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Tiktok: China und USA streiten über drohenden Zwangsverkauf

14. März 2024

Mit breiter Mehrheit hat das US-Repräsentantenhaus für einen Verkauf der Tiktok-App durch den Mutterkonzern votiert. Die chinesische Regierung ist empört und spricht von "Gaunermethoden".

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Ein Smartphone mit dem Tiktok-Logo
Die US-Regierung will TikTok per Gesetz zu einem Eigentümerwechsel zwingen. Dagegen will sich Shou Chew, der Chef der populären Videoplattform, wehren. Bild: Jaap Arriens/NurPhoto/picture alliance

Mit scharfer Kritik hat die kommunistische Führung in Peking auf den jüngsten Beschluss des US-Kongresses zur beliebten App Tiktok reagiert. Außenamtssprecher Wang Wenbin erklärte: "Wenn sogenannte nationale Sicherheitsgründe dazu benutzt werden können, um überlegene Unternehmen anderer Länder mutwillig zu unterdrücken, kann man nicht von Fairness sprechen." Damit gingen die USA nach der Logik eines Raubritters vor. Die US-Seite habe nie Beweise dafür vorgelegt, dass Tiktok die nationale Sicherheit gefährde. "Die Art und Weise, wie die USA mit dem Fall TikTok umgehen, lässt die Welt klar erkennen, ob die sogenannte regelbasierte Ordnung der USA der Welt dienen oder nur den USA selbst."

Der Sprecher des Handelsministeriums, He Yadong, sagte, China werde "alle nötigen Maßnahmen" ergreifen, um die legitimen Rechte und Interessen seiner Firmen im Ausland zu schützen. Die USA müssten die "Grundsätze der Marktwirtschaft und des fairen Wettbewerbs respektieren" und die "ungerechte Unterdrückung ausländischer Firmen" stoppen, fuhr He fort.

Parteiübergreifende Mehrheit im Repräsentantenhaus

Anlass für diese Äußerungen ist die breite Zustimmung des US-Repräsentantenhauses zu einem Gesetz, das den chinesischen Internetriesen Bytedance dazu zwingen soll, das Tochterunternehmen Tiktok binnen eines halben Jahres zu verkaufen. Ansonsten drohe ein landesweites Verbot der Videoplattform, die vor allem bei Jugendlichen beliebt ist. Das Gesetz könnte dazu führen, dass Tiktok aus amerikanischen App-Stores verbannt wird, wenn es keinen Eigentümerwechsel gibt.

Eine Entscheidung des US-Senats steht noch aus. Im Senat, wo die Demokraten von Präsident Joe Biden eine knappe Mehrheit halten, gibt es auf beiden Seiten Befürworter und Kritiker des Vorhabens. Zu den Bedenken gehört, dass eine Verbannung von Tiktok unter Verweis auf die in der US-Verfassung verankerte Redefreiheit angefochten werden könnte. Biden rief den Senat auf, sich rasch mit dem Thema zu befassen. Er hatte zuvor bereits signalisiert, das Gesetz unterzeichnen zu wollen. Der Streit ist im US-Wahlkampf zu einem wichtigen Thema geworden. Abgeordnete beider Parteien berichten von Anrufen aufgebrachter jugendlicher Tiktok-Nutzer, die das Gesetz ablehnten.

Fließen Daten nach Peking ab?

Tiktok steht wegen der Nähe des Mutterkonzerns ByteDance zur chinesischen Regierung weltweit in der Kritik. Bytedance steht im Verdacht, der Kommunistischen Partei Chinas Zugriff auf Nutzerdaten zu ermöglichen. Zahlreiche Staaten befürchten, dass die Volksrepublik persönliche Daten der Nutzer unter ihre Kontrolle bringen und die öffentliche Meinung manipulieren kann. Außerdem gefährde Tiktok die physische und psychische Gesundheit der meist jugendlichen Nutzer, indem sie diese so lange wie möglich auf der Plattform zu halten versuche.

Müssen wir bald für Social Media zahlen?

Ferner sorgen immer wieder Fälle für Schlagzeilen, bei denen sich Nutzer bei der Bewältigung sogenannter Tiktok-Challenges filmen und sich dabei verletzen oder sogar sterben. Die Video-App hat sämtliche Vorwürfe stets zurückgewiesen. Das Unternehmen und sein Mutterkonzern Bytedance bestreiten alle Vorwürfe.

Tiktok kündigt Widerstand an

Tiktok wies umgehend alle Bedenken von US-Seite zurück. Der Firmenchef Shou Chew will sich gegen das US-Gesetz wehren, das die Kurzvideo-App unter Kontrolle amerikanischer Investoren bringen soll. Das Unternehmen werde alles Mögliche unternehmen und rechtliche Mittel einsetzen, um die Plattform zu verteidigen, sagte er in einem Video. Tiktok beharrt darauf, dass das Ziel des Gesetzes ein faktisches Verbot der App in den USA sei, während US-Politiker betonen, sie wollten dadurch lediglich sicherstellen, dass chinesische Behörden keinen Einfluss auf Tiktok nehmen können, der amerikanischen Interessen schadet.

Shou Chew verwies darauf, dass das Gesetz "einer Handvoll anderer Social-Media-Unternehmen" mehr Einfluss geben werde. Der Tiktok-Chef erklärte zudem, die Neuregelung gefährde in den Vereinigten Staaten 300.000 Arbeitsplätze. Seine Firma verweist oft darauf, dass Kleinunternehmen den Dienst für Werbung nutzten. Tiktok hat nach eigenen Angaben 170 Millionen Nutzer in den USA.

Tiktok-Chef Shou Chew, hier bei einem Auftritt im Handelsausschuss im US-Kongress
Tiktok-Chef Shou Chew rief die Nutzerinnen und Nutzer dazu auf, sich gegen das mögliche Verbot der App in den USA zu stemmenBild: Evelyn Hockstein/REUTERS

Tiktok betonte weiter, man sehe sich nicht als Tochter eines chinesischen Unternehmens. Bytedance sei schließlich zu 60 Prozent im Besitz westlicher Investoren und der Firmensitz liege auf den Cayman-Inseln in der Karibik. Kritiker kontern, dass die chinesischen Gründer bei einem Anteil von 20 Prozent die Kontrolle dank höherer Stimmrechte hielten und Bytedance eine große Zentrale in Peking habe.  

Peking blockiert Facebook und Google

Der Sprecher des Außenministeriums in Peking verneinte die Frage, ob China nicht ähnlich vorgehen würde, weil US-Dienste wie Facebook, Google und X in China nicht zugänglich sind. Das sei "etwas ganz anderes". Man habe immer verschiedene ausländische Plattformen auf dem chinesischen Markt willkommen geheißen, aber sie müssten sich an chinesische Gesetze und Vorschriften halten.  China blockiert den Zugang zu den meisten westlichen sozialen Netzwerken und auch zu vielen westlichen Nachrichtenseiten innerhalb Chinas. Eigene Medien und soziale Netzwerke werden streng zensiert.

kle/sti (rtr, afp, dpa)