1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Web Summit 2023 beginnt in Lissabon

Jochen Faget aus Lissabon
12. November 2023

Trotz israelischem Boykottaufruf und portugiesischer Regierungskrise: Der Web Summit in Lissabon scheint wieder einmal alle Besucherrekorde zu brechen. CEO und Gründer Paddy Cosgrave allerdings ist nicht mehr dabei.

https://p.dw.com/p/4YcP3
Lissabon: Personen sitzen oder bewegen sich vor einer großen Videowand mit dem Logo der Web Summit
Bild: Jochen Faget/DW

Mehr als 70.000 Teilnehmer aus über 160 Ländern, rund 1000 Investoren, die ihr Geld bei den etwa 2600 vertretenen Startupsanlegen wollen. Regierungschefs, Minister und trotz obszöner Preise weitgehend ausgebuchte Hotels: Es ist wieder einmal Web Summit in Lissabon. Von Montag bis Donnerstag tummeln und drängen sich wieder Internetfreaks, IT-Fans und KI-Gurus auf dem Messegelände der portugiesischen Hauptstadt.

Und trotzdem ist es anders als sonst: Der Web-Summit-Erfinder Paddy Cosgrave hat seinen Platz als CEO geräumt und Portugals Ministerpräsident António Costa ist kurz vor dem Web-Summit-Start zurückgetreten; er kommt, wenn überhaupt, nur noch zu einem Abschiedsauftritt.

Rücktritte

Costa haben noch nicht bestätigte Korruptionsvorwürfe und richterliche Ermittlungen sein Amt gekostet.

Cosgrave wurden auf X getweetete Erklärungen zum Verhängnis. Er hatte wegen des israelischen Einmarsches in den Gaza-Streifen nach den Hamas-Terrorattentaten geschrieben, seiner Meinung nach seien Kriegsverbrechen auch dann Kriegsverbrechen, wenn sie von Verbündeten begangen würden - den Terror der Hamas hatte er aber nicht ausdrücklich verurteilt.

Web-Summit-Gründer Paddy Cosgrave
Rücktritt als CEO wegen eines Tweets: Paddy Cosgrave, der Gründer des Web SummitBild: Jochen Faget/DW

Das wiederum missfiel dem israelischen Botschafter in Lissabon, der postwendend zum Boykott des Web Summit aufrief. Große Unternehmen wie Siemens, Google, Facebook, Apple oder Amazon zogen ihre Teilnahme zurück.

Cosgrave bat um Entschuldigung - und warf kurz darauf das Handtuch. Erst vor Kurzem wurde der Name seiner Nachfolgerin bekannt gegeben: Katherine Maher, eine 40jährige US-Amerikanerin, die vorher die Wikimedia-Stiftung, Herausgeberin der Wikipedia, geleitet hat.

Habeck kommt nicht

Dem Web Summit habe der vom israelischen Botschafter verursachte Sturm im Wasserglas letztendlich jedoch mehr genutzt als geschadet, stellte der portugiesische Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa fest: "Alles wird gut. Ironischerweise haben die Ereignisse nur dazu geführt, das Interesse für die Veranstaltung noch zu steigern", erklärte er der Presse. Die Debatte sei die beste Werbung für den Web Summit gewesen, die man sich vorstellen könne. Zur offiziellen Abschlussveranstaltung wolle er in diesem Jahr jedoch trotzdem nicht kommen: "Ich werde aber als Überraschungsgast erscheinen."

Portugal: Katherine Maher, neue Chefin beim Web Summit, spricht vor einer Videowand
Katherine Maher ist die neue Chefin beim Web SummitBild: Web Summit

Der deutsche Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck dagegen wird - anders als geplant - nicht teilnehmen. Obwohl Deutschland auch in diesem Jahr wieder einer der größten Teilnehmer beim Web Summit ist, wird Habeck weder über "Deutschlands Weg in eine progressive Zukunft" sprechen, noch am deutschen Stand vorbeischauen; auch die "German Startup Night" in der angesagten Lisbon Factory am Tejo-Fluss muss ohne ihn auskommen. Ein Grund für seine Abwesenheit ist, dass Habeck nach dem Rücktritt von Ministerpräsident Costa keine Partner mehr für die ebenfalls geplanten Wirtschaftsgespräche hat.

Bunter Mix an Themen

Trotz diverser Absagen ist den Web-Summit-Organisatoren auch in diesem Jahr wieder der übliche Mix aus Prominenz und Kompetenz gelungen: Die Whistleblowerin Chelsea Manning wird über digitale Sicherheit sprechen, Wladimir Klitschko über die Ukraine. Stella Assange, die Ehefrau des WikiLeaks-Gründers Julian Assange, wird ebenso zu Wort kommen, wie der erfolgreiche portugiesische Fußballtrainer André Villas-Boas oder die kroatische Spielerin Ana Markovic, die obendrein recht erfolgreich einen Protein-Drink vermarktet.

Web Summit Portugal: Menschen an einem Präsentationsstand
Der deutsche Stand beim Web Summit im vergangenen Jahr. Auch 2023 wird Deutschland eine der größten Delegationen stellenBild: Jochen Faget/DW

Außer um Startups und Geschäfte soll es vor allem um die Vorteile und Gefahren künstlicher Intelligenz gehen, die Klimakrise und - ganz unbescheiden - um die Rettung der Welt. Natürlich auch ums Networking, sprich den Spaß. Dafür findet jeden Abend der "Night Summit" statt; Partys an Orten, die besonders in sind wie der "Beato Creative Hub" oder der "Patio da Galé".

Trotz aller Startschwierigkeiten: Die Chancen stehen gut, dass Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa mit seiner Prophezeiung richtig liegt und der Web Summit 2023 in Lissabon ebenfalls ein großer Erfolg wird.