1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Zwei Landtagswahlen in der Corona-Krise

14. März 2021

Mitten in der Pandemie wird in zwei deutschen Bundesländern gewählt, in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz. Beide Landtagswahlen haben Bedeutung für ganz Deutschland.

https://p.dw.com/p/3qORy
Symbolbild: Man sieht den Oberkörper eines Manns, der mit seiner linken Hand einen blauen Wahlschein, auf dem ein Kreis angekreuzt ist, in den Schlitz eines weißen Quaders einwirft
Wer bekommt die meisten Stimmen beim ersten Stimmungstest im Wahljahr 2021?Bild: eb-picture - Fotolia.com

Eines steht schon jetzt fest: Das wird an diesem Sonntag ein Wahltag, wie es ihn so in Deutschland noch nie gab. Aus Furcht vor weiteren Corona-Ansteckungen im Wahllokal wollen sowohl in Baden-Württemberg als auch in Rheinland-Pfalz so viele Menschen wie noch nie per Brief abstimmen.

So sagte etwa ein Sprecher der Stadt Heidelberg in Baden-Württemberg: "Wir erwarten, dass sich etwa 50 Prozent der Wählerinnen und Wähler für die Briefwahl entscheiden." Es könnte einsam werden in den Wahllokalen. Die Pandemie ist allgegenwärtig.

Rückschlag für die CDU ist möglich

Fast elf Millionen Menschen sind bei den ersten beiden Wahlen in diesem Jahr in beiden Ländern zusammen zur Stimmabgabe berechtigt. Die Abstimmungen könnten deshalb zum Fingerzeig auch für den Ausgang der Bundestagswahl im Herbst werden. So wie es jetzt aussieht, könnten beide Landesregierungschefs bestätigt werden in ihren Ämtern.

Eine linke Hand hält die Klappe eines gelben Briefkastens auf, die rechte Hand wirft einen Briefwahlumschlag in den Briefschlitz
Wegen Corona: Noch nie war der Anteil von Briefwählern so hoch wie in diesem FrühjahrBild: Goldmann/picture alliance

Das wäre eher ein Rückschlag für die CDU, die Partei von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die selbst im Herbst ihre politische Karriere beenden will und nicht noch einmal antritt.

Ein Grüner als Landesvater

In Baden-Württemberg regiert seit zehn Jahren Winfried Kretschmann von den Grünen, zunächst mit der SPD, seit fünf Jahren mit der CDU. Er ist der einzige Regierungschef der Grünen in ganz Deutschland. Lange Zeit schien es so, als könnte ihn die CDU in der Wählergunst einholen. Doch zuletzt konnte sich der populäre Landesvater absetzen und seine Partei liegt nach jüngsten Umfragen mit rund 35 Prozent der Stimmen weit vor allen Konkurrenten.

Schon vor Jahren hat Kretschmann im Gespräch mit der DW sein Motto vertreten: "Erst kommen das Land und seine Menschen. Und dann alles andere hinterher. Wie etwa das, was man persönlich für wichtig hält oder die Partei. Das ist mein Prinzip."

Keine Berührungsängste mit Konservativen

Kretschmann konnte punkten bei den Beliebtheitswerten. Im Auto-, Industrie- und Weinland hat er das Gespenst erfolgreich vertrieben, ein Grüner würde die Wirtschaft ruinieren. Kretschmann gibt sich bodenständig und bürgerlich, er kommt entsprechend gut klar mit anderen wie dem CSU-Ministerpräsidenten Markus Söder aus Bayern.

Ein Man mit einem grünen Mund-Nasen-Schutz steht in einer Halle mit Absperrbändern und blickt auf Hinweisschilder für die
November 2020: Winfried Kretschmann von den Grünen besucht in Ulm eine Halle, in der ein Impfzentrum entstehtBild: Stefan Puchner/dpa/picture alliance

Der baden-württembergische Ministerpräsident lobte 2015 und 2016 die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin und stützte auch den Kurs der Bundesregierung in der Pandemie. Wird er nochmals gewählt, wäre das ein starkes Signal für eine Koalition der Umweltschutzpartei mit den Konservativen auch in Berlin.

