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Warum horten die Deutschen noch immer Milliarden D-Mark?

Timothy Rooks
8. Januar 2024

Die Inflation scheint gerade alles teurer zu machen. Doch viele Deutsche haben noch Bargeld-Vorräte, die nur darauf warten, angezapft zu werden.

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Symbolbild I Wirtschaft I Deutsche Mark
Milliarden an D-Mark warten irgendwo darauf, in Euro getauscht zu werdenBild: Jürgen Wiedl/picture alliance

Die Deutschen beginnen das Jahr 2024 mit ein paar zusätzlichen Milliarden, die bildlich gesprochen in den Ritzen ihrer Sofas liegen. Keine Euros, sondern alte D-Mark.

Die Menschen in Deutschland sind bekannt für ihre Liebe zum Bargeld. Und mehr als zwei Jahrzehnte, nachdem der Euro die D-Mark als Zahlungsmittel abgelöst hat, sind noch immer Millionen DM-Münzen und Scheine nicht umgetauscht werden.

Ein Teil des Geldes kann als Souvenir verbucht werden, das Touristen im Lauf der Jahre von ihren Deutschlandreisen mit nach Hause genommen haben. Ein anderer Teil wird von Sammlern oder Nostalgikern aufbewahrt - oder wurde einfach vergessen. In Geschäften kann man mit D-Mark nicht mehr bezahlen. Aber man kann sie noch immer gegen Euro eintauschen.

Um wie viel Geld geht es?

Seit Anfang 2002 ist die D-Mark kein gesetzliches Zahlungsmittel mehr. Doch von den 162,3 Milliarden Mark, die damals im Umlauf waren, wurden rund 7,5 Prozent nie umgetauscht.

Ende November 2023 befanden sich nach Angaben der Bundesbank noch 12,24 Milliarden Mark im Umlauf: 5,68 Milliarden DM in Scheinen und 6,56 Milliarden DM in Münzen. Würde man sie umtauschen, bekäme man 6,26 Milliarden Euro.

Alte D-Mark-Scheine
Bargeld ist teuer: Es muss gedruckt, transportiert, sicher gelagert, gezählt und regelmäßig ersetzt werdenBild: Jürgen Fromme/picture alliance/augenklick/firo Sportphoto

Selbst für Europas größte Volkswirtschaft ist das eine erhebliche Summe. Ganz besonders in Zeiten, da die Regierung dringend Geld braucht, um wichtige Infrastrukturprojekte wie die grüne Energiewende oder die Modernisierung des Schienennetzes zu finanzieren.

Die langsame Rückkehr der Mark

Obwohl die D-Mark "nur allmählich" den Weg zurück zur Bundesbank findet, machen sich die Währungshüter keine Sorgen um das fehlende Bargeld. Jeder, der alte Münzen oder Scheine hat, kann sie in jeder beliebigen Höhe bei einer Filiale der Bundesbank umtauschen. Und tatsächlich wird jedes Jahr eine Menge umgetauscht. Der Umtauschkurs ist festgelegt: 1 Euro = 1,95583 DM. Der Service ist kostenlos.

Im vergangenen Jahr kamen über 90.000 Menschen zur Bundesbank und tauschten über 53 Millionen DM gegen 27 Millionen Euro ein, was eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Zwei Drittel des Gesamtwerts entfielen auf Banknoten, ein Drittel auf Münzen. Die meisten kamen aus Bayern, gefolgt von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg.

Digitaler Euro – das Ende des Bargelds?

Es gibt keine Pläne, diesen Service einzustellen, versichert die Bundesbank auf ihrer Website. In Europa ist Deutschland damit in der Minderheit, nur fünf andere Länder der Eurozone haben für den Umtausch ihrer alten Währungen keine Frist gesetzt: Österreich, Irland, Estland, Lettland und Litauen.

Andere Länder boten bei der Euro-Einführung nur ein begrenztes Zeitfenster für den Umtausch alter Münzen und Scheine. In Frankreich mussten alle Francs bis zum 31. März 2008 umgetauscht sein. Griechenland war etwas großzügiger, Drachmen konnten bis März 2012 gewechselt werden. Wer seitdem altes Geld unter einer losen Bodendiele findet, hat Pech gehabt.

Deutsche zahlen weiter in bar

Deutsche haben dagegen keinen Grund zu Eile. Und vielleicht können einige von ihnen auch deshalb immer noch nicht loslassen.

Schilder mit der Aufschrift "Nur Bargeld" sind in deutschen Restaurants und Kiosken nicht ungewöhnlich. Obwohl das Bezahlen mit Karten oder digitalen Wallets zunimmt, war Bargeld auch im Jahr 2021 das am häufigsten genutzte Zahlungsmittel im deutschen Alltag, so eine aktuelle Studie des Marktforschungsinstituts Forsa im Auftrag der Bundesbank.

Banknote 1000 DM und Ein-Pfennig-Münzen
Bargeld kann immer und überall eingesetzt werden, selbst in Notfällen ohne Strom und InternetverbindungBild: akg-images/picture alliance

Demnach wurden 58 Prozent der gekauften Waren und Dienstleistungen mit Bargeld bezahlt, so die Forscher. Gemessen am Umsatz lag der Anteil der Barzahlungen allerdings bei nur 30 Prozent, da größere Einkäufe und Online-Shopping meist nicht bar bezahlt werden.

Im Durchschnitt hatte jeder der Befragten rund 100 Euro Bargeld im Portemonnaie. Und für ein Drittel der Menschen in Deutschland ist Bargeld nach wie vor das bevorzugte Zahlungsmittel.

Generationswechsel bringt D-Mark ans Licht

Die Bundesbank erwartet, dass in den nächsten Jahren noch viele D-Mark bei ihr umgetauscht werden, sagte Burkhard Balz, Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank, der Nachrichtenagentur dpa im Dezember. "Vor allem beim Aufräumen von vererbten Häusern und Wohnungen dürften noch D-Mark gefunden werden."

Die D-Mark, die dann bei der Zentralbank landen, haben das Ende ihres Währungslebens erreicht. Scheine werden vor Ort geschreddert. Münzen werden sortiert und an eine der fünf deutschen Münzanstalten geschickt, wo sie entwertet werden. Das Metall geht dann an Schrottverwerter, die es für andere Zwecke einschmelzen.

Ein Happy End ist das vielleicht nicht - aber ein Weg, um in schwierigen Zeiten etwas zusätzliches Geld zu verdienen.

Der Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert.