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PolitikAsien

Vietnams Balanceakt zwischen China und den USA

Tommy Walker
11. Dezember 2023

Chinas Präsident Xi Jinping reist nach Vietnam. Beide kommunistischen Länder wollen ihre wirtschaftliche Zusammenarbeit ausbauen. Doch Hanoi will sich nicht allein auf Peking verlassen.

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US-Präsident Joe Biden besucht Vietnam
Nguyen Phu Trong, Generalsekretär der Kommunistischen Partei VietnamsBild: Evelyn Hockstein/REUTERS

China und Vietnam sind ziemlich beste Freunde. Beide kommunistische Länder in Asien stehen sich sehr nahe. Der bilaterale Handel wächst. Und die autoritären Regimes in Peking und Hanoi teilen ein gegenseitiges Verständnis und eine gemeinsame politische Ideologie.

Am Dienstag reist Chinas Präsident Xi Jinping nach Vietnam. Er wird Nguyen Phu Trong, den Generalsekretär der regierenden Kommunistischen Partei Vietnams, treffen. "Hanoi wird Xi Jinping den roten Teppich ausrollen", sagte Zachary Abuza, Professor an der National Defence University in Washington, der sich mit Politik und Sicherheit in Südostasien beschäftigt. "China hat Generalsekretär Nguyen Phu Trong im vergangenen November die höchste Auszeichnung für Ausländer verliehen. Ich erwarte eine ähnliche Auszeichnung für Xi."

"China misst den Beziehungen zu den Nachbarländern immer einen hohen Stellenwert bei. Vietnam ist ein brüderliches sozialistisches Land, was die Beziehung noch wichtiger macht", sagte er der DW.

Chinas Präsident Xi Jinping bei Ankunft in Hanoi, Vietnam 2017
(Archiv) Chinas Präsident Xi JInping bei seinem letzten Vietnambesuch 2017Bild: Minh Hoang/AP/picture alliance

Vietnam schaut sich nach strategischen Partnern um

Gleichzeitig stellt Abuza fest, dass China "eindeutig unglücklich" darüber ist, dass Hanoi mit den USA und deren engen Verbündeten flirtet. Im September besuchte US-Präsident Joe Biden Vietnam, wo er und Trong eine "umfassende strategische Partnerschaft für Frieden, Zusammenarbeit und nachhaltige Entwicklung" unterzeichneten.

Mit diesem Schritt fügte Vietnam die USA einer kurzen Liste strategischer Partner hinzu, zu der neben China, Russland und Indien auch Südkorea und seit kurzem auch Japan gehören. Hanoi und Tokio hatten nach dem Besuch des vietnamesischen Präsidenten Vo Van Thuong in Japan Ende November beschlossen, ihre diplomatischen Beziehungen auf die Ebene einer umfassenden strategischen Partnerschaft zu heben.

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Bill Hayton, Associate Fellow des Asien-Pazifik-Programms vom Chatham House, einer Denkfabrik in London, sagte, Vietnam habe die Beziehungen zu anderen Ländern ausgebaut, um seine Unabhängigkeit zu wahren.

"China ist ein riesiges Land. Es liegt direkt an der Grenze Vietnams. Hanoi will nicht in die chinesische Umlaufbahn gezogen werden", betont Hayton. Obwohl Vietnam "sehr stark mit Asien und seinen Beziehungen zu China verbunden ist", nutze es die USA, Japan, Indien und andere Partner, um seine Autonomie zu bewahren.

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China: Vietnams wichtigster Handelspartner

Im Vergleich zu Washington hat Peking einen enormen zeitlichen Vorsprung. China und Vietnam unterzeichneten ihr Abkommen über eine strategische Partnerschaft schon im Jahr 2008. Und China ist der größte Handelspartner Vietnams. Statistiken zufolge überstieg der bilaterale Handel im Jahr 2021 die Marke von 200 Milliarden US-Dollar. Im Vergleich dazu erreichte der Handel zwischen den USA und Vietnam im selben Jahr lediglich 111 Milliarden US-Dollar.

Nguyen Khac Giang, Forscher und Gastwissenschaftler am ISEAS Yusof Ishak Institute in Singapur, ist der Überzeugung, Wirtschaftsthemen würden bei den hochrangigen Treffen zwischen Xi und verschiedenen vietnamesischen Staatspolitikern eine Schlüsselrolle spielen. "Während die geopolitischen Implikationen die Schlagzeilen dominieren, unterstreicht der Besuch auch die Stärkung der Beziehungen zwischen Vietnam und China", sagte er.

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Es ist der dritte Staatsbesuch von Xi Jinping in Vietnam, seit er im März 2013 Präsident wurde. Laut Nguyen Khac Giang hat Xi seit der COVID-Pandemie nur wenige internationale Reisen unternommen, und seine Entscheidung, Hanoi zu besuchen, "unterstreicht die Bedeutung Vietnams in Chinas großer Strategie".

Infografik Karte Südchinesisches Meer DE

"Auch wenn Vietnam noch zurückhaltend ist, sich den von China geführten politischen Initiativen anzuschließen, denke ich, dass wir von beiden Seiten eine Verbesserung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit erwarten können, insbesondere bei der Entwicklung der Infrastruktur und der Umstellung auf grüne Energie, wo Vietnam dringend mehr Investitionen benötigt", sagt Nguyen. Trotz seiner enormen Kohlereserven ist Vietnam in Südostasien führend im Bereich der erneuerbaren Energien geworden.

Was ist mit dem Südchinesischen Meer?

Abgesehen vom Handel ist es Vietnam und China nicht gelungen, die Spannungen über umstrittene Gebiete im Südchinesischen Meer abzubauen. Beide Länder beanspruchen die Souveränität über die Spratly- und Paracel-Inseln (Nanshan und Xisha auf Chinesisch). Alle anderen Anrainerstaaten erheben ebenfalls die territorialen Ansprüche.

"Das Südchinesische Meer ist ein Ärgernis für die Führung in Hanoi. Das bringt sie in eine sehr unangenehme Lage", sagt Professor Abuza. "Sie kann es sich nicht leisten, China die Stirn zu bieten. Aber wenn sie es nicht tut, ist die Bevölkerung unzufrieden. Sie darf auf keinen Fall den Eindruck erwecken, dass sie vor Peking kapituliert."

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Doch trotz dieses Konflikts sei ein Bruch zwischen den beiden Parteien unwahrscheinlich, so Hayton. "Für die Kommunistische Partei Vietnams ist die Kommunistische Partei Chinas ihr bester Freund in der Welt. Und die Dinge, über die sich die kommunistischen Parteien Sorgen machen, vor allem der Machtverlust, teilen sie. Daher arbeiten sie eng zusammen, um ihre Regimes zu erhalten. Und ich denke, das ist viel wichtiger als alles, was mit dem Südchinesischen Meer oder den anderen Themen zu tun hat, die sie trennen", sagt Hayton.

Der Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert.