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Web Summit bricht wieder alle Rekorde

Jochen Faget aus Lissabon
2. November 2022

Ukrainekrieg, Rezession und Krisen stehen im Mittelpunkt des Web Summits 2022. Bis Freitag tummeln sich so viele Teilnehmer wie noch nie in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon.

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Portugal Web Summit 2022
Blick auf die Hauptbühne beim Web Summit in LissabonBild: Jochen Faget/DW

71.000 Besucher aus 160 Ländern, 2300 Startups, 1050 Redner und 2000 Journalisten - wieder einmal hat der Web Summit alle Rekorde gebrochen. Die Hotels in Portugals Hauptstadt Lissabon sind trotz Höchstpreisen fast ausgebucht, die Schlangen im Kongresszentrum endlos. "Mehr geht nicht", freut sich Paddy Cosgrave, der Organisator des Internet- und Techevents. "Wir sind am Limit unserer Kapazitäten angekommen."

Schon in der Eröffnungsnacht am Montag konnte der Web Summit mit einem Überraschungsgast aufwarten: Olena Selenska, die Frau des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj kam, um persönlich um Unterstützung für die Ukraine zu bitten. Russland würde, so die First Lady, die modernen Technologien dazu verwenden, um Terror zu verbreiten, erklärte sie. Darum komme es in der Ukraine auch täglich zu Strom- und Internetausfällen.

Den Smyrnov vom Stand der Ukraine wirbt in Lissabon für die Technik-Unternehmen der Ukraine.
Den Smyrnov vom Stand der Ukraine wirbt in Lissabon für die Technik-Unternehmen der Ukraine.Bild: Jochen Faget/DW

Tech-Unternehmen aus der Ukraine

Diese Probleme kennt Den Smyrnov vom ukrainischen Stand aus eigener Erfahrung: "Wenn das Internet ausfällt, versuche ich eben offline weiterzuarbeiten. Irgendwie muss es ja weitergehen." Das Land ist zum zweiten Mal auf dem Web Summit vertreten, trotz des Krieges mit einem größeren Aufgebot. "Wir wollen der Welt zeigen, dass die Tech-Industrie in der Ukraine am Leben ist und weiter wächst. Trotz des Krieges und trotz all des Terrors." Es gebe rund 5000 Tech-Unternehmen im Land, rund 300.000 Personen seien in dem Bereich beschäftigt.

Einer davon ist Alexander Sobolenko. Releaf Paper, sein Unternehmen, produziert Papier aus Laub, eine "absolut natürliche Art der Papierherstellung", wie er versichert. Der Firmensitz ist in Kiew, produziert wird im Westen des Landes. "Wir sind hier, um Partner zu finden und auch in anderen Ländern, vielleicht sogar in Deutschland unsere Technologie einzuführen."

Alexander Sobolenko aus der Ukraine sucht Partner in Europa um aus Laub Papier zu machen.
Alexander Sobolenko aus der Ukraine sucht Partner in Europa, um aus Laub Papier zu machen.Bild: Jochen Faget/DW

In vier Ausstellungshallen drängen sich Besucher und Aussteller, suchen Sprecher die Bühnen, auf denen sie ihre Vorträge halten sollen. "Ich bin zum ersten Mal auf dem Web Summit", sagt Lise Ekanger aus Norwegen. "Und ich bin beeindruckt, wie viele Leute hier unterwegs sind." Ekanger will sich vor allem über die neuesten Trends informieren und Kontakte machen. Das sollte bei den mehr als 2000 vertretenen Firmen kein Problem sein. Denn Kontakte wollen sie alle: "Wir sind in erster Linie hier, um Präsenz zu zeigen", erklärt Lukas Klingholz vom deutschen Stand, einem der größten beim Web Summit. "Es ist eine ausgezeichnete Gelegenheit für unsere Startups, sich zu präsentieren und zu vernetzen."

Kontroverse Themen

Auf der centre stage, der Hauptbühne, werden derweil die neuesten IT-Trends diskutiert und vorgestellt. Aber auch die Probleme der realen Welt. Dort warb - unter vielen anderen Sprecherinnen und Sprechern - die jordanische Königin Rania Al Abdullah ganz einfach für mehr Menschlichkeit und Mitgefühl; bat darum, moderne Technologien auch zur Flüchtlingshilfe einzusetzen. Ganz im Sinne des Organisators Paddy Cosgrave, der will, dass beim Web Summit auch kontroverse Themen diskutiert werden: "Die Twitter-Übernahme durch Elon Musk zum Beispiel, die Ukraine oder der sich verschärfenden Wirtschaftskrieg - all das sind unsere Themen. Der Web Summit soll ein Spiegel der Gegenwart sein und ein Fenster in die Zukunft."

Paddy Cosgrave meint, der Web Summit sei ein Fenster in die Zukunft
Paddy Cosgrave meint, der Web Summit sei ein Fenster in die ZukunftBild: Jochen Faget/DW

Die habe, so Cosgrave, schon hoffnungsvoller ausgesehen. Die Märkte hätten sich dramatisch verändert, die Rezession werfe ihre Schatten voraus. "All das kühlt die Stimmung der Investoren ab", gibt Cosgrave zu. Trotzdem sei gerade in Krisenzeiten die Zahl der Startups immer gestiegen. "Viele Spitzenkräfte, die entlassen werden, machen sich mit eigenen Unternehmen selbstständig und obendrein war es nie so leicht, mit wenig Geld Firmen zu gründen wie jetzt."

Der Web Summit sei noch immer eine der besten Gelegenheiten, dafür gute Ausgangspositionen zu schaffen. Die Teilnehmer haben dazu noch bis zum Freitag Gelegenheit, dann geht der Web Summit 2022 zu Ende. Für die Abschlussveranstaltung am Abend hat Cosgrave wieder einen besonderen Gast eingeladen - der berühmte Sprachwissenschaftler und Philosoph Noam Chomsky wird per Videoschalte sprechen. Über die "große Lüge von der künstlichen Intelligenz". Damit dürfte er einige der Teilnehmer zum ganz realen Nachdenken bewegen.