1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Ölförderung: OPEC überrascht mit Kürzungen

Mischa Ehrhardt
5. Juni 2023

Die OPEC will weniger Öl fördern. Unter der Führung Saudi-Arabiens ist das bereits die zweite Kürzung seit April. Ob das die Preise stabilisiert, ist offen.

https://p.dw.com/p/4SChc
Ölförderanlage in Almetyevsk in der autonomen russischen Republik Tatarstan
Bild: Yegor Aleyev/TASS/dpa/picture alliance

Was lange Zeit störungsfrei funktioniert hat, steht mittlerweile gehörig unter Spannung: Ganz einig sind sich die Mitglieder des Ölkartells OPEC+ offenbar nicht mehr. Abzulesen ist das an zwei Dingen. Zum einen hat das Kartell überraschend beschlossen, seine bereits für 2023 beschlossenen Förderkürzungen auch 2024 beibehalten zu wollen. Im Nachgang der OPEC+-Sitzung am Wochenende hat Saudi-Arabien dann aber zudem angekündigt, im Juli für mindestens einen Monat im Alleingang seine Förderung um zusätzliche eine Million Fass pro Tag zu reduzieren.

"Bei den Quoten für 2024 sieht man, dass Saudi-Arabien im Vergleich zum aktuellen Niveau eine größere Förderung zusteht", analysiert Dora Borbely, Rohstoff-Expertin bei der Deka Bank. "Eingefangen wird das durch niedrigere Quoten für Russland und für afrikanische Länder wie Angola, Nigeria oder Kongo. Ich glaube, hier lag genau der Streitpunkt."

Mehrere Stunden haben die Länder am Sonntag (04.06.2023) konferiert, um zu diesem zweigeteilten Ergebnis zu kommen. Die angekündigte Förderkürzung von Saudi-Arabien im Juli dürfte also ein Ausgleich für höhere Fördermengen in 2024 sein. Und sie könnte zumindest kurzfristig die Ölpreise in die Höhe treiben. "Das hat die Märkte jetzt schon etwas beunruhigt, zumindest im Moment", sagte der Hamburger Energieexperte Steffen Bulkold gegenüber DW. "Aber es ist noch etwas zu früh um abzusehen, wie stark die Auswirkungen auf die Ölmärkte letztendlich sein werden."

Ölpreise ziehen leicht an

In Reaktion auf die nun beschlossenen Kürzungen haben die Ölpreise am Montagvormittag jedenfalls in Europa mit Aufschlägen reagiert. Die Nordseesorte Brent und das US-amerikanische WTI verteuerten sich um rund zwei Prozent und notierten zwischen 73 Dollar (WTI) und knapp 78 Dollar (Brent).

Hintergrund der Kürzungen ist vor allem die Tatsache, dass die Nachfrage nach Öl auf den Weltmärkten zurückgegangen ist. Das liegt wiederum an der schwächelnden Konjunktur in den meisten Ländern. Insbesondere das Wachstum in China fällt jüngsten Daten zu Folge vergleichsweise bescheiden aus - und damit auch die Nachfrage aus dem sonst öldurstigen Reich der Mitte.

Im Oktober 2022 hatten deswegen die OPEC+ -Länder bereits beschlossen, die Produktion um zwei Millionen Fass (Barrel) pro Tag zu kappen. Im Zuge sich weiter verschlechternder Wirtschaftsaussichten hatten mehrere Mitglieder im April dann überraschend zusätzliche Förderkürzungen ab Mai vereinbart. Die jetzt beschlossene Reduktion von 1,4 Millionen Barrel täglich auch im kommenden Jahr 2024 stellt eine Verlängerung dieser Maßnahme dar.

Maßnahmen dürften "verpuffen"

Ziel und Interesse der erdölexportierenden Länder ist es natürlich, den Ölpreis zu stützen oder sogar etwas in die Höhe treiben zu können. Denn mit wenigen Ausnahmen kennt der Preis für Öl nach Höhenflügen mit dem Beginn des russischen Überfalls in der Ukraine nur eine Richtung - nach unten. Von 120 Dollar vor zwölf Monaten haben sich die Ölpreise bis aktuell auf besagte rund 75 Dollar pro Fass (159 Liter) verbilligt.

Öl-Verarbeitungsanlage in Ras Laffan, Katar
Öl-Verarbeitungsanlage in Ras Laffan, KatarBild: Maneesh Bakshi/AP Photo/picture alliance

Einen anhaltenden Anstieg der Ölpreise auf Grund der nun beschlossenen Maßnahmen aber bezweifelt Dora Borbely. "Bislang verpufft das. Die bisherigen Förderkürzungen haben vielleicht einen weiteren Verfall der Ölpreise verhindert. Aber es ist zu bezweifeln, ob mit diesen Maßnahmen der Ölpreis wieder in Richtung 80 Dollar pro Fass geht." Denn das könnte die inoffizielle Zielmarke der Erdölländer sein. Dass deren Entscheidungen sich bisweilen durchaus auf den Ölmarkt auswirken, ist unbestritten. Immerhin kontrollieren die im Kartell vereinigten Staaten rund 40 Prozent der globalen Ölförderung.

Dabei gehört Russland nicht zur OPEC, wohl aber zum erweiterten Kartell OPEC+. Im Zuge des Krieges haben die EU, die G7 und Australien einen Preisdeckel für russisches Öl beschlossen. Der hat insofern funktioniert, als dass Russland seither sein Öl mit Abschlägen gegenüber den anderen Ölsorten in Richtung Asien verkaufen muss. Andererseits gelingt das Moskau auch, weil Abnehmer wie Indien und China bei den Sanktionen des Westens nicht mitspielen - und gerne das verbilligte Öl aus Russland kaufen.

Preise bleiben unter Druck

Immer wieder ist dabei zu hören und zu lesen, dass russisches Öl über den Umweg Asien auch auf den internationalen Ölmarkt findet. Zum anderen könnte das aber auch die Ursache für weitere Rivalitäten innerhalb des erweiterten Kartells sein. "Denn damit tritt Russland in Märkten auf, die bislang vor allem von Saudi-Arabien besetzt waren", sagt Energieexperte Steffen Bukold. "Russland verdrängt mit seinen Rabatten die angestammten Verkäufer."

Auch Bukold blickt dabei - was die Energiepreise angeht - eher auf einen entspannten weiteren Jahresverlauf. Die Mischung aus einem Überangebot am Weltmarkt verbunden mit schwacher Nachfrage sollte die Preise weiter unter Druck halten. Soweit abzusehen sind das eher gute Nachrichten für Verbraucherinnen und Verbraucher. "Im Moment sieht es noch nicht so aus, als ob die Ölpreise wieder stark steigen würden in diesem Jahr", meint Bukold.