei zur Zusammenarbeit mit dem Gremium bereit. Man müsse sich "um die geschädigten Menschen kümmern", hieß es lediglich.

Meldepflicht

Seit 2017 muss jeder in Polen, der "glaubhafte" Informationen über bestimmte Straftaten erhält, "unverzüglich" die Polizei oder die Staatsanwaltschaft informieren. Tut man dies nicht, drohen bis zu drei Jahre Gefängnis. Im Januar hatte die Staatsanwaltschaft Krakau eine Strafanzeige gegen Dziwisz noch zurückgewiesen. Der 81-jährige Kardinal habe keine Straftat begangen, denn seinerzeit, von 2006 bis 2012, sei er nicht gesetzlich verpflichtet gewesen, der Polizei oder der Staatsanwaltschaft derartige Vorwürfe gegen Priester zu melden.

Der Kardinal zählt zu den prominentesten Kirchenmännern in Polen. Er war persönlicher Sekretär von Papst Johannes Paul II. während dessen gesamtem Pontifikat (1978-2005) und anschließend bis 2016 Erzbischof von Krakau. Er wird auch verdächtigt, Johannes Paul II. nicht über Missbrauchsvorwürfe gegen Priester weltweit informiert zu haben.

Die vom Parlament eingesetzte staatliche Kommission arbeitet seit November Missbrauchsfälle auf, die ihr aus den Bereichen Bildung, Kultur, Freizeit und Sport sowie den Religionsgemeinschaften gemeldet werden. 53 der 190 bislang behandelten Fälle betreffen Geistliche.

uh/rb (kna, afp)