Malu Dreyer (SPD) vor erneutem Triumph?

Auch in Rheinland-Pfalz sieht es danach aus, als könne sich SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer auf weitere Jahre im Amt einstellen. Seit 2013 regiert sie Rheinland-Pfalz, noch bei der Wahl 2016 galt ihre damalige Gegenkandidatin von der CDU, die heutige Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, zunächst als Favoritin.

Dreyer setzte auf einen sachlichen Kurs und Bürgernähe. Sie hatte Erfolg. Am Wahlabend konnte sie ihren Erfolg kaum fassen: "Wir können uns freuen. Die SPD in Rheinland-Pfalz ist wirklich mit alter Stärke zurück. Wir haben es geschafft, und wir sind einfach sehr, sehr stark. Wir haben einen Wahlsieg eingefahren, davon hat man eigentlich kaum träumen können."

Die SPD will sich an Dreyer aufrichten

Dreyer gilt ebenso wie Kretschmann als bodenständig und ausgleichend, sie vermeidet harsche Töne. Damit ist sie im Wahljahr 2021 eine der wenigen Hoffnungssignale für ihre Partei. Die liegt in bundesweiten Umfragen weit abgeschlagen bei 15 Prozent der Stimmen, deutlich hinter den Konservativen und den Grünen.

Aber in Rheinland-Pfalz erreichen die Sozialdemokraten in Umfragen satte 33 Prozent. Wenn die Wahlen das bestätigten, könnte Dreyer ihre Koalition mit den Grünen und der FDP fortsetzen. Für die SPD wäre das ein Zeichen dafür, dass sie nach wie vor für breite Teile der Bevölkerung wählbar ist, wenn sie die richtigen Kandidaten und Kandidatinnen aufstellt.

Online-Wahlkampf in Corona-Zeiten

In beiden Ländern stand dieser Wahlkampf ganz im Zeichen der Corona-Krise. Um Stimmen wurde zumeist online geworben. Und das zuletzt viel kritisierte Erscheinungsbild der CDU-geführten Bundesregierung in der Pandemie-Bekämpfung könnte Kretschmann und Dreyer Stimmen gebracht haben.

Eine Frau im grünen Jacket steht mit dem Gesicht zum Betrachter vor einer Fernsehkamera und spricht mit einer Frau, von der wir nur den Hinterkopf sehen
SPD-Landesregierungschefin Malu Dreyer hat nach den Umfragen gute Chancen auf weitere Jahre im AmtBild: Thomas Frey/dpa/picture alliance

Im Gespräch mit der DW schildert die Ministerpräsidentin, wie anders auch ihr Alltag ist, seitdem es Masken, Abstand und den Lockdown gibt: "Das größte Zeitbudget des Tages geht ganz selbstverständlich auf das Regierungshandeln und auf Corona. Und das ist wirklich wahnsinnig viel, so dass ich mich wirklich gut einteilen muss, um das mit dem Wahlkampf auch noch hinzukriegen. Aber es ist ja sowieso eine ganz besondere Zeit. Ich fahre also nicht im ganzen Land herum."

Gegenwind für die CDU durch die Masken-Affäre 

Beide, Kretschmann und Dreyer, sind seit fast einem Jahr auch ständige Teilnehmer der unzähligen, aufwühlenden Konferenzrunden zum Thema Corona mit der Bundeskanzlerin. Sie haben den ersten Lockdown mit beschlossen, den zweiten auch, all die Einschränkungen der Bewegungsfreiheit der Menschen.

Ihrem Ansehen hat das offenbar nicht geschadet. Und die jüngste Affäre um zwei Bundestagsabgeordnete von CDU und CSU, die nach unsauberen Geschäften rund um die Beschaffung von Schutzmasken aus ihren Parteien austraten, bedeutet nochmal kräftigen Gegenwind für die CDU